# taz.de -- Trostfrauen-Mahnmal in Berlin: SPD will „Friedensstatue“ erhalt… | |
> Eine Trostfrauen-Statue gegen sexuelle Gewalt im Pazifikkrieg soll weg. | |
> Es heißt, das Thema sei für eine Aufarbeitung in Deutschland nicht | |
> geeignet. | |
Bild: Die Trostfrauen-Statue in Berlin-Moabit soll Mitte Oktober abgebaut werden | |
BERLIN taz | In den Konflikt um die Trostfrauen-Statue in Berlin-Moabit | |
kommt Bewegung: Der SPD-Kreisverband Mitte erklärte am Montag, man fordere | |
„das Bezirksamt auf, eine öffentliche Veranstaltung über den Erhalt der | |
Friedensstatue in der Ecke Bremer Straße/Birkenstraße in Moabit zu | |
veranstalten und die Aufhebung der Genehmigung zurückzunehmen.“ Das | |
erklärten die Kreisvorsitzenden Julia Plehnert und Yannick Haan. | |
Die Bronzestatue einer koreanischen Zwangsprostituierten der japanischen | |
Armee im Zweiten Weltkrieg ist ein Mahnmal gegen sexuelle Kriegsgewalt. Es | |
war offiziell vom Bezirksamt genehmigt und am 28. September vom | |
unabhängigen deutsch-koreanischen Korea Verband e.V. aufgestellt worden. | |
Das Amt widerrief jedoch seine Genehmigung, nachdem [1][Japans Regierung] | |
darauf gedrängt hatte. Die Statue soll bis zum 14. Oktober entfernt werden. | |
Tokio hat schon mehrfach das [2][Aufstellen solcher Statuen] verhindert, | |
war damit aber auch schon wie etwa in Seoul oder San Francisco häufig | |
gescheitert. Nach Ansicht von Beobachtern dient der Umgang Japans | |
rechtskonservativer Regierungen mit dem Thema nicht einer Aufarbeitung und | |
Verhinderung sexualisierter Kriegsgewalt, sondern fördert ihre Verleugnung | |
und Bagatellisierung. | |
Laut dem SPD-Co-Kreisvorsitzenden Haan ist die Statue ein „wichtiger | |
Beitrag gegen sexualisierte Kriegsgewalt gegen Frauen“. Bei einem solchen | |
Thema müsse ein Amt die Entscheidungen transparent darstellen. „Das ist in | |
diesen Fall nicht passiert“, so Haan. Gute Beziehungen zu Japan und die | |
Städtepartnerschaft mit Tokio seien dem SPD-Kreisverband wichtig, doch die | |
Aufarbeitung der Geschichte sollte „auch die breite Zivilgesellschaft | |
teilhaben lassen“. | |
## Vorkämpferinnen gegen sexuelle Versklavung im Krieg | |
Japans Armee verschleppte im Zweiten Weltkrieg mindestens 200.000 Frauen | |
aus eroberten asiatisch-pazifischen Gebieten in Truppenbordelle. Frühere | |
Zwangsprostituierte trauten sich erst ab 1991, ihr Schicksal öffentlich zu | |
machen. Sie gelten heute als mutige Vorkämpferinnen für die | |
völkerrechtliche Verurteilung von Vergewaltigung und sexueller Sklaverei im | |
Krieg. Die Massenvergewaltigungen in Bosnien, Kongo und Irak zeigen die | |
Aktualität des Themas. | |
Doch das Bezirksamt wertete in seinem Widerruf die Statue auf Druck Tokios | |
als einseitige Parteinahme für Korea in einem Geschichtsstreit mit Japan. | |
So erklärte [3][Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel] (Bündnis 90/Die | |
Grünen): „Mit der Friedensstatue und ihrer Texttafel wird ein | |
politisch-historisch belasteter und komplexer Konflikt zwischen zwei | |
Staaten aufgegriffen, der sich nicht für die Aufarbeitung in Deutschland | |
eignet.“ Die Genehmigungsbehörde müsse „grundsätzlich auf Parteinahme in | |
zwischenstaatlichen und insbesondere historischen Konflikten verzichten“. | |
Von Dassel sprang damit seiner Parteifreundin Sabine Weißler bei, der | |
Bezirksstadträtin für Weiterbildung, Kultur, Umwelt, Natur, Straßen und | |
Grünflächen. | |
Aus Protest gegen die Entscheidung rufen die InitiatorInnen der Statue | |
unter dem Motto „Berlin, sei mutig! Die [4][Trostfrauenstatue] muss | |
bleiben!“ für Dienstag 12 Uhr zu einer Kundgebung an dem Mahnmal in Moabit | |
auf. „Mit einer Entfernung der Statue stellt sich Deutschland auf die Seite | |
der Verbrecher und arbeitet zudem aktiv gegen die Sichtbarkeit | |
institutionalisierter sexueller Gewalt und sexueller Gewalt im | |
Allgemeinen“, heißt es in dem Aufruf. | |
„Wir wollen, dass Deutschland sich klar gegen sexualisierte | |
Kriegsverbrechen positioniert und ein Land der Erinnerungskultur bleibt. | |
Die Pflege diplomatischer Beziehungen darf kein Grund sein, den | |
Überlebenden ihr Anrecht auf Gedenken zu nehmen.“ TeilnehmerInnen sollen | |
sich auf Stühle neben die Statue setzen. Danach geht es vor das Rathaus | |
Tiergarten. | |
## Widerspruch im Eilverfahren | |
Nataly Han Jung-Hwa, Geschäftsführerin des in Moabit ansässigen Korea | |
Verbands, sagte der taz, eine Anwältin des Vereins werde noch bis zum 14. | |
Oktober im Eilverfahren Widerspruch gegen den Amtsbescheid einlegen. | |
Zunächst gehe es um eine aufschiebende Wirkung, dass die Statue bleiben | |
könne, bis über die Rechtsgültigkeit entschieden sei. | |
Auch eine offene [5][Petition], an der zwei führende deutsche | |
Japanologinnen mitwirkten, fordert das Bezirksamt auf, seine Entscheidung | |
zu überdenken. „Dass eine Friedensstatue in Berlin unter außenpolitischem | |
Druck einer anderen Regierung entfernt werden soll, greift sowohl in die | |
Freiheit der Kunst als auch in die notwendige Erinnerungsarbeit ein“, heißt | |
es in dem offenen Brief. | |
Eine prominente Unterstützerin der Petition ist [6][Soyeon Schröder-Kim], | |
die koreanischstämmige Ehefrau des Ex-Bundeskanzlers Gerhard Schröder | |
(SPD). Sie schrieb in einem offenen Brief an von Dassel bei Facebook: | |
„Deutsche Behörden sollten sich nicht daran beteiligen, japanische | |
Kriegsverbrechen, auf die eine unabhängige Bürgerinitiative hinweist, zu | |
unterdrücken.“ Sie hoffe gemeinsam mit ihrem Mann, dass das Bezirksamt | |
Berlin-Mitte bei seiner Entscheidung, die „Friedensstatue“ zu genehmigen, | |
bleibe. | |
Die Direktorin des „[7][Womens’ Active Museum on War and Peace]“ aus | |
Shinjuku, dem Tokioter Partnerbezirk von Mitte, Mina Wanatabe, schrieb von | |
Dassel, sie schäme sich dafür, dass Japans Regierung Druck auf Berlin | |
ausübe. Sie verwies auf Resolutionen des Europarlaments und des | |
UN-Menschenrechtrats, die eine Anerkennung des Unrechts an den | |
„Trostfrauen“ einforderten und sich für aufklärerische Maßnahmen | |
aussprechen. | |
13 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Gedenken-an-Trostfrauen/!5719024 | |
[2] /Umgang-mit-sexualisierter-Kriegsgewalt/!5716087 | |
[3] https://www.berlin.de/ba-mitte/aktuelles/pressemitteilungen/2020/pressemitt… | |
[4] https://www.koreaverband.de/termin/berlin-sei-mutig-friedensstatue-demonstr… | |
[5] https://trostfrauen.de/offener-brief-friedensstatue/ | |
[6] https://web.facebook.com/profile.php?id=100024029680606 | |
[7] https://wam-peace.org/en/news/894 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
## TAGS | |
Trostfrauen | |
Japan | |
Zwangsprostitution | |
Südkorea | |
Mahnmal | |
Trostfrauen | |
Trostfrauen | |
Japan | |
Südkorea | |
Kunst Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
„Trostfrauen“-Mahnmal in Moabit: Weiter Zoff um die Statue | |
Japans Regierung hat erneut gegen das Denkmal für koreanische „Trostfrauen“ | |
in Moabit protestiert. Der Streit um die Statue dauert seit einem Jahr an. | |
Gedenkorte für O-Platz und „Trostfrauen“: Denkmäler, die fehlten | |
Auf dem Oranienplatz haben AktivistInnen ein Denkmal gegen Polizeigewalt | |
gebaut, in Moabit wird für die „Trostfrauen“ gekämpft. Ein Wochenkommenta… | |
Umgang mit sexualisierter Kriegsgewalt: Tokio gegen Frauenstatue in Berlin | |
In Berlin-Moabit erinnert eine koreanische Statue an Zwangsprostituierte im | |
Pazifikkrieg. Japans Regierung drängt darauf, dass sie entfernt wird. | |
Debatte Trostfrauen in Südkorea: Zum Nutzen der Nation | |
Koreanerinnen wurden im Zweiten Weltkrieg in japanische Militärbordelle | |
verschleppt. Heute wird ihr Leid politisch instrumentalisiert. | |
Galerieempfehlung für Berlin: Erinnern und Vergessen | |
Tipp der Woche: Chan Sook Choi erforscht Migrationsgeschichten japanischer | |
und koreanischer Frauen. Die taz sprach mit der Künstlerin. |