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# taz.de -- Präsidentenwahl in Tansania: „Bulldozer“ baggert Wähler an
> Am Mittwoch will sich Präsident Magufuli in Tansania zu einer zweiten
> Amtszeit wählen lassen. Unter ihm ist das Land autoritärer geworden.
Bild: War früher Verkehrsminister, aus dieser Zeit stammt sein Spitzname „Bu…
Nairobi taz | Vor fünf Jahren gab es große Hoffnung im liberalen Tansania,
als John Magufuli zum Präsidenten gewählt wurde. Am 28. Oktober stehen
wieder Wahlen vor der Tür und statt Hoffnung gibt es bei vielen in der
Bevölkerung Angst und Frust. Magufuli trat anfangs bescheiden auf, hat sich
aber als autokratischer Führer entpuppt.
In Tansania trauen sich heute nur Politiker der ehemals sozialistischen
Regierungspartei CCM, die das Land seit der Unabhängigkeit regiert, ihre
Meinung zur Politik zu äußern, in geringerem Maße auch
Oppositionspolitiker. Doch unabhängige Experten, Journalisten, Aktivisten
und NGO-Mitarbeiter im Land antworten auf entsprechende Fragen mit: „Lieber
nicht, ich fürchte die Behörden.“
Das ist verständlich. In den letzten Jahren wurden Oppositionspolitiker
beschossen oder verprügelt, [1][Journalisten verhaftet, Publikationen
verboten]. Meinungsumfragen sind verboten, seit 2018 eine Untersuchung
zeigte, dass Magufulis Popularität von 96 Prozent zu Beginn seiner Amtszeit
auf 55 gesunken war.
„Viel hat damit zu tun, dass Magufuli ein Außenseiter war innerhalb der
CCM. Es fehlte ihm anfangs an einem einflussreichen Flügel in der Partei.
Er war verunsichert und setzte gleich nach seinem Sieg 2015 seine eigenen
Verbündeten auf wichtige Posten“, analysiert der tansanische
Wissenschaftler Thabit Jacob, der in Dänemark doziert. „Dazu kommt, dass er
keine Kritik vertragen kann.“
Im Wahlkampf sind die Bedingungen ungleich. Während Magufuli in den letzten
Jahren das Land bereiste und die 60 Millionen Einwohner ansprach, durften
die Oppositionsparteien das erst seit September tun. Dazu kommt, dass
Oppositionsparteien zwar einander unterstützen, aber keine offizielle
Koalition eingegangen sind. Unter diesen Umständen ist die Chance groß,
dass CCM und Magufuli gewinnen.
Tundu Lissu, der wichtigste Oppositionsführer, kann auf viel Sympathie
unter der Bevölkerung rechnen. Vor drei Jahren wurde der 55-Jährige von
Unbekannten beschossen. Er überlebte 16 Kugeln und 20 Operationen in
Belgien und Kenia und kehrte erst vor einigen Monaten zurück nach Tansania.
Die Bewunderung für Lissus Mut wird aber wohl nicht zum Sieg reichen.
Denn der 61-jährige Magufuli genießt breite Unterstützung wegen seiner
großen Infrastrukturprojekte. Der Ingenieur war früher Verkehrsminister,
aus dieser Zeit stammt sein Spitzname „Bulldozer“. Auch sorgte er 2017 mit
neuen Gesetzen dafür, dass Tansania mehr Einnahmen aus dem Bergbau erzielt,
der vor allem in Händen von ausländischen Firmen ist.
Trotz Corona – [2][von dem Magufuli behauptet, dass es in Tansania nicht
mehr existiert] – meldet die Regierung ein Wirtschaftswachstum von über 5
Prozent dieses Jahr. Doch die Regierung behandelt Wirtschaftsdaten wie
Staatsgeheimnisse und das sorgt für Misstrauen.
## Korruption gestiegen
Vor fünf Jahren hofften Tansanier vor allem, dass Magufuli sein Versprechen
halten würde, die Korruption zu bekämpfen, die unter seinem Vorgänger
Jakaya Kikwete stark zugenommen hatte. Aber laut Transparency International
ist sie gestiegen, trotz der Bemühungen des Präsidenten. „Es gab kaum
Verurteilungen von Menschen, die der Korruption beschuldigt wurden“, sagt
Thabit Jacob.
Der Professor in Dänemark macht sich Sorgen über die Zukunft. Vor allem
wegen der Gerüchte, dass Magufuli im Sinn habe, die Verfassung zu ändern,
um die Obergrenze von zwei Amtszeiten zu streichen und nach 2025
weiterzuregieren. „Der CCM-Parteitag 2022 wäre die Gelegenheit für ihn, um
so etwas aus dem Hut zu zaubern.“
28 Oct 2020
## LINKS
[1] /Pressefreiheit-in-Tansania/!5654128&s=Magufuli/
[2] /Coronavirus-in-Tansania/!5675918&s=Magufuli/
## AUTOREN
Ilona Eveleens
## TAGS
Tansania
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