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# taz.de -- Neurechtes Magazin „Cato“: Die Grenzen der Szene ausweiten
> Das Magazin „Cato“ will im Schatten der neuen Rechten weiter in die Mitte
> der Gesellschaft ausstrahlen – darauf weisen Autoren und Anzeigen hin.
Bild: Neurechts: „Cato“-Chefredakteur Andreas Lombard streckt seine Fühler…
Rechtes Bildungsbürgertum, das ist das Zielpublikum des neurechten Magazins
Cato. Die engen Szenegrenzen weitet die Redaktion aus. Die „Neue Rechte“,
das ist in der öffentlichen Wahrnehmung [1][das „Institut für
Staatspolitik“ (IfS) um Götz Kubitschek und Ellen Kositza] mit ihren
Akademien, ihrer Zeitschrift Sezession und ihrem Hang zur
Selbststilisierung.
Im Schatten dieser Wahrnehmung scheint Cato – „Magazin für neue
Sachlichkeit“ weiter in die Mitte der Gesellschaft auszustrahlen. Nicht
nur, weil das rund 100-seitige Magazin des Chefredakteurs Andreas Lombard
und des ständigen Mitarbeiters Karlheinz Weißmann am Bahnhofskiosk erworben
werden kann.
In der aktuellen Ausgabe findet sich ein Interview mit dem früheren
Kultusminister von Mecklenburg-Vorpommern, Mathias Brodkorb. Der ehemalige
SPD-Minister unterhält sich mit Weißmann über Bildungspolitik. Der Anlass
ist das von Katja Koch und Brodkorb veröffentlichte Buch „Der
Abiturbetrug“. Auf sieben Seiten beklagt Brodkorb, dass im Bildungswesen
„eine Gerechtigkeit vorgespielt“ werde.
Der Kritiker der Bologna-Bildungsreform erklärt, dass „unser Dilemma ja
ist, dass wir heutzutage glauben, dass alle Menschen von Natur aus frei und
begabt sind“; dass [2][„der Verzicht auf Leistung“ in Ungerechtigkeit
umschlage], weil die wirklich Leistungswilligen und -fähigen unsichtbar
würden. Eine Aussage, die bei Weißmann, bis vor Kurzen noch Oberstudienrat
an einem niedersächsischen Gymnasium, nicht auf Widerspruch stößt.
Normalisierung der Neurechten durch die Mitte
Das Interview im neurechten Magazin, das seit 2017 alle zwei Monate
erscheint, überrascht nicht ganz. Seit Jahren inszeniert sich Brodkorb in
„der Rolle des Neue-Rechte-Verstehers“, sagt David Begrich,
Rechtsextremismusexperte von Miteinander e. V. aus Sachsen-Anhalt. „Seine
Inschutznahme neurechter Positionen unter dem Label des Konservatismus
wertet ein politisches Milieu auf, in dem einem autoritären
Dezisionismus das Wort geredet und die liberale Demokratie als dekadent
denunziert wird“, so Begrich.
Diesen Flirt mit Cato – verkaufte Auflage über 8.200 Exemplare – führen
auch andere renommierte Personen aus der besten Mitte der Gesellschaft. In
der genannten Ausgabe ist auch ein Beitrag von Philip Plickert, Redakteur
der FAZ und Wirtschaftskorrespondent in London. Regelmäßiger Autor ist
[3][Norbert Bolz, Medienwissenschaftler an der TU Berlin] und im
wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsrats der CDU.
Die Autorenschaft des Zeitungsprojekts [4][aus dem Umfeld der Jungen
Freiheit ] und der „Bibliothek des Konservatismus“ bewegt sich
offensichtlich nicht bloß in einen Zitierkartell wie beim IfS-Milieu, zu
dem es aber auch Überschneidungen gibt.
Fragwürdiges Anzeigengeschäft
In dem Magazin legen zudem die Werbekunden eine erweiterte Akzeptanz nahe.
Reiseanbieter SenfkornReisen wundert sich über die Anfrage der taz: „Wir
machen keine Politik, sondern organisieren seit Jahren anspruchsvolle
Reisen und Begegnungen zu unseren östlichen Nachbarvölkern, mit denen wir
vor allem Bildungsbürger ansprechen wollen.“
Keine Stellungnahme auf Nachfrage erfolgte von Thomas R. J. Hoyer,
Unternehmer aus Hamburg. Immer wieder ist er mit Bild und Zitaten präsent
wie: „Die Geschichte hat uns gelehrt, dass sich die [5][Globalisierung und
das Bekenntnis zur Nation nicht widersprechen.]“
2018 überreichte der Hamburger Oberbürgermeister Peter Tschentscher dem
Chairman der Hoyer Group den Gründungspreis für sein Lebenswerk. Regelmäßig
wirbt auch Max Otte Vermögensbildungsfonds. Otte ist CDU-Mitglied und
Vorsitzender [6][des Kuratoriums der AfD-nahen
Desiderius-Erasmus-Stiftung]. Er spricht sich für eine Koalition von CDU
und AfD aus.
Mit Lombard und Weißmann hat er gemein, sich vehement gegen die Positionen
des Thüringer AfD-Landtagsfraktionschefs Björn Höcke starkzumachen. Die
Herren befürchten die [7][Beobachtung durch den Verfassungsschutz]. Im
August/September-Heft beklagte Lombard im Editorial die „Cancel Culture“
und warnte, dass sich der „Kampf gegen strukturellen Rassismus'“ zu einer
„ernsthaften Gefahr für das staatliche Gewaltmonopol“ auswachse.
20 Nov 2020
## LINKS
[1] /Institut-fuer-Staatspolitik/!t5275430
[2] https://blogs.taz.de/tazlab/2018/04/09/was-ist-leistung-und-warum/
[3] /Konservative-Heimatsehnsuechte/!5661469
[4] /Junge-Freiheit/!t5009714
[5] /Nationalismus/!t5008639
[6] /Desiderius-Erasmus-Stiftung/!t5507200
[7] /Verfassungsschutz-vs-AfD/!5672100
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Nationalismus
Neue Rechte
Götz Kubitschek
Institut für Staatspolitik
Neue Rechte
Schwerpunkt Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
Freikorps
Buch
Neue Rechte
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