# taz.de -- Rede zur Verteidigungspolitik in Europa: Kramp-Karrenbauer trotzt M… | |
> AKK nennt es eine „Illusion“, zu glauben, Europa könne | |
> sicherheitspolitisch auf die USA verzichten. Frankreichs Präsident hatte | |
> militärische Unabhängigkeit gefordert. | |
Bild: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im Bundestag Ende Okto… | |
Berlin dpa/afp | Trotz scharfer Kritik des französischen Präsidenten | |
Emmanuel Macron bleibt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer | |
bei ihrer Position, dass Europa sich auf absehbare Zeit nicht ohne die USA | |
verteidigen kann. „Die Idee einer strategischen Autonomie Europas geht zu | |
weit, wenn sie die Illusion nährt, wir könnten Sicherheit, Stabilität und | |
Wohlstand in Europa ohne die Nato und ohne die USA gewährleisten“, sagte | |
die CDU-Vorsitzende am Dienstag in einer Grundsatzrede. | |
Macron hatte am Montag eine ähnliche Äußerung Kramp-Karrenbauers als | |
„Fehlinterpretation der Geschichte“ kritisiert und sich für europäische | |
Souveränität in Verteidigungsfragen ausgesprochen. Kramp-Karrenbauer zeigte | |
sich in ihrer Rede zwar mit Macron einig, dass Europa mehr für seine | |
Sicherheit tun müsse. „Wir wollen, dass Europa für die USA starker Partner | |
auf Augenhöhe ist und kein hilfsbedürftiger Schützling.“ | |
Sie machte aber gleichzeitig klar, dass Europa auf den Schutz der | |
Amerikaner nicht verzichten könne. „Ohne die nuklearen und konventionellen | |
Fähigkeiten Amerikas können Deutschland und Europa sich nicht schützen. Das | |
sind die nüchternen Fakten“, sagte sie. Die CDU-Chefin verwies darauf, dass | |
Europa beispielsweise bei der Abwehr ballistischer Raketen fast zu 100 | |
Prozent von den USA abhingen und die Amerikaner auch den überwiegenden Teil | |
der Atomwaffen stellten. Zudem seien 76.000 Soldaten in Europa stationiert. | |
„All dies zu kompensieren würde nach seriösen Schätzungen Jahrzehnte dauern | |
und unsere heutigen Verteidigungshaushalte mehr als bescheiden daherkommen | |
lassen.“ | |
Der Streit um mehr europäische Eigenständigkeit in Verteidigungsfragen ist | |
eine Konsequenz aus der vierjährigen Amtszeit von US-Präsident Donald | |
Trump, der unter anderem die Nato infrage gestellt hat. Aber auch Macron | |
hat dem transatlantischen Verteidigungsbündnis den „Hirntod“ attestiert und | |
wirbt seit längerem für stärkere Eigenständigkeit Europas. Frankreich ist | |
nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU einzige Atommacht in der | |
Europäischen Union. | |
## AKK will gemeinsame Strategie gegen China | |
Nach dem Wahlsieg von Joe Biden über Trump bei den | |
US-Präsidentschaftswahlen hoffen die Europäer nun auf einen Neuanfang in | |
den transatlantischen Beziehungen. Auch Kanzlerin Angela Merkel hat bereits | |
deutlich gemacht, dass die Europäer sich dafür stärker einbringen müssen. | |
Das gelte auch für den Beitrag zur Sicherheitszusammenarbeit in Europa und | |
für den Beitrag zum Nato-Verteidigungsbündnis, sagte die CDU-Politikerin am | |
Dienstag bei einer Konferenz der Süddeutschen Zeitung. | |
Für Kramp-Karrenbauer sind drei Angebote an die USA wichtig: Zum einen das | |
klare Bekenntnis Deutschlands zur Beteiligung an der atomaren Abschreckung | |
der Nato. Die Bundeswehr stellt derzeit [1][Kampfjets für den Abwurf von in | |
Deutschland gelagerten US-Atombomben] bereit. Des Weiteren fordert AKK eine | |
gemeinsame Strategie mit den USA gegenüber China. Außerdem will die | |
deutsche Verteidigungsministerin eine weitere Erhöhung der | |
Verteidigungsausgaben. Deutschland verfehlt das Nato-Ziel von zwei Prozent | |
des Bruttoinlandsprodukts bisher deutlich. | |
Um letzteren Punkt zu garantieren, will Kramp-Karrenbauer [2][die deutschen | |
Verteidigungsausgaben] über einen längeren Zeitraum gesetzlich | |
festschreiben. Bisher werden sie jeweils nur für das kommende Haushaltsjahr | |
vom Bundestag beschlossen. Es gibt zwar eine mittelfristige Finanzplanung | |
für die kommenden fünf Jahre, sie ist allerdings unverbindlich. Eine | |
langfristige Finanzierungslinie für die Streitkräfte sei notwendig, „damit | |
Sicherheit weniger Spielball der Konjunktur und kurzfristiger | |
Stimmungsbilder ist, sondern als absolute Kernaufgabe des Staates stetig | |
unterfüttert bleibt“, sagte die CDU-Politikerin. | |
Die Rede von Kramp-Karrenbauer stieß bei den Grünen auf wenig Begeisterung. | |
Kramp-Karrenbauer lasse „Mut, Weitsicht und Europa vermissen“, sagte die | |
Grünen-Europaexpertin Franziska Brantner am Dienstag der Nachrichtenagentur | |
AFP. „Sie klammert sich an das nationale Zwei-Prozent-Ziel, statt zu | |
zeigen, wie wir europäische Strategien und Synergien stärken“, sagte | |
Brantner mit Blick auf die Zusage innerhalb der Nato, zwei Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. | |
Die Grünen-Politikerin warf der Ministerin vor, „Verwalterin statt | |
Gestalterin“ zu sein. „Europäische Souveränität ist für sie nur | |
Verteidigung, dabei bedeutet sie auch Klimapartnerschaften, | |
Cybersicherheit, diversifizierte Lieferketten, einen starken Euro“, | |
monierte Brantner. Kramp-Karrenbauers Rede sei letztlich „eher eine | |
Randnotiz als ein großer Wurf“. | |
17 Nov 2020 | |
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