# taz.de -- Kilimandscharo in Flammen: Brand an Gottes Haus | |
> Für die Massai-Nomaden ist der Kilimandscharo der Sitz Gottes. Am Sonntag | |
> war an der Südflanke des Bergs ein Großbrand ausgebrochen. | |
Bild: Feuer am höchsten Berg Afrikas, dem Kilimandscharo in Tansania | |
NAIROBI taz | Ein seit Sonntag dauernder Brand hat am Kilimandscharo in | |
Tansania großen Schaden angerichtet – und das Feuer wütet weiter. Auf | |
Satellitenbildern ist ein deutliches Ausbreiten der Flammen zu sehen, die | |
sich jetzt zudem geteilt haben. Der Großbrand war an der Südflanke des | |
Kilimandscharo ausgebrochen und hat seitdem nach offiziellen Angaben | |
mindestens 28 Quadratkilometer Heidefläche zerstört. | |
Die Behörden gehen davon aus, dass der Brand durch Bergführer verursacht | |
wurde, die ein Feuer machten, um das Essen für Touristen aufzuwärmen. Der | |
Brand verbreite sich sehr schnell durch den starken Wind und das trockene | |
Gebüsch, hieß es, und wüte auf enormer Höhe. Hunderte von | |
Feuerwehrmenschen, Mitarbeiter der nationalen Parkbehörden und Bewohner | |
seien Tag und Nacht damit beschäftigt, das Feuer unter Kontrolle zu | |
bekommen. | |
Es gibt öfter Feuer auf dem Kilimandscharo, der mit 5.985 Metern der | |
höchste Berg Afrikas ist. Aber dieses Mal ist das Feuer heftiger als in den | |
letzten Jahren. Die Vegetation ist momentan sehr ausgetrocknet, so knapp | |
vor der kleinen Regensaison, die für November erwartet wird. | |
Für die Massai, die am Fuße des Bergs leben, der ganz nah an der Grenze zu | |
Kenia liegt, war die in der Sonne glitzernde Eiskappe traditionell der Sitz | |
von Ngai, Gott. Naturschützer machen sich um eben diese Eiskappe schon | |
lange große Sorgen. Das Eis verschwindet nämlich immer schneller durch den | |
Klimawandel. Seit 1912 hat sich die Eisschicht um 85 Prozent verringert und | |
[1][Experten fürchten], dass sie bis zum Jahr 2030 völlig verschwunden sein | |
wird. | |
## Jährlich kommen 50.000 Bergsteiger-Touristen | |
Der Kilimandscharo wird jährlich von 50.000 touristischen Bergsteigern | |
besucht, aber durch das Coronavirus gab es dieses Jahr viel weniger | |
Reisende. Einige Bergsteigergruppen waren dennoch vor Ort – für sie hat nun | |
ein verzweifelter Abstieg begonnen. „Hier ist zu viel Rauch, wir haben | |
Angst vor einer Kohlenmonoxidvergiftung“, berichtete die Bergführerin | |
Debbie Bachmann, die am Donnerstag den Aufstieg mit einer Gruppe von | |
Deutschen, Österreichern und Schweizern abbrach. | |
Auf einem Foto war eine dichte Rauchwolke zu sehen, die den Weg versperrte. | |
Sie habe zunächst die Anweisung der Parkbehörde erhalten, sich mit ihrer | |
Gruppe im 4.673 Meter hoch gelegenen Barafu Camp in Sicherheit zu bringen, | |
sei dann aber zum Horombo-Lager hinabgeschickt worden. Ein Camp mit | |
Bergsteigern aus der Schweiz und anderen Ländern war in der Nacht bereits | |
wegen heranziehender Flammen geräumt werden, wie Tour-Organisatoren der | |
Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag sagten. | |
In Afrika kommen nur der Kilimandscharo, der Mount Kenya und die | |
Ruwenzori-Bergkette auf der Grenze zwischen Kongo und Uganda auf über 5.000 | |
Meter Höhe und haben tropische Gletscher – die zuletzt immer kleiner | |
wurden. Der US-amerikanische Klima- und Gletscher-Experte Douglas Hardy hat | |
im Februar den berühmten kanadischen Gletscherbesteiger Will Gadd auf den | |
Kilimandscharo begleitet. Gadd hilft dem UN-Umweltprogramm (Unep), für | |
fragile Berg-Ökosystemen und das Abschmelzen der Gletscher zu | |
sensibilisieren. „Die Gletscher auf dem Berg reagieren empfindlicher auf | |
Änderungen des Schneefalls, der Wolkendecke und der Luftfeuchtigkeit als | |
auf kleine Änderungen der Lufttemperatur.“ Die Erwärmung des Indischen | |
Ozeans, an dem Tansania liegt, soll dies ausgelöst haben, die Wettermuster | |
rund um Kilimandscharo verändert und zum Abschmelzen der Gletscher geführt | |
haben. | |
Der Berg, liebevoll Kili genannt, ist ein schlafender Vulkan mit drei | |
Gipfeln namens Kibo, Mawenzi und Shira. Die Bauern und Nomaden am Fuß des | |
Berges in Tansania und Kenia, ungefähr zwei Millionen Menschen, sind | |
großenteils abhängig vom Schmelzwasser, das dem Berg herunterströmt – und | |
das wird immer weniger. Die Regensaison in März und April war zwar | |
überreichlich und brachte auf den Spitzen viel Schnee, aber die Eiskappe an | |
sich wuchs nicht. Experten bemerken, dass das Eis nicht einmal schmilzt, | |
sondern größtenteils gleich verdampft. | |
15 Oct 2020 | |
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[1] /Klimareport-der-UN/!5045254&s=Kilimandscharo/ | |
## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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