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# taz.de -- Wahlfälschung im Kongo: Kabila-Freund landet hinter Gittern
> Als Wahlkommissionschef hatte Ngoy Mulunda dem Ex-Präsidenten Kabila
> Stimmen verschafft. Mit seiner Anklage beginnt die Aufarbeitung der
> Kabila-Ära.
Bild: Ngoy Mulunda, hier im November 2011, muss wegen Wahlbetrugs hinter Gitter
Berlin taz | Als Joseph Kabila Ende 2011 mit 48,95 Prozent der Stimmen
[1][als Präsident der Demokratischen Republik Kongo wiedergewählt] wurde,
war das nicht in erster Linie die Leistung des Wahlvolkes. Schöpfer des
Wahlergebnisses war der damalige Chef der Wahlkommission, Daniel Ngoy
Mulunda.
Der Kabila-Freund ließ zu Hunderttausenden Stimmen für Oppositionsführer
Etienne Tshisekedi unter den Tisch fallen und sorgte in Kabilas
Heimatprovinz Katanga für Rekordwerte. In seinem eigenen, bitterarmen
ländlichen Wahlkreis Malemba Nkulu ermittelte Ngoy eine Wahlbeteiligung von
99,46 Prozent und ausnahmslos alle 246.886 Stimmen gingen an Kabila.
Seit zwei Jahren ist [2][nicht mehr Joseph Kabila Präsident, sondern Felix
Tshisekedi], Sohn des 2011 von Ngoy um seinen Sieg betrogenen Etienne
Tshisekedi. Und jetzt sitzt Ngoy hinter Gittern. Am Montag wurde er
festgenommen, am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt und am Mittwoch
angeklagt: wegen Aufwiegelung zum Hass und Untergraben der staatlichen
Integrität.
Grund ist eine Rede, die Ngoy Mulumba am 16. Januar hielt, dem 20.
Jahrestag der Ermordung von Joseph Kabilas Vater und Amtsvorgänger
Laurent-Désiré Kabila.
Vor alten Kabila-Weggefährten warf Ngoy der Regierung Tshisekedi
„diktatorisches“ Verhalten vor und warnte: „Wenn sie nicht wollen, dass
Katanga sich loslöst, müssen sie unsere Führer respektieren, insbesondere
unseren Führer von Katanga, Ehrenpräsident und Senator auf Lebenszeit
Joseph Kabila Kabange. Ihr müsst auch unsere Mutter respektieren, die sehr
respektierte Olive Lembe Kabila, unsere Mama. Wenn ihr uns weiter
erniedrigt, wird Katanga das nicht hinnehmen.“
## Alte Elite sammelt sich in Katanga
Kongos Behörden sehen darin eine Drohung mit der Abspaltung [3][Katangas,
Kongos reichste Region] mit den größten Mineralienvorkommen, unter Führung
der alten Kabila-Elite. Die wird unter Präsident Tshisekedi, mit dem sie
sich anfänglich arrangiert hatte, neuerdings von der Macht verdrängt und
sammelt sich in Katanga neu. Ngoys Festnahme sorgte in seiner Geburtsstadt
und Katangas Hauptstadt Lubumbashi für Unruhe und Gerüchte über bewaffnete
Katanga-Separatisten im Umfeld ehemaliger Generäle der Kabila-Ära.
Immerhin bleibt der 61-jährige Ngoy sich treu. Bevor Joseph Kabila ihn 2011
zum Wahlkommissionschef beförderte, leitete er als Methodistenpfarrer in
Katanga ein Programm zur Demobilisierung von Bürgerkriegskämpfern. Das
Programm „Parec“ kaufte Milizionären Waffen zu einem überhöhten Preis ab,
sodass die Milizen sich hinterher mehr Gewehre kaufen konnten, als sie
abgegeben hatten.
Auch Ngoys Versuch, später in die Politik zu gehen, endete schillernd. Er
kandidierte bei den Wahlen 2018 für das Parlament – bis die Wahlkommission,
unter neuer Führung, ihn disqualifizierte: Er hatte sich in mehreren
Wahlkreisen gleichzeitig für unterschiedliche Parteien aufstellen lassen.
Und jetzt wird der Fall Ngoy Mulunda emblematisch für das beginnende
juristische [4][Aufarbeiten der Kabila-Ära im Kongo].
21 Jan 2021
## LINKS
[1] /Massive-Wahlfaelschungen-im-Kongo/!5105602
[2] /Machtkampf-im-Kongo/!5736891
[3] /Bergbaukrise-im-Kongo/!5614127
[4] /Staatskrise-im-Kongo/!5678982
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Kongo
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