# taz.de -- A 281-Bürgerinitiative löst sich auf: Ein langer Kampf | |
> 13 Jahre war die Bremer Bürgerinitiative „Für eine menschengerechte A | |
> 281“ aktiv, jetzt hört sie auf. Ihr Erfolg von 2010 steht auf wackligen | |
> Beinen. | |
Bild: Demo im Jahr 2008: Der Kampf gegen die Autobahn verbindet schon seit 13 J… | |
BREMEN taz | Eine „menschengerechte Autobahn“ – gibt es so etwas überhau… | |
Im Namen der Bürgerinitiative „Für eine menschengerechte A 281“, die seit | |
2007 die Bremer Politik gescheucht hat, steckt ein Kompromiss: Es gibt | |
Autobahnen, weil Menschen sie benutzen, offenbar also brauchen; andere | |
aber, das wohl soll das merkwürdige Wort „menschengerecht“ ausdrücken, | |
sollen möglichst wenig von Lärm und Abgas betroffen sein. Um das „möglichst | |
wenig“ geht es eigentlich bei jedem Straßenbau. | |
Als die Planer, die inzwischen unter dem Namen „DEGES“ firmieren und hier | |
einfachheitshalber als „Verwaltung“ bezeichnet werden sollen, die | |
Streckenführung der A 281 durch die Bremer Neustadt vorstellten, herrschte | |
bei der „Politik“ (den etablierten Parteien der Bürgerschaft) Freude | |
darüber, dass der Autobahnring endlich geschlossen würde. Der Ringschluss | |
versprach, dass die Unternehmen des GVZ endlich Ruhe geben und die Staus | |
auf der Neuenlander Straße aufhören würden. | |
Negativ betroffene Anwohner der Trassenführung schien es wenige zu geben – | |
an sie dachte zumindest niemand. Ein klares Politikversagen, eigentlich | |
sollte „die Politik“ ja „die Verwaltung“ kontrollieren im Interesse der | |
betroffenen Bürger. In diese Lücke hinein gründeten sich verschiedene | |
Bürgerinitiativen – eben auch Betroffene von den Staus. | |
Als sie sich im März 2007 zusammenschlossen, regierte noch die große | |
Koalition und das Bauressort lag in der Verantwortung der CDU. Erst im Juni | |
kam Reinhard Loske von den Grünen ins Amt. Als Opposition hatten die Grünen | |
die Planungen abgelehnt, aber Senator Loske entpuppte sich schnell als | |
einer, der den Konflikt mit einer Verwaltung mehr als den mit | |
Bürgerinitiativen fürchtet. Und die Grünen als Partei waren so froh, | |
endlich mitregieren zu können, dass sie alles vermieden, was ihren Senator | |
demontieren könnte. | |
Die Bürgerinitiativen konfrontierten alle Parteien mit einem gemeinsamen | |
Nenner ihrer Kritik, die sie unter dem Schlagwort „Monsterknoten“ | |
popularisierten. Der Kopf der BI, Norbert Breeger, entwickelte sich zum | |
Spezialisten in Sachen Verwaltungsplanung, den die Grünen in ihren Reihen | |
gut hätten gebrauchen können – wenn sie nicht in seinem Kernanliegen durch | |
„ihren“ Senator festgelegt gewesen wären. | |
Breeger und seine Mitstreiter überzeugten mit fachlichen Argumenten nicht | |
nur die Stadtplaner der Grünen, sondern bis hin zur SPD und der CDU – der | |
„Monsterknoten“ hatte zwei Jahre nach Gründung der BI keine politische | |
Mehrheit mehr in der Stadt. Aber niemand hatte den Mut, die „Verwaltung“ | |
unter Kontrolle zu nehmen, die mit dem Bundesministerium für Verkehr in | |
Berlin über Bande spielte – und von daher sollte immerhin das Geld für den | |
Ringschluss kommen. | |
Die Bürgerinitiative musste vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen – und | |
das beschloss am 10. 11. 2010: „Der Planfeststellungsbeschluss vom 7. 4. | |
2009 ist rechtswidrig und darf nicht vollzogen werden.“ Das Ressort des | |
grünen Senators Loske hatte nicht mit einer derart schallenden Ohrfeige vor | |
Gericht gerechnet, es hatte eine Pressemitteilung vorbereitet, die die | |
Niederlage der BI als Erfolg für Bremen feierte. Der Entwurf verschwand im | |
Papierkorb. Das Urteil wurde von der „Politik“ zum Anlass für Verhandlungen | |
mit den Vertretern der Bürgerinitiativen genommen, ein „Runder Tisch“ wurde | |
eingerichtet, an dem „die Verwaltung“ sich den kritischen Fragen der BI | |
stellen musste. | |
Man einigte sich auf eine neue Trassenführung ohne „Monsterknoten“ und | |
darauf, dass die Abzweigung Richtung Brinkum auf jeden Fall als „Tunnel“ | |
unter der Landebahn hindurch in größerer Entfernung zur lärmgeplagten | |
Wolfskuhlen-Siedlung geführt werden sollte. „Bremer Vorzugsvariante“ heißt | |
das seitdem. Auch die CDU stimmte damals zu. | |
Dieser lokale Kompromiss war jedoch ohne den Wirt, der bezahlen muss, | |
gemacht worden – vor allem das Verkehrsministerium in Berlin. Eine Chance | |
gehabt hätte die Lösung nur, wenn auch die Bremer Verwaltung gegenüber | |
Berlin signalisiert hätte: Entweder das oder nichts. Aber der grüne | |
Verkehrssenator – inzwischen mit Namen Joachim Lohse – ließ zu, dass die | |
Bremer Verwaltung auch die Berliner Vorzugsvariante beim | |
Bundesverkehrswegeplan anmeldete. | |
Die BI also trat ein zweites Mal den Weg zum Bundesverwaltungsgericht ein, | |
um die Schließung des Autobahnrings zwischen Neuenlander Ring und | |
Autobahnauffahrt Arsten an der Kattenturmer Heerstraße zu verhindern. In | |
der Neustadt führt das fertige Teilstück der A 281 Autofahrer aktuell zwar | |
runter auf die Neuenlander Straße – eine Autobahnauffahrt in Richtung | |
Innenstadt gibt es aber nicht. Zwei Spuren enden im Nichts. | |
Das Problem, das die BI mit der Fertigstellung hat: Um die | |
Autobahnteilstücke zwischen Arsten und Neustadt zu errichten, müsste der | |
Tunnel-Trog der Neuenlander Straße erneuert werden. Für ein bis drei Jahre | |
würde dort eine vierspurige Autobahnzubringertrasse mehr oder weniger | |
gesperrt. 40.000 Autos fahren dort jeden Tag – für die Stadtteile Neustadt | |
und Obervieland drohe ein Verkehrschaos, so das Argument der BI. | |
## Unterirdische Abzweigung | |
Sie hätte es deshalb vorgezogen, wenn zunächst die unterirdische Abzweigung | |
nach Brinkum, die sogenannte B6n gebaut würde, bevor die Neuenlander Straße | |
gesperrt wird und zwar über den beschlossenen Tunnelkompromiss. Das würde | |
später einen Teil des Verkehrs umleiten – und zugleich sicherstellen, dass | |
die Vorzugsvariante tatsächlich gebaut würde. Eine Sorge der | |
Bürgerinitiative ist nämlich, dass nach Bau des teuren Teilstücks nach | |
Arsten das Geld für diese Variante endgültig fehlt. Klagerecht dafür hatte | |
aber nicht die Bürgerinitiative, sondern nur ein betroffener alter Bauer, | |
von dessen Garten ein Streifen enteignet werden soll. | |
Das Bundesverwaltungsgericht zeigte im Juli 2020 nun die kalte Schulter: | |
Der Abzweig nach Brinkum, die sogenannte „B6n“, hat planungsrechtlich | |
nichts mit der A 281 zu tun, stellten die Richter fest. Und bestätigten so | |
den Trick der Verwaltung, den die Bremer Politiker nicht verhindert hatten: | |
Zwei Straßen, die verkehrstechnisch unmittelbar zusammen hängen, werden | |
planerisch getrennt. Damit hatte die Bremer Politik den Faustpfand aus der | |
Hand gegeben. Es ist damit wahrscheinlicher geworden, dass Berlin die | |
Bremer Politik künftig unter Druck setzt, die Trasse an der Wohnsiedlung | |
entlang doch zu genehmigen. | |
Dass vom absehbaren Verkehrschaos nicht nur Anwohner betroffen sind, | |
sondern der gesamte Stadtbereich links der Weser, wird „die Politik“ ernst | |
nehmen, wenn es zu spät ist. Die Unterschriften der Politiker unter die | |
Bremer Vorzugsvariante kann man dann wohl vergessen: Alles spricht dafür, | |
dass „die Verwaltung“ sich durchsetzen wird. | |
22 Oct 2020 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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