# taz.de -- Musiktipps für Berlin: Neue Musik und Tiermasken | |
> Gastspiele für Echtzeitmusik, ein Wochenende voller Komponistinnen und | |
> elektrisierende Improvisationen sind diese Woche die Highlights. | |
Bild: Das Arditti Quartett spielt Neue Musik der Finnin Kaija Saariaho | |
Es bleibt schwierig. Wenn man derzeit nach Konzerten sucht, finden sich | |
nicht allein deutlich weniger Termine als vor Pandemiebeginn, es gibt bei | |
den angekündigten Auftritten auch keinerlei Sicherheit, dass sie nicht doch | |
noch einmal verschoben werden. | |
Wie etwa beim Konzert des für seinen Zupfirrsinn gefeierten Bassisten | |
Thundercat. Dessen entspannt virtuose Fähigkeiten, die ursprünglich im | |
April im Astra Kulturhaus zu bestaunen gewesen wären, mussten zunächst auf | |
Dienstag verschoben werden. Doch auch dieser Termin wird jetzt wieder auf | |
unbestimmte Zeit in die Zukunft bewegt. | |
Oder die Soloperformance der US-amerikanischen Saxofonistin und Komponistin | |
Matana Roberts, die am Sonnabend im KM28 ihr Programm „together / alone“ | |
für Solosaxofon präsentieren sollte. Auch sie ist auf unbestimmte Zeit | |
verschoben. | |
Und die Sache gestaltet sich mitunter verwirrend. So findet sich etwa in | |
einem Portal mit Veranstaltungshinweisen die Ankündigung eines Konzerts am | |
Sonntag im Acud mit den Kanadiern Fly Pan Am und dem in Berlin ansässigen | |
Drone-Experten Aidan Baker. Auf der Seite des Acud selbst keine Spur von | |
dem Termin. | |
Das bloß vorausgeschickt als Bitte um Verständnis. Dafür, dass auch die | |
Tipps dieser Kolumne, mehr als sonst, unter Vorbehalt stehen. Die Musiker | |
und Veranstalter würden dabei sehr wahrscheinlich alle Garantien für ihre | |
Programme geben. Wenn sie könnten. | |
## Biegungen in der Wabe | |
Mitunter müssen Veranstalter auch ausweichen, einfach weil ihre eigenen | |
Spielstätten des begrenzten Raumangebots kaum sinnvoll genutzt werden | |
können. Denn nicht jeder Veranstalter kann sich Konzerte für ein Publikum | |
im einstelligen Bereich leisten. Die Reihe „Biegungen“ des unter normalen | |
Umständen angenehm übersichtlichen Auslands gastiert daher am Freitag in | |
der Wabe. [1][Tickets müssen vorab online gebucht werden], eine Abendkasse | |
gibt es nicht. | |
Zu hören sind das Echtzeitmusik-Trio Bistre, bestehend aus dem Posaunisten | |
Matthias Müller, dem Cellisten Guilherme Rodrigues und Eric Wong an der | |
Gitarre. Erkundet werden die Übergänge zwischen Klang und Geräusch und | |
andere Dynamiken des Miteinanders. Free Jazz mit Zwölftonanteilen kann man | |
vom ebenfalls an diesem Abend aufspielenden Klavierduo Alexander von | |
Schlippenbach und Aki Takase erwarten (9.10., 20 Uhr, Danziger Str. 101, 9 | |
€). | |
## Komponistinnen in der Philharmonie | |
Gleich ein ganzes „Wochenende Neue Musik“ bietet der Kammermusiksaal der | |
Philharmonie. Zum Auftakt spielt das Scharoun Ensemble Berlin mit der | |
Schauspielerin Martina Gedeck als Sprecherin. Aufgeführt werden unter | |
anderem Werke der Serbin Milica Djordjević und ihrer türkischen Kollegin | |
Zeynep Gedizlioğlu (10.10., 22 Uhr, 18 €). | |
Am Sonntag folgen das auf Neue Musik spezialisierte Arditti Quartett, die | |
etwa die Finnin Kaija Saariaho im Angebot haben (11.10., 17 Uhr, 13 €) und | |
KlangArt Berlin mit Werken der Russinnen Sofia Gubaidulina und Galina | |
Ustwolskaja. Besonders Letztere ist durch ihre brachial fromme Musik eine | |
Erfahrung der ungewöhnlichen Art (11.10., 21 Uhr, Herbert-v.-Karajan-Str. | |
1, 18 €). | |
## Abenteuerlustige Forscherin | |
Immer eine Reise wert sind schließlich die Performances der Keyboarderin | |
Liz Kosack. Performances, denn der Öffentlichkeit zeigt sich die | |
abenteuerlustige Synthesizer-Forscherin stets verborgen hinter | |
Tierkopf-Masken, die sie selbst entwirft. Ein wenig wie eine ägyptische | |
Göttin sieht das aus. Was sie, aufbauend auf den Improvisationskonventionen | |
des Jazz, an ihren Instrumenten dann zelebriert, ist heftig elektrisierend. | |
Liest sich womöglich etwas billig, stimmt aber. | |
Am Sonnabend ist sie mit dem offenformfreudigen Popduo snakesoda, einem | |
Projekt der Pianistin Rahel Hutter und des Multiinstrumentalisten Niklas | |
Kraft, im HAU1 zu hören. [2][Tickets gibt es online] oder an der | |
Tageskasse, jedoch nicht an der Abendkasse (10.10., 20 Uhr, Stresemannstr. | |
29, 15 €). | |
9 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.wabe-berlin.info/okt-2020/09/ | |
[2] https://hebbel-am-ufer-tickets.reservix.de/p/reservix/event/1612441?_locale… | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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