# taz.de -- Veggidays in Staatskantinen: Dänen machen Rückzieher | |
> Zwei fleischlose Tage pro Woche, um das Klima zu schützen? Nach lauter | |
> Kritik findet Kopenhagen die eigene Idee nicht mehr gut. | |
Bild: Bleibt beliebt in Dänemark: Hot dog | |
TÄLLÄNG taz | Die dänische Regierung dürfte einen Weltrekord bei der | |
Einführung und Wiederabschaffung von Klimaschutzmaßnahmen erreicht haben. | |
Am 29. Oktober präsentierte Finanzminister Nicolai Wammen [1][eine | |
Strategie] für die „grüne Zukunft“ des staatlichen Beschaffungswesens. Ein | |
Punkt: In den Kantinen für die rund 85.000 staatlichen Angestellten solle | |
es nun jede Woche an zwei Tagen ausschließlich vegetarische Kost geben und | |
Rind- oder Lammfleisch höchstens einmal in der Woche. Bereits am 2. | |
November kam der Rückzieher: Ob überhaupt und in welchem Umfang | |
vegetarische Mahlzeiten angeboten würden, bleibe auch in Zukunft dem | |
jeweiligen Arbeitgeber überlassen. | |
„Die Regierung hat auf die Mitarbeitenden gehört“, lautet die offizielle | |
Begründung für das Einknicken: Es habe „einen guten Dialog mit | |
verschiedenen Arbeitnehmerorganisationen“ gegeben. Tatsächlich hatten sich | |
die Gewerkschaften kritisch geäußert. Sie wolle das Recht haben, selbst zu | |
bestimmen, was auf ihrem Teller liege, sagte Rita Bundgaard, Vorsitzende | |
der Staatsangestelltengewerkschaft HK Stat. „Zwang ist immer ein | |
unglücklicher Weg.“ | |
Die Massentierhaltung trägt nach Angaben der Ernährungs- und | |
Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen rund 15 Prozent zu den | |
von Menschen verursachten Treibhausgasen bei. Andere Institute, die mehr | |
Aspekte der Fleischproduktion einbeziehen, kommen sogar auf knapp über 50 | |
Prozent. [2][In Deutschland fordern vor allem die Grünen fleischlose Tage | |
in den Kantinen.] | |
Trotzdem war das öffentliche Echo auf den Regierungsvorstoß auch insgesamt | |
vorwiegend negativ. Den DänInnen wolle man nun auch noch diktieren, was sie | |
essen dürfen, kritisierte Jyllands-Posten unter der Überschrift „Freiheit | |
für die Frikadelle“: „Der Staat will im Detail festlegen, was serviert | |
wird“, das sei „Bevormundung und Besserwisserei“. „Aprilscherz?“, fra… | |
die Tageszeitung Berlingske und andere Kommentare warfen der Regierung | |
bloße Symbolpolitik vor: Sie könne nicht einmal vorrechnen, wieviel CO2 | |
sich eigentlich mit einem Veggie-Day einsparen lasse, und wolle sich nur | |
vor nachweislich wirksameren aber einschneidenden Klimaschutzmaßnahmen | |
drücken. | |
## Zu viel Provokation oder zu wenig Rückgrat? | |
Dass man auch noch Zitate der jetzigen Regierungschefin Mette Frederiksen | |
auspackte, die die Fleischdebatte vor 2 Jahren als „hysterisch“ bezeichnet | |
hatte, trug ebenfalls nicht unbedingt zur Werbung für die fleischlosen Tage | |
bei. | |
Der Rückzug der sozialdemokratischen Minderheitsregierung – der größte seit | |
Napoleons Waterloo, wie Morten Messerschmidt, Vizevorsitzender der | |
Dänischen Volkspartei lästerte – passt jedenfalls in ein Muster, das deren | |
Politik seit ihrem Amtsantritt vor einem Jahr prägt: Bloß keine | |
kontroversen Beschlüsse fassen, die womöglich WählerInnen provozieren | |
könnten. | |
Während die linke Information am Mittwoch „die Regierung hat kein Rückgrat�… | |
kommentiert, schlägt Sybille Kyed von der Ökologischen | |
Landwirtschaftsvereinigung eine Alternative zu dem „bedauerlichen Verzicht“ | |
auf die Veggitage vor: Statt zu 60 Prozent ökologisches Fleisch zu kaufen, | |
wie den Kantinen jetzt empfohlen werde, sollten es beispielsweise 70 | |
Prozent sein: „Erfahrungsgemäß führt das zu einem vermindertem Einkauf.“ | |
4 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://fm.dk/media/18268/groenne-indkoeb-for-en-groen-fremtid-strategi-for… | |
[2] /CO2-Steuer-auf-Fleisch/!5646394&s=veggieday/ | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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