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# taz.de -- Ausstellung über Rocksänger Kevin Coyne: Die Welt ist voll von Du…
> Eine Schau am Nürnberger Kunsthaus kombiniert musikalisches Schaffen und
> zeichnerisches Werk des britischen Künstlers Kevin Coyne.
Bild: Kevin Coyne: „Selbstporträt“ (1970. Mischtechnik auf Karton)
Ein dicklicher Mann: Nicht nur dank seiner Körpermaße wirkt er aufgeblasen,
auch die ondulierte Haartracht trägt ihren Teil dazu bei. Zugleich scheint
er verunsichert, meidet den Blick seines Gegenübers, einer schmalen Frau,
die bewundernd seine Nähe sucht. 1998 entstand das Selbstporträt „Kevin
Coyne with admirer“, das derzeit im Rahmen einer schönen Ausstellung im
Kunsthaus Nürnberg zu sehen ist. „The Crazy World of Kevin Coyne – Künstl…
und Rockpoet“ zeigt den 2004 im Alter von nur 60 Jahren verstorbenen
[1][britischen Künstler] aus Blickwinkeln, die auch KennerInnen seiner
Musik neue Sichtweisen eröffnen dürfte.
In diesem Gemälde steckt jedenfalls einiges über das seltsame, oft schiefe
Verhältnis von Künstler und Publikum. Auch wenn der umtriebige Musiker und
Maler zu Lebzeiten [2][ewiger Geheimtipp] blieb – Bewunderer hatte er
viele; mit Projektionen, die Fans bisweilen entwickeln, kannte er sich aus.
Die Schau vermittelt anhand von Zeichnungen und Gemälden einen Eindruck
davon, was an Coynes Blick auf die Welt wirklich eigen und besonders war.
Das Output des Singer-Songwriters war hoch. Dennoch blieben große
kommerzielle Erfolge aus; an die Aufmerksamkeit für sein Frühwerk
[3][„Marjory Razorblade“] (1973) kam er nicht mehr heran. Er blieb
musician’s musician, wurde eher von Kollegen als vom breiten Publikum
geschätzt. US-Songwriter Will Oldham etwa erklärte einst, das Album
[4][„Babble“] (1979), Coynes Kollaboration mit der [5][Avantgarde-Sängerin
Dagmar Krause], habe sein Leben verändert; er gründete sogar ein
Tribut-Projekt, The Babbles. Auch die britische Radio-DJ-Legende John Peel
unterstützte Coyne, wo immer er konnte. Fernab kommerzieller Zwänge konnte
Coyne unbeirrt sein Ding machen.
## Abgründig und mitfühlend
Seine Bilder wirken dabei ähnlich eigenwillig wie die Songtexte, sind in
ihrer Direktheit und ihrem abgründigen und doch mitfühlenden Humor
zugänglicher. Coyne war sehr produktiv, arbeitete an Theaterstücken und
Filmen mit. Doch Malerei rückte stärker in den Fokus seines Schaffens,
nachdem Coyne 1985 nach einem alkoholinduzierten Zusammenbruch England den
Rücken gekehrt und sich in Nürnberg niedergelassen hatte. Er war kein
Gelegenheitsmaler, vielmehr war Bildende Kunst seine erste Liebe. In seiner
Heimatstadt Derby hatte Coyne in den frühen 1960ern Kunst und Grafik
studiert.
Erst an der [6][Kunsthochschule] entdeckte er sein Faible für Blues und
begann, Songs zu komponieren. Bevor er davon leben konnte, arbeitete er als
Therapeut in einer Psychiatrie und in der Suchtberatung. Diese Zeit sollte
seine künstlerische Arbeit beeinflussen, begegnete er doch bei vielen
seiner Patienten einem bemerkenswerten kreativen Potenzial.
Vielleicht, weil er so oft erklärte, welchen Einfluss diese Begegnungen auf
ihn hatte, wird seine Kunst oft der Outsider Art zugerechnet. Letztlich
kann man Coynes zeichnerisches Werk aber ebenso als Satire verstehen. Auch
wenn es in den Bildern oft um ihn selbst geht, sind sie weniger Nabelschau
denn bizarres Gesellschaftspanorama.
## So ist die Ente im Frack
Die Ausstellung zeigt kleinteilige Zeichnungen in Schwarz-Weiß neben
großflächigen Farbgemälden. Die Inhalte wirken bisweilen enigmatisch, die
Titel sind dagegen konkret. Oft geht es um emotionale Zustände und gestörte
Kommunikation – auch mit sich selbst. In „This is how I am“ sieht er sich
selbst als Ente im Frack, die verwundert auf die pinkfarbene Penisspitze
herunterschaut – sie ragt dem Kopf entgegen und ist das einzige
Farbelement der Schwarz-Weiß-Figur.
Derartige Selbstbefragungen stehen neben Episoden aus Coynes Kindheit,
Einblicken in sein Familienleben und politischen Karikaturen. [7][„The
World is full of fools“] heißt ein Coyne-Song aus dem Album „Millionaires
and Teddy Bears“ (1979). Aus dem Songtext zitiert eine Tafel in der
Ausstellung: „But it doesn’t make them bad people“.
Nicht zuletzt ist es dieser amüsiert-empathische Blick auf menschliches
Irren, der sich in den sehenswerten Bildern spiegelt. Coyne selbst brachte
es so auf den Punkt: „Viele meiner Arbeiten zeigen die Mühen des
Erwachsenwerdens, den Wunsch, frei zu sein, den ewigen Kampf zwischen Licht
und Dunkel, wo am Ende doch das Lächerliche triumphiert.“
1 Nov 2020
## LINKS
[1] /Kevin-Coyne-zum-75-Geburtstag/!5567886/
[2] /Mayo-Thompson-und-Scott-Walker/!5349040/
[3] https://www.youtube.com/watch?v=ELzZPt4VkcQ
[4] https://www.youtube.com/watch?v=HUeQNsQE6yo&list=PL94B3A84AA881E304
[5] /Konzert-von-Peter-Blegvad-in-Koeln/!5630613/
[6] /Romandebuet-von-Mayo-Thompson/!5549257/
[7] https://www.youtube.com/watch?v=O5Lr6oFfZ4g
## AUTOREN
Stephanie Grimm
## TAGS
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