# taz.de -- Volksbegehren Berlin Werbefrei: Werbeverbot, zweiter Anlauf | |
> Das Berliner Verfassungsgericht erklärt die Nicht-Zulassung des | |
> Volksbegehrens für unzulässig. Die Initiatoren für ein Werbeverbot sind | |
> wieder am Zug. | |
Bild: Wenn Werbung, dann nicht digital, sondern einfach und direkt | |
BERLIN taz | Das Volksbegehren [1][Berlin Werbefrei] ist zurück, ein Jahr | |
[2][nachdem es der Senat für rechtlich unzulässig erklärt hatte]. Ein | |
Beschluss des Berliner Verfassungsgerichtshofs hat die rechtlichen Bedenken | |
des Senats zurückgewiesen und darüber hinaus gerügt, dass den Träger*innen | |
des Begehrens keine Möglichkeit zur Nachbesserung an ihrem Entwurf gewährt | |
wurde. | |
Die Initiator*innen des Volksbegehrens, die Werbung in der Öffentlichkeit | |
deutlich reduzieren und nur unter strengen Bedingungen erlauben wollen, | |
können damit ihre Arbeit wieder aufnehmen. Initiativensprecher Fadi | |
El-Ghazi sagte gegenüber der taz: „Das ist eine Schlappe für den Berliner | |
Senat, der unser Volksbegehren massiv torpediert hat.“ Berlin Werbefrei ist | |
nun an der Reihe, den eigenen Gesetzesentwurf nachzubessern. Dies solle, so | |
El-Ghazi, bis Ende Januar geschehen. | |
Laut Gericht habe es der Senat versäumt, der Initiative die Möglichkeit zur | |
Nachbesserung ihres Gesetzestextes zu geben, obwohl dies angesichts der | |
hohen Bedeutung der Volksgesetzgebung notwendig wäre. Der Senat hatte damit | |
argumentiert, dass die Initiative mit einem angestrebten Werbeverbot im | |
öffentlichen Raum sowie in öffentlichen Räumen wie Behörden und Schulen | |
zwei unterschiedliche Anliegen unzulässig koppele. Dieser Sichtweise folgte | |
das Gericht nicht. Im Beschluss heißt es, beide Anliegen bilden eine | |
„rechtliche Einheit“, für die ein „sachlicher Zusammenhang“ bestehe. | |
Darüber hinaus hatte der Senat beanstandet, dass ein Werbeverbot | |
unverhältnismäßig in die Grundrechte von Grundstückseigentümern und | |
Werbetreibenden eingreifen würde. Diesem Bedenken will die Initiative nun | |
begegnen und ihren Gesetzestext nachbessern. Für Bushaltestellen und | |
Littfaßsäulen will sie laut El-Ghazi eine 50-50-Regelung festschreiben. | |
Maximal die Hälfte der Werbefläche dürfe dann für Produkt- und | |
Dienstleistungswerbung genutzt werden, die andere Hälfte muss für | |
Veranstaltung- und gemeinnützige Werbung zur Verfügung stehen. | |
## Digitale Werbeanlagen sollen weg | |
Ein zentrales Anliegen bleibe jedoch bestehen: das Komplettverbot von | |
digitalen Werbeanlagen, die zunehmend den öffentlichen Raum erobern. Für | |
El-Ghazi stellen diese eine „Gefahr im Straßenverkehr“ dar; außerdem wür… | |
sie „so viel Strom wie fünf Durchschnittshaushalte“ verbrauchen. Ein Verbot | |
sei unausweichlich für einen „lebenswerten öffentlicher Raum“. Die Politik | |
wolle sich aber „nicht mit der Werbewirtschaft anlegen“, so der | |
Kampagnensprecher. | |
Nach der Überarbeitung des Antragstextes durch die Initiative folgt eine | |
erneute Prüfung durch die Senatsverwaltung für Inneres, die [3][nicht noch | |
einmal 16 Monate in Anspruch nehmen dürfte], sondern nur ein oder zwei. Auf | |
Anfrage der taz hieß es aus der Innenverwaltung: „Im weiteren Verfahren | |
bleibt nun abzuwarten, ob die Trägerin Nachbesserungen vornimmt. Davon wird | |
abhängen, ob das Volksbegehren nach entsprechenden Anpassungen als zulässig | |
angesehen werden kann oder ob es wiederum als unzulässig erneut dem VerfGH | |
vorgelegt wird.“ | |
Besteht der angepasste Text die Prüfung hat im Anschluss das | |
Abgeordnetenhaus vier Monate Zeit, um sich mit dem Anliegen der Initiative | |
zu beschäftigen. Wird, wie zu erwarten ist, das Anliegen nicht übernommen, | |
kann die Initiative das Volksbegehren starten und muss dafür etwa 180.000 | |
Unterschriften sammeln. | |
Ein Abstimmungstermin parallel zur Abgeordnetenhauswahl im September ist | |
allerdings nicht mehr zu schaffen. Möglich sei ein Termin zusammen mit | |
einem oder mehreren anderen Volksentscheiden. Zudem behält sich Berlin | |
Werbefrei vor, noch einmal auf Start zurückgehen und einen Termin parallel | |
zur EU-Wahl 2024 anzustreben. „Wir haben uns darauf eingestellt, dass wir | |
uns nicht innerhalb von kurzer Zeit gegen die Werbewirtschaft durchsetzen“, | |
so El-Ghazi. | |
23 Nov 2020 | |
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[2] /Berliner-Senat-will-es-nicht-werbefrei/!5644580 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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