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# taz.de -- Deutsche Investitionen im Kongo: Eine milliardenschwere Eisenbahn
> Der Leipziger Unternehmer Gernot Wagner will in der Demokratischen
> Republik Kongo ein neues Bahnnetz bauen. Wie realistisch ist das Projekt?
Bild: Da geht noch was: Vorortzug in Kinshasa
Brüssel taz | Erst machte der Leipziger Unternehmer Gernot Wagner in der
Demokratischen Republik Kongo mit Plänen von sich reden, mit seiner Firma
Evagor den seit Langem geplanten Staudamm [1][Inga III] am Kongo-Fluss
endlich zu bauen – zwecks [2][Gewinnung von Wasserstoff] zum Export nach
Deutschland.
Seit diese Idee auf verbreitete Kritik stieß, weil sie den Strombedarf der
Kongolesen ignoriert, hat er sich einem anderen Projekt zugewandt: der
Modernisierung und dem Ausbau des völlig maroden kongolesischen
Eisenbahnnetzes.
Am 22. Oktober unterzeichnete Wagner mit Kongos Regierung eine
[3][Vereinbarung] über den Bau von 10.000 Kilometer moderner
Eisenbahnlinien im Kongo für 25 Milliarden US-Dollar.
Kongo zählt mehrere untereinander nicht verbundene Eisenbahnstrecken aus
der Kolonialzeit, die damals vor allem angelegt wurden, um Rohstoffe aus
den Minen heraus durch ansonsten unwegsame Urwaldregionen bis an schiffbare
Häfen am Kongo-Fluss zu bringen. Sie sind heute weitgehend verfallen,
sofern sie überhaupt noch existieren. Derweil sind die verschiedenen
Landesteile nur noch auf dem Luftweg miteinander verbunden.
Die neuen Bahnstrecken sollen alle 26 Provinzen des riesigen Landes
vernetzen. Vorgestellt wurde die Idee bereits beim [4][Deutschlandbesuch
des kongolesischen Präsidenten Félix Tshisekedi] im November 2019.
Es wäre die größte ausländische Investition in Kongos Geschichte – 25
Milliarden US-Dollar sind die Hälfte des kongolesischen BIP.
## „Riesige Lieferpotentiale“
Wagner hat dafür Unterstützer mobilisiert, so die Mittelstandsallianz
Afrika (MAA) des deutschen Bundesverbands Mittelständische Wirtschaft
(BVMW). Die MAA spricht von einem „wegweisenden Integrationsprojekt“, das
dem Umweltschutz, der sozialen Entwicklung, der Schaffung von
Arbeitsplätzen und der Errichtung von Infrastruktur diene, und führt aus:
„Das Eisenbahnprojekt in der DR Kongo (…) bietet für die Mitgliedsfirmen
des BVMW und des europäischen Unternehmerverbandes riesige
Lieferpotentiale.“
Wagners Firma habe das Projekt seit 2011 mit Partnern entwickelt, so die
MAA. Es bestehe aus sechs „Korridoren“ sowie weiteren Strecken. „Der erste
Korridor wird von der Grenze zwischen Angola und der Demokratischen
Republik Kongo nach Lubumbashi und dann weiter nach Sakania zur Grenze nach
Sambia führen. Der zweite Korridor mit 780 Kilometer wird die Hauptstadt
Kinshasa mit der Region Bas-Congo und der Küste und dem neuen Tiefseehafen
in Banana verbinden. Ein dritter Korridor wird vom Zentralkongo eine
Verbindung in den Osten des Landes in die Region Kasai schaffen.“
Die Zielmarken sind ehrgeizig: „Innerhalb von 4 bis 5 Jahren werden die
ersten beiden Korridore mit jeweils rund 1.000 Kilometern gebaut, um
schrittweise bis auf 10.000 Kilometer ausgebaut zu werden. Dabei muss nicht
nur die Gleise, Signal-, Sicherheits- und Kommunikationstechnik geliefert
werden, sondern auch eine Vielzahl an Waren, Maschinen und Ausrüstungen“.
Kongos Regierung hat ihrerseits am 16. Oktober ein
[5][Konzessionsverfahren] für die drei kongolesischen Staatsunternehmen
beschlossen, die die Eisenbahnen und Häfen des Landes verwalten: die
Société commerciale des transports et des ports (SCTP), die im Kongo unter
ihrem früheren Namen „Nationale Transportbehörde“ (Onatra) als völlig
ineffektiv bekannt ist; die Société nationale des chemins de fer du Congo
(SNCC), deren langjähriger Chef [6][Sylvestre Ilunga] seit 2019
Premierminister ist, und die Chemins de fer des Uélé (SCF) als Betreiber
einer nur noch auf dem Papier existierenden Schmalspurbahn im Nordosten des
Landes.
Die Konzessionspartner sollen die Finanzierung, den Bau und die Nutzung
neuer Linien und damit zusammenhängender Projekte gewährleisten. Dies steht
unter dem Vorbehalt, dass die Vereinbarung mit Wagner tatsächlich
fristgemäß umgesetzt wird.
## Zweifel sind angebracht
Daran sind Zweifel angebracht. Auf deutscher Seite soll das Projekt von
Wagners im Schweizer Kanton Zug ansässiger Congo Railway Development AG
getragen werden. Das Eigenkapital dieses Unternehmens erscheint mit 200.000
Franken (185.000 Euro) relativ klein.
In ihrem Verwaltungsrat sitzen keineswegs Eisenbahnspezialisten, sondern
neben Wagner die Leipziger Unternehmer Bruno Gerber, Gründer der
Wassermühle Immobilien Gmbh, und Sven Asmus, Manager des Golf & Country
Club Leipzig.
Von einem Engagement großer Banken oder spezialisierter Firmen ist nichts
bekannt. Vielmehr ähnelt das Projekt anderen Kongo-Großprojekten, die nie
realisiert wurden.
Vor einem Jahr vereinbarte Kongos Verkehrsminister Didier Mazenga beim
Russland-Afrika-Gipfel in Sotschi mit der russischen Eisenbahngesellschaft
RŽD die Renovierung der bestehenden 5.000 Kilometer Eisenbahn im Kongo für
500 Millionen US-Dollar. Heute spricht davon in Kinshasa kein Mensch mehr.
2 Dec 2020
## LINKS
[1] /Inga-Staudamm-in-Kongo/!5656570
[2] /Gruener-Wasserstoff-aus-dem-Kongo/!5717317
[3] https://www.agenceecofin.com/gestion-publique/2210-81615-rcd-l-allemagne-va…
[4] /Kongos-Praesident-in-Berlin/!5638529
[5] https://www.agenceecofin.com/transports/1910-81462-la-rdc-adopte-sous-reser…
[6] /Neuer-Premierminister-im-Kongo/!5597299
## AUTOREN
François Misser
## TAGS
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Wasserstoff
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