# taz.de -- 2020 war ein Jahr ohne Live-Konzerte: Das nächste Jahr wird großa… | |
> Das Jahr ist bald rum. Gut so, meint unser Autor. Denn es kann ja nur | |
> besser werden. Vor allem für die arg gebeutelte Konzertbranche. | |
Bild: Das war am 14.02.2020 noch möglich: The Strokes spielen in der Columbiah… | |
Das Jahr 2020 ist jetzt eigentlich gelaufen. Da wird nicht mehr viel | |
passieren, vorausgesetzt, es kommt in den USA nicht doch noch zum | |
Bürgerkrieg und man muss wieder den ganzen Tag lang CNN glotzen, was | |
wirklich nicht erstrebenswert ist. Der Dezember wird wahrscheinlich noch | |
ziemlich trüb und öde, und man wird sich nur wünschen, dass er endlich zu | |
Ende geht, damit man einen Haken unter dieses ganze verdammte Jahr machen | |
kann. | |
2021 dagegen wird großartig, da bin ich mir sicher. Der Impfstoff wird | |
kommen, und die Coronaspinner werden sich neue Themen suchen müssen, mit | |
denen sie verhaltensauffällig sein können. Meine Mund-Nasen-Masken werde | |
ich rituell verbrennen und nur eine aufheben für das nächste Mal Halloween. | |
Und ich werde mir vor allem so viele Live-Konzerte ansehen wie noch nie | |
zuvor in meinem Leben. Es wird ja schließlich auch ein Konzertjahr werden | |
mit einem Überangebot, wie es wahrscheinlich einmalig ist in der Geschichte | |
der Menschheit. Weil die ganzen Live-Events, die dieses Jahr ausfallen | |
mussten, dann nachgeholt werden, zusätzlich zu den für 2021 regulär | |
geplanten Shows. | |
Schaut man sich die Programmplanung der diversen Konzertveranstalter an, | |
trauen diese dem Januar 2021 freilich noch nicht so richtig über den Weg. | |
Der Monat wird von der Branche lieber noch gemieden. Aber schon im Februar | |
soll es dann wieder so richtig rundgehen in den Berliner Konzerthallen. Der | |
Winter werde schwer, warnt die Kanzlerin, und Chefvirologe Christian | |
Drosten glaubt, auch zu Ostern werde Corona noch nicht verschwunden sein. | |
Doch die Wette der Veranstaltungsbranche lautet: Der prognostizierte | |
schwere Winter ist einfach schon Ende Januar vorbei, und auch ein Virologe | |
kann sich mal irren. | |
Ab Februar soll das Konzertjahr 2021 jedenfalls beginnen, und zwar mit | |
Vollgas. Zuerst kommen kleinere Bands, bei denen den Konzertorganisatoren | |
nicht so viel Geld durch die Lappen gehen würde, falls man deren Auftritte | |
doch noch einmal verlegen müsste. Aber im Laufe des Jahres werden die Namen | |
der Acts, die Berlin endlich mal wieder besuchen wollen, immer bekannter | |
und größer: Apokalptica, Nena, Paul Weller. Und im Sommer, wenn Corona | |
immer mehr zur blassen Erinnerung gerinnt, werden die echten Popgiganten | |
erwartet: Patti Smith, Sting, Iron Maiden, diese Liga. | |
## The Coronas kommen im Mai nach Berlin | |
Interessant werden dürfte auch der Auftritt einer irischen Band Anfang Mai | |
im Frannz-Club mit einem Namen, bei dem sie sich in letzter Zeit wohl schon | |
des Öfteren dachte, sie sollte ihn vielleicht noch einmal überdenken: The | |
Coronas. Die Band existiert bereits seit dreizehn Jahren, es ist also nicht | |
zu befürchten, dass sie sich selbst als Themencombo zur Pandemie versteht. | |
Immerhin kann sie sich sicher sein, dass ihr aktueller Name vielleicht ein | |
kleines bisschen weniger ungute Assoziationen auslöst als der, den sie sich | |
zu Beginn ihrer Karriere gegeben hat. Da hießen die Dubliner nämlich | |
schlicht und einfach Corona. Man darf vor allem gespannt darauf sein, | |
welche Namenswitze sich die Band für ihre Show ausgedacht hat. | |
Ein echtes „Highlight“ dürfte auch der Auftritt von Xavier Naidoo Anfang | |
August in der Zitadelle Spandau werden. Wird Attila Hildmann hier den | |
Voract geben, Reden schwingen oder doch bloß fürs Catering sorgen? Wie | |
viele Reichsflagen werden zu sehen sein? Und wird der bemitleidenswerte | |
Barde aus Mannheim ständig in alle Richtungen deutbare Sätze mit dem | |
Buchstaben Q formulieren? So was in der Art vielleicht: „Quark macht die | |
queere Merkel stark“ oder „Quantenphysik ist Qualität im Quadrat“? | |
Ich glaube, ich werde mir das Konzert des abgrundtief gefallenen | |
Sangeskünstlers wirklich antun. Um mich in diesem wunderbaren nächsten | |
Sommer nochmals daran zu erinnern, wie furchtbar das Jahr 2020 wirklich | |
war. | |
22 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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