# taz.de -- Erste schwarze US-Vizepräsidentin Harris: „Ich bin, wer ich bin�… | |
> Die Juristin Kamala Harris ging in ihrem Leben immer vorneweg. Dabei hat | |
> sie es immer wieder vermieden, ihre Identität in den Mittelpunkt zu | |
> stellen. | |
Bild: Kamala Harris bei ihrer Rede zum Sieg an diesem Samstag | |
BERLIN taz | [1][Kamala Harris] ist gewöhnt daran, die Erste zu sein. Sie | |
war die erste Schwarze Bezirksstaatsanwältin von San Francisco, die erste | |
weibliche Generalstaatsanwältin Kaliforniens und 2017 die erste Schwarze | |
Senatorin des Bundesstaats in Washington. Jetzt wird die Tochter einer | |
indischstämmigen Mutter und eines aus Jamaika stammenden Vaters die erste | |
Vizepräsidentin der USA und die erste Schwarze und Asian American auf | |
dieser Position obendrein. | |
Steht Joe Biden vor allem für die Rückkehr von Normalität, ist es Kamala | |
Harris, die in der langen Geschichte des Kampfs um Gleichberechtigung in | |
den USA für Aufbruch und Fortschritt steht. | |
Politisch ist Kamala Harris nicht so eindeutig mit klaren Adjektiven zu | |
beschreiben. Ihre politische Karriere ist voller Wendungen und wechselnder | |
Allianzen. Sie verfocht als Generalstaatsanwältin harte Strafen für | |
Marihuanabesitz – bis sie dann später für eine Legalisierung eintrat. Sie | |
ging hart gegen Schulschwänzer*innen vor, setzte aber Bodycams bei | |
Polizist*innen um. Sie stellte als Senatorin den [2][Green New Deal] vor, | |
ist aber eine der besten Fundraiserinnen für Großspenden aus Hollywood. | |
Klar zu fassen war sie nie, weshalb die Charakterisierung aus dem | |
Trump-Lager, sie sei das linksradikale U-Boot auf Bidens Ticket, so | |
lächerlich wirkte. | |
Und auch wenn sie sich selbst [3][in ihrer Siegesrede am Samstag] in die | |
lange Reihe Schwarzer Frauen stellte, ohne die dieser Moment nicht möglich | |
gewesen wäre, hat sie es in ihrer Karriere immer wieder vermieden, ihre | |
Identität zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen. Der Washington Post sagte | |
sie 2019, Politiker*innen müssten nicht aufgrund ihrer Herkunft oder | |
Hautfarbe in bestimmte Schubladen passen. „Mein Punkt war immer: Ich bin, | |
wer ich bin. Und ich bin o. k. damit.“ | |
## Von ihrer Umgebung zur Schwarzen gemacht | |
Die Lebenserfahrung einer 1964 in den USA geborenen und aufgewachsenen | |
Schwarzen Frau hat sie dennoch geprägt. Kritik, warum sie sich eigentlich | |
als Schwarz bezeichnet, obwohl sie doch keine Afroamerikanerin ist, | |
begegnet sie in ihrer Autobiografie. Darin beschreibt Harris, wie ihre | |
alleinerziehende Mutter, eine Krebsforscherin und Bürgerrechtsaktivistin, | |
sie und ihre Schwester im kalifornischen Oakland erzog: „Sie wusste, dass | |
ihre Wahlheimat Maya und mich als Schwarze Mädchen ansehen würde und wollte | |
unbedingt sicherstellen, dass wir selbstbewusste, stolze Schwarze Frauen | |
werden würden.“ | |
Erst 2017 in den Senat gewählt, wirkte ihre eigene Bewerbung um die | |
demokratische Präsidentschaftskandidatur nur zwei Jahre später wie von | |
Barack Obama abgekupfert. Harris’ eigener Wahlkampf aber kam über einen | |
guten Start mit einigen größeren Versammlungen nicht hinaus. Für | |
Progressive in der Partei war sie nicht progressiv genug: Neben Bernie | |
Sanders und Elizabeth Warren war für Harris auf der linken Seite des | |
Kandidat*innenfeldes kein Platz. Für die Zentrist*innen aber war sie zu | |
links. | |
Ihr stärkster Moment während des Vorwahlkampfes war ihr Auftritt bei der | |
Fernsehdebatte der Kandidat*innen in Miami, und der ging auf Kosten von Joe | |
Biden. Dem warf sie vor, in den 1970er Jahren gemeinsam mit | |
erzkonservativen republikanischen Senatoren gegen die Entsendung von | |
Schüler*innen aus Schwarzenvierteln auf überwiegend von Weißen besuchte, | |
meist bessere Schulen gewesen zu sein. „Es gab da ein kleines Mädchen in | |
Kalifornien, das in die zweite Klasse ging. Sie wurde jeden Tag auf eine | |
solche Schule gefahren. Dieses kleine Mädchen war ich“, sagte sie. | |
Aber bei diesem Moment blieb es. Anfang Dezember 2019 schied Harris aus dem | |
Rennen aus. Als Biden sich im März als demokratischer Frontrunner | |
abzeichnete, erklärte sie ihre Unterstützung für ihn. Im Senat allerdings | |
machte sie sich einen Namen als knallharte, furchtlose Befragerin während | |
verschiedener Anhörungen. Das alles machte sie zur idealen Wahl als | |
Vizepräsidentschaftskandidatin Bidens. Er selbst als charakterlicher | |
Anti-Trump und innerparteilicher Zentrist, sie als Hoffnungsträgerin mit | |
zumindest Offenheit gegenüber der Linken. | |
Vieles spricht dafür, dass Biden 2024, mit dann 82 Jahren, nicht wieder | |
antreten und Harris seine Nachfolgekandidatin werden wird. Wenn das | |
gelingen soll, muss er ihr mehr Profilierungsmöglichkeiten geben – ohne | |
sich selbst von Beginn an zur Lame Duck zu machen. Auch nicht so einfach. | |
8 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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