Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berliner Soundwatch Festival online: Russischer Rap und britischer …
> Das Soundwatch Festival zeigt Filme über und mit Musiker*innen. Der
> tazplan stellt einige vor und fragt: was macht eine gute Musikdoku aus?
Bild: Sehr laut und sehr erfolgreich: US-Punkband The Go-Go`s
In drei Berliner Programmkinos hätte vom 4. bis zum 16. November die vierte
Ausgabe des Soundwatch Music Film Festivals stattfinden sollen. Läuft so
jetzt nicht aus den bekannten Gründen. Dafür wird eine Auswahl der
Musikfilme nun online zu sehen sein.
Die Kuratoren des Festivals haben ein ziemlich diverses Programm
zusammengestellt. Die musikalische Bandbreite, die vor allem in
Dokumentationen beleuchtet wird, reicht von Folkmusik über Punk bis hin zu
Neuer Musik. Doch die Durchleuchtung von interessanter Musik allein macht
noch keine gute Dokumentation.
Das zeigt sich bei dem Portrait “The Go-Go’s“ von Alison Ellwood über die
gleichnamige amerikanische New Wave-Band. Sie gilt als erste Frauenband,
der es gelang, mit einem Debütalbum und ausschließlich selbst geschriebenen
Songs den ersten Platz in den US-Charts zu erreichen. Sie zeigten
Generationen nachfolgender Bands, in denen ausschließlich Frauen das Sagen
haben: Ja, auch ihr könnt es schaffen im von Männern dominierten
Musikbusiness.
Nicht zuletzt für die Riot Grrrls wurden sie zu Vorbildern. Doch statt
diese Verbindungen zu durchleuchten, erzählt die Doku recht bieder nur die
Geschichte einer Band, die für einen Augenblick überraschend erfolgreich
wurde, aber schnell wieder zerbrach. Nur die Bandmitglieder selbst geben
Auskunft über ihre Geschichte. Nur Kathleen Hannah von der Band Bikini Kill
kommt als Fangirl der Go-Go’s kurz zu Wort, um auch mal einer Perspektive
von außen Raum zu geben.
## Kaum Gesprächspartner
Diese Kritik muss sich auch “Other, Like Me: An Oral History of Coum and
Throbbing Gristle“ von Dan Fox und Marcus Werner gefallen lassen. Die
Geschichte, wie sich aus dem englischen, transgressiven Künstlerkollektiv
Coum Transmissions die Industrial-Pioniere Throbbing Gristle formte, ist
eigentlich spannend.
Schock und Porno wurden zuerst bei Coum verarbeitet, später in der Musik
von Throbbing Gristle. Doch auch hier erzählen ausschließlich die Künstler
und Musiker selbst. Obwohl die Doku ausdrücklich als “oral history“
angelegt ist, hätte man ruhig weitere Gesprächspartner hinzuziehen können.
Wie lebendig eine Musikdoku sein kann, wenn man schier endlos viele
Protagonisten zu einem bestimmten Sujet befragt, beweist die Doku “Pick it
up – Ska in the 90s“ von Taylor Morden. Der Regisseur hat so gut wie alle
vor die Kamera bekommen, die in den 90ern für den sogenannten “Third-wave
Ska“ verantwortlich waren. Etwa die Mighty Mighty Bosstones und No Doubt,
die zu Beginn ihrer Karriere stark von Ska beeinflusst waren.
Launig wird erklärt, wie jamaikanischer Ska aus den 60ern über das
Ska-Revival in England der frühen 80er mit Bands wie Madness oder Selecter
vor allem in den USA der Post-Grunge-Ära nochmals so richtig groß wurde.
Auch wenn man sich für den zweiten Neuaufguss einer derart klassischen
Musik gar nicht so interessieren mag: Diese Chronik einer Ära macht richtig
Spaß.
## Bilder, die für sich sprechen
Dass eine Musikdoku auch dann zu fesseln vermag, wenn ganz auf sichtbare
Talking Heads verzichtet wird und einen ausschließlich Stimmen aus dem Off
an die Hand nehmen, zeigt das Filmportrait “Mimaroglu: The Robinson of
Manhattan Island“ von Serdar Kökceoglu. Der eigenwillige Komponist
elektronischer Musik, Ilhan Mimaroglu, wird hier in Bildern portraitiert,
die aus den Archiven des Avantgardisten selbst stammen.
Mimaroglu erzählt von seiner politischen Einstellung und vor allem von New
York, das seine Arbeit so sehr geprägt hat. Der Musiker, Künstler und Autor
David Toop kommt gelegentlich zu Wort, um den Elektronikpionier noch etwas
näher zu bringen. Und die ganze Zeit ist dessen großartige Musik zu hören.
Ein weiteres Highlight des Filmfestivals ist dann noch die Doku “White
Riot“ von Rubika Shah über die Bewegung Rock Against Racism Ende der
Siebziger in Großbritannien. Wo sich Punk- und Reggae-Bands wie The Clash
und Steele Pulse zusammenfanden, um gegen den zunehmenden Rechtsdrall auf
der Insel und vor allem die „National Front“ zu opponieren.
5 Nov 2020
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Dokumentarfilm
Ska
Filmfestival
taz Plan
Kolumne Durch die Nacht
Lesestück Interview
Kolumne Frisch gesichtet
taz Plan
taz Plan
## ARTIKEL ZUM THEMA
2020 war ein Jahr ohne Live-Konzerte: Das nächste Jahr wird großartig
Das Jahr ist bald rum. Gut so, meint unser Autor. Denn es kann ja nur
besser werden. Vor allem für die arg gebeutelte Konzertbranche.
Ein Original vom Kotti: „Ich kenne das auch vom Kampfsport“
Raplabel-Chef, Journalist, Aktivist, Kampfsportler, Fensterputzer und
Industriekletterer: Marcus Staiger über sein Leben in einem krassen
Interview.
Was läuft in Berliner Kinos: Das Potential unkommerzieller Filme
Kino ist mehr als nur Film. Von alten und aktuellen Klassiker des
europäischen Kinos und Rockmusik aus der uigurischen Steppenlandschaft.
Filmtipps für Berlin: Unbehagen und Wahlverwandtschaften
Von einer rabenschwarzen Komödie über einen Animationsfilm mit Hunden bis
zur Doku über einen populären zeitgenössischen Komponisten.
Musiktipps für Berlin: Neue Musik und Tiermasken
Gastspiele für Echtzeitmusik, ein Wochenende voller Komponistinnen und
elektrisierende Improvisationen sind diese Woche die Highlights.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.