Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gedenken an „Trostfrauen“: Berlin-Mitte kuscht vor Tokio
> Das Berliner Bezirksamt fordert nach japanischem Druck die Entfernung
> einer „Trostfrauen“-Statue. Dabei hatte es sie zunächst genehmigt.
Bild: Die Bronzestatue einer koreanischen Zwangsprostituierten soll auf Wunsch …
Berlin taz | Wegen „erheblicher Belastungen des deutsch-japanischen
Verhältnisses“ hat der Fachbereich Straßen- und Grünflächenverwaltung im
Bezirksamt Mitte von Berlin die Entfernung einer „Friedensstatue“ genannten
Skulptur bis zum 14. Oktober verlangt. Die Bronzestatue, die eine
koreanische Zwangsprostituierte des japanischen Militärs im Zweiten
Weltkrieg symbolisiert, wurde am 28. September von der Berliner
Nichtregierungsorganisation Korea Verband e.V. an einer Straßenecke im
Stadtteil Moabit aufgestellt.
Das für Moabit zuständige Bezirksamt hatte dies nach Empfehlung seiner
„Kommission Kunst im Stadtraum/Kunst am Bau“ im Juli bewilligt. Doch
Bauarbeiten an einer Gasleitung verhinderten zunächst die geplante
Aufstellung am 14. August, dem 29. Jahrestag, an dem erstmals eine frühere
Zwangsprostiuierte ihr Schicksal öffentlich gemacht hatte. Die
[1][Vertuschung, Verdrängung und Bagatellisierung sexualisierter
Kriegsgewalt] wurde darauf auch international zum Thema.
Ab dem 29. September hatte [2][die konservative japanische Regierung
bundesdeutsche und Berliner Stellen bis hin zum Auswärtigen Amt gedrängt,
die Statue zu entfernen]. Das Auswärtige Amt hatte dazu eine Stellungnahme
gegenüber der taz ebenso abgelehnt wie Japans Botschaft in Berlin. Ein
japanischer Medienbericht wie auch die Sprecherin der Berliner
Senatskanzlei bestätigten aber entsprechende Gespräche.
Am späten Mittwochnachmittag überbrachten jetzt zwei MitarbeiterInnen des
zuständigen Bezirksamts dem deutsch-koreanischen Verein „gegen
Empfangsbekenntis“ den Widerruf der Genehmigung. Darin wird die Beseitigung
der von Tokio kritisierten Statue bis zum 14. Oktober verlangt und darauf
verwiesen, dass ein etwaiger Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe.
## Kein Verständnis für Kehrtwende des Bezirksamts
Das der taz vorliegende vierseitige Schreiben versucht den Eindruck zu
erwecken, als hätten die Antragsteller das Bezirksamt getäuscht. So sei dem
Amt der Text auf den Begleittafeln der Statue nicht bekannt gewesen. Fehler
werden dem Text jedoch nicht attestiert, vielmehr sei er „auf und gegen
Japan fixiert“ und eine „gezielte Kommentierung japanischer Politik von
koreanischer Seite“. Dies entspreche „nicht dem gewünschten humanistischen
Statement unabhängig von Zeit, Ort und Anlass der gewalttätigen Konflikte“.
Laut dem Schreiben hätte das Amt sogar gewünscht, dass „die sexuellen
Gewaltverbrechen auch der deutschen Soldaten ebenfalls kontextualisiert“
worden wären.
Laut Bezirksamt könne nur eine Entfernung der Statue aus dem öffentlichen
Raum „die diplomatischen Probleme“ ausräumen. Diese werden nicht näher
benannt, außer dass „eine konkrete Störung der guten außenpolitischen
Beziehungen Deutschlands zu Japan eingetreten sei“. Etwaige
Städtepartnerschaften seien gefährdet. Auch Berlin-Mitte hat
Partnerschaften in Japan.
Ein Verweis auf die „wichtigen Belange des Bundes“ lässt vermuten, dass das
Auswärtige Amt beim Bezirksamt interveniert hat. Dieses räumt denn auch
ein, dass keine Erlaubnis erteilt worden wäre, hätte es „die harschen
Reaktionen der japanischen Regierung“ absehen können.
Beim Korea Verband schüttelt man hierüber nur den Kopf. Denn der 13-seitige
Antrag zur Genehmigung der Statue, der der taz vorliegt, enthält explizit
den Hinweis, dass japanische Reaktionen zu erwarten seien. Auch sei darauf
verwiesen worden, dass die Initiative zur Statue von einem Verein
mehrheitlich deutscher StaatsbürgerInnen ausgehe, die nicht die Interessen
des südkoreanischen Staates vertreten, sondern sich für Frauen einsetzten.
## Gegen eine Wiederholung solcher Verbrechen
„Wir haben das Amt nicht in die Irre geführt“, sagt die Geschäftsführerin
des Korea Verbandes, Nataly Han Jung-Hwa. Wenn dem Bezirksamt die
Begleittafel so wichtig sei, warum habe es den Text nicht vorher sehen
wollen? Von den zwei Tafeln erläutert eine die Bedeutung der Statue im
Kampf der sogenannten Trostfrauen für ihre Rechte. Die andere erwähnt
äußerst knapp deren Verschleppung im Zweiten Weltkrieg durch das japanische
Militär.
Das leugnen Japans Rechte bis heute, und das dürfte der Hauptgrund für
Tokios Widerstand sein. „Auf der Tafel zur Statue steht: ‚Sie würdigt den
Mut der Überlebenden, die am 14. August 1991 ihr Schweigen brachen und sich
gegen eine Wiederholung solcher Verbrechen weltweit einsetzen.‘ Das sagt
doch alles und genau das ist unser Ziel,“ sagt Han. Ihr Verein wolle sich
jetzt beraten und dann über weitere Schritte entscheiden.
8 Oct 2020
## LINKS
[1] /Gedenken-an-Zwangsprostitution-in-Korea/!5448363
[2] /Umgang-mit-sexualisierter-Kriegsgewalt/!5716087
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Japan
Südkorea
Sexuelle Gewalt
Zwangsprostitution
Gedenken
Trostfrauen
Japan
Japan
Japan
Südkorea
Zwangsprostitution
## ARTIKEL ZUM THEMA
„Trostfrauen“-Mahnmal in Moabit: Weiter Zoff um die Statue
Japans Regierung hat erneut gegen das Denkmal für koreanische „Trostfrauen“
in Moabit protestiert. Der Streit um die Statue dauert seit einem Jahr an.
Streit um Statue beigelegt: Japan gefällt das nicht
Die sogenannte Trostfrauenstatue war am Dienstagabend Thema in der BVV
Mitte. Nun kann sie dauerhaft bleiben.
Entfernung einer „Trostfrauen“-Statue: Rechthaberei statt Trost
Statt sexualisierte Kriegsgewalt zu bekämpfen, geht Tokio gegen eine Statue
vor, die diese Gewalt thematisiert. Und Berlins Bezirksamt knickt auch noch
ein.
Umgang mit sexualisierter Kriegsgewalt: Tokio gegen Frauenstatue in Berlin
In Berlin-Moabit erinnert eine koreanische Statue an Zwangsprostituierte im
Pazifikkrieg. Japans Regierung drängt darauf, dass sie entfernt wird.
Debatte Trostfrauen in Südkorea: Zum Nutzen der Nation
Koreanerinnen wurden im Zweiten Weltkrieg in japanische Militärbordelle
verschleppt. Heute wird ihr Leid politisch instrumentalisiert.
Kriegsverbrechen-Denkmal in Freiburg: Keine Erinnerung an „Trostfrauen“
Freiburgs Bürgermeister will keine Statue zur Erinnerung an die Verbrechen
Japans in Südkorea aufstellen. Es ist ihm zu heikel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.