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# taz.de -- Experte kritisiert Laschet wegen Cum-Ex: „Brauchen Soko Steuerhin…
> Mehr Ermittler im Cum-Ex-Skandal: NRW muss mehr tun, um von Betrügern
> erbeutete Steuermilliarden zurückzuholen, fordert Finanzexperte Gerhard
> Schick.
Bild: Geschlampt bei Cum-Ex? NRW-Ministerpräsident Armin Laschet
taz: Herr Schick, Steuern in Höhe von schätzungsweise 10 Milliarden Euro
haben Banken und Investoren hinterzogen, indem sie sogenannte
Cum-Ex-Geschäfte betrieben. Rund 1 Milliarde holte sich der Staat bisher
zurück. Kommen die fehlenden 9 Milliarden auch wieder rein?
[1][Gerhard Schick]: Einige Milliarden Euro sind unwiederbringlich
verloren. Erst 2013 starteten die Ermittlungen richtig – damals durch eine
einzige Staatsanwältin. An viele betrügerische Geschäfte aus den 1990er
Jahren kommt man nicht mehr heran, weil der Staat viel zu spät aktiv wurde.
Nun geht es aber darum, die hinterzogenen Summen aus der Hochphase der
Cum-Ex-Geschäfte zwischen 2007 und 2011 einzutreiben.
Für alle, die sich normalerweise nicht mit der Besteuerung von
Aktientransaktionen beschäftigen – was war Cum-Ex noch mal?
Investoren verkauften Aktien im Umkreis des Termins der Dividenden-Zahlung
schnell hin und her. So konnte der Eindruck entstehen, dass zum
Zahlungstermin mehrere Akteure im Besitz der Aktie seien. Sie zahlten dann
insgesamt nur einmal Kapitalertragsteuer für die erhaltene
Gewinnausschüttung, ließen sich die Steuer aber mehrfach vom Finanzamt
zurückerstatten.
Sie sind Chef einer Organisation, die der Finanzbranche auf die Finger
schaut. Was ärgert Sie jetzt besonders?
Es ist irritierend, zu sehen, dass der Staat so wenige Ressourcen einsetzt,
um die Betrüger zu bestrafen. Und manchmal stehen die Behörden sogar auf
der falschen Seite. So hat das [2][Finanzamt Hamburg der an
Cum-Ex-Geschäften beteiligten Warburg-Bank die Rückzahlung von 47 Millionen
Euro erlassen]. Und das Bundeszentralamt für Steuern gab eine Liste mit
Tatverdächtigen nicht an die Staatsanwaltschaft weiter, obwohl es das hätte
tun müssen.
Weil das Zentralamt in Bonn sitzt, finden viele Verfahren gegen
Cum-Ex-Verdächtige in Nordrhein-Westfalen statt. Dort arbeiten immerhin 14
Staatsanwältinnen und Staatsanwälte an den Verdachtsfällen, 2021 sollen
weitere sechs hinzukommen. Landeskriminalamt und Steuerfahndung sind auch
dabei. Reicht das nicht?
Nein, es geht um circa 900 Beschuldigte, die sich gut bezahlten
Rechtsbeistand leisten können. Mit großem Aufwand muss die Strafbarkeit in
jedem Einzelfall nachgewiesen werden. Bisher wurden erst zwei Personen
verurteilt. Deshalb müssten sich mehr Staatsanwälte, Polizisten und
Steuerfahnder darum kümmern.
Wie viele sollten es sein?
Ein Stab von 150 Leuten, darunter 30 bei der Staatsanwaltschaft Köln, wäre
angemessen. Wir brauchen eine Sonderkommission zur
Cum-Ex-Steuerhinterziehung.
Wenn man die Personalkosten einer Stelle großzügig mit 100.000 Euro
ansetzt, bräuchte die nordrhein-westfälische Landesregierung 10 Millionen
Euro jährlich, um 100 Strafverfolger zusätzlich zu beschäftigen. Im
Vergleich zum möglichen Ertrag von Hunderten Millionen oder mehr klingt das
nach einer sicheren Investition. Warum passiert zu wenig?
Die NRW-Landesregierung unter Ministerpräsident Armin Laschet von der CDU
drückt bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität lieber ein Auge zu. Wenn
die Justiz den Betrug konsequent verfolgte, würde das einige Institute sehr
viel Geld kosten oder möglicherweise deren Existenz bedrohen. Das wollen
manche in der Politik anscheinend vermeiden. Anders kann ich mir das nicht
erklären.
6 Nov 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
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Peter Tschentscher
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