# taz.de -- Grünen-Politiker über EU-Agrarpläne: „Originell, aber totaler … | |
> Der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling kritisiert die von den Ministern | |
> geplante Agrarreform. Es handele sich um einen Etikettenschwindel. | |
Bild: Martin Häusling auf seinem Hof in Bad Zwesten | |
taz: Herr Häusling, die Agrarminister haben sich [1][doch noch auf eine | |
Reform geeinigt]. Die deutsche Ratspräsidentin Julia Klöckner [2][spricht | |
von einem Systemwechsel]. Ihre Reaktion? | |
Martin Häusling: Dieser Verkaufsversuch ist originell, aber inhaltlich ist | |
es totaler Quatsch. Das alte System der Agrarsubventionen bleibt erhalten, | |
wie es ist. Auch künftig werden 60 Prozent der Gelder nach Hektar vergeben. | |
Damit bleiben zum Beispiel die großen Agrarunternehmen im Vorteil. | |
Aber nun sollen doch neue Ökoregelungen kommen, die sogenannten Eco | |
Schemes? | |
Das ist Blabla. Die sind freiwillig, und wir wissen noch gar nicht, was die | |
Mitgliedstaaten daraus machen werden. | |
Sie werden also keine Steuerwirkung entfalten – hin zu einer ökologischen | |
Landwirtschaft? | |
Nein. Die Ambition ist so gering, dass man sich fast schämt. Dieser | |
Etikettenschwindel hat fast schon Trump’sche Dimensionen. | |
Die Agrarlobby scheint damit durchaus zufrieden … | |
Das wundert mich nicht. Der Dachverband Copa Cogeca sitzt seit 50 Jahren am | |
Tisch der Agrarminister. Die Lobbyisten sind immer dabei, auch beim Treffen | |
in Luxemburg konnten sie ihre Position in aller Ausführlichkeit schildern. | |
Die kritischen Umweltverbände waren nicht einmal eingeladen! | |
Scheitert nun der European Green Deal? | |
Der Ministerrat fällt EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gnadenlos | |
in den Rücken. Bei dieser „Reform“ fehlt sowohl die „Farm to Fork“- als | |
auch die Biodiversitätsstrategie. Wenn man bedenkt, dass die Landwirtschaft | |
etwa zu einem Viertel an den Treibhausgasen beteiligt ist, so ist der | |
„Green Deal“ schon im Ansatz gestorben. | |
Wer ist schuld? Hat Klöckner die Verhandlungen falsch geführt? | |
Ich würde Klöckner nicht aus der Verantwortung entlassen. Sie hat die „Eco | |
Schemes“ um zwei Jahre nach hinten verschoben, das ist inakzeptabel. Aber | |
es gibt noch ein grundsätzliches Problem. Die Agrarpolitik wird allein von | |
den Agrarministern gemacht, die Umweltminister fehlen. Das muss endlich | |
aufhören. | |
Die Agrarminister haben aber nicht das letzte Wort. Denn nun ist das | |
Europaparlament am Zug, es fordert mehr Geld für die Eco Schemes … | |
Das macht es kaum besser. Wir wissen doch nicht einmal, was diese Eco | |
Schemes genau sein sollen! Bisher sind sie nicht viel mehr als das alte | |
Greening, harte umweltpolitische Ziele stehen nicht dahinter. | |
Die endgültige Einigung steht noch aus. Anfang November kommt der | |
sogenannte Trilog, da kann die Kommission das Ergebnis noch nachbessern. | |
Macht Ihnen das Hoffnung? | |
Ich fürchte, dass die Kommission das Gesicht verlieren wird. Von der Leyen | |
und ihr Klimakommissar Frans Timmermans könnten zwar neue Vorschläge | |
einbringen, zum Beispiel bei Farm to Fork oder der Biodiversität. Aber | |
bisher haben sie keine Initiative ergriffen. Das war ja auch der Deal bei | |
der Wahl von der Leyens zur Kommissionspräsidentin – von der Agrarpolitik | |
soll sie die Finger lassen. Und das tut sie offenbar auch. | |
Ist das Ganze ein schlechtes Omen für Schwarz-Grün in Deutschland? | |
Ja, die plötzliche Eile ist kein gutes Zeichen. Offenbar hat es Klöckner | |
sehr eilig, ihre Reform noch vor der Bundestagswahl durchzubringen und den | |
Sack zuzumachen. Wenn es 2021 zu Schwarz-Grün im Bund kommen sollte, könnte | |
ein Agrarminister noch so grüne Ambitionen haben, es wird dann sehr schwer, | |
diese auch zu verwirklichen. | |
22 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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