| # taz.de -- Galerieempfehlung für Berlin: Erinnern und Vergessen | |
| > Tipp der Woche: Chan Sook Choi erforscht Migrationsgeschichten | |
| > japanischer und koreanischer Frauen. Die taz sprach mit der Künstlerin. | |
| Bild: Chan Sook Choi, „Archive Yangjiri“, Multimedia-Installation, Fotos, S… | |
| Ein geerbtes Fotoalbum gibt Chan Sook Choi die Route vor. Die Künstlerin | |
| versucht den Weg ihrer Großmutter nachzuvollziehen, die als japanische Frau | |
| eines koreanischen Arbeiters nach Ende der japanischen Kolonialherrschaft | |
| nach Korea zog, eine junge Migrantin wie sie selbst, Jahrzehnte später in | |
| Berlin. | |
| In einer Videoarbeit spürt Chan Sook Choi den Orten auf den Fotos nach. Im | |
| [1][Grimmuseum] sind eine Preview dieses Langzeitprojekts und auch andere | |
| Arbeiten der Künstlerin zu sehen, in denen sie sich mit weiblicher | |
| Migration und Identität beschäftigt. | |
| Vor allem am Beispiel zweier Gruppen: Japanerinnen wie ihre Großmutter, | |
| denen in Korea aufgrund ihrer Herkunft Ablehnung entgegenschlug, und | |
| sogenannte Trostfrauen, koreanische Zwangsprostituierte in japanischen | |
| Kriegsbordellen. | |
| Chan Sook Choi hat Interviews mit Frauen geführt, in denen sie in | |
| Bruchstücken von persönlichen Erinnerungen erzählen – gleichzeitig sensible | |
| Annäherungen an individuelle Biografien wie fragmentartige Bilder für das | |
| Gefühl des Entwurzeltseins. | |
| Die Künstlerin verwebt diese in der Ausstellung mit einer Reise in ein | |
| einst aus Propagandagründen errichtetes Minbuk-Dorf nahe der | |
| nordkoreanischen Grenze. Aufgesplittert in seine Bestandteile wird der Ort | |
| in ihrer Installation zum identitätskonstruierenden Moment. | |
| Einblick (645): Chan Sook Choi, Künstlerin | |
| taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? | |
| Und warum? | |
| Chan Sook Choi: Pina Bausch und das Tanztheater im Martin-Gropius-Bau. Die | |
| Ausstellung kombiniert ihre Biografie mit ihrem Blick auf den Tanz und den | |
| entstandenen Choreografien. Besonders gefallen hat mir die Arbeit über ihre | |
| Stücke, die als 6-Channel-Video-Installation gezeigt wird. Eine geniale | |
| Idee. So ergibt sich eine Art Lebenslinie ihres Werks. Und trotz der | |
| Vermittlung durch Film lässt sich die ungeheure innere Energie spüren. | |
| Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen? | |
| In der Nähe meiner Wohnung gibt es einen Jazzkeller mit Live-Musik – | |
| Kunstfabrik Schlot. Die Atmosphäre ist gut und die Drinks sind es auch. Man | |
| kann dort z. B. mit Freunden beim Montagsjazz oder Blues on Tuesday eine | |
| gute Zeit verbringen. | |
| Welche Zeitschrift/welches Magazin/welches Buch begleitet dich zurzeit | |
| durch den Alltag? | |
| Zurzeit lese ich eine klassische chinesische Schrift: das Daodejing von | |
| Laozi. Eine Sammlung von Aphorismen, die die Basis für den Daoismus sind. | |
| Sie sind für mich eine Inspiration für meine Haltung im Alltag. | |
| Was ist dein nächstes Projekt? | |
| Im Grimmuseum läuft gerade meine Ausstellung RE MOVE über | |
| Migrationsgeschichten japanischer und koreanischer Frauen während des | |
| Zweiten Weltkriegs und danach. Außerdem arbeite ich an der Konzeption einer | |
| Medienfassade für das Humboldt-Forum, die zu den Asien Pazifik Wochen 2017 | |
| gezeigt werden soll. In „Yin Yang Su Wha“ will ich die Energie (Qi) der | |
| fünf Elemente (Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser) in eine digitale | |
| Sprache verwandeln. | |
| Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten | |
| Freude? | |
| Mich mit befreundeten Künstler_innen in der Berliner Szene treffen. | |
| Besonders gern gehe ich zu den Eröffnungen von [2][NON Berlin]. Ein Ort für | |
| asiatische zeitgenössische Kunst und Knotenpunkt für den Austausch zwischen | |
| asiatischer und europäischer Kunstszene. Die Ausstellungen sind fast immer | |
| interessant, die Leute nett und oft entwickeln sich gute Gespräche. | |
| Text und Interview erscheinen im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und | |
| Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz | |
| 26 Oct 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://grimmuseum.com/ | |
| [2] http://www.nonberlin.com/ | |
| ## AUTOREN | |
| Beate Scheder | |
| ## TAGS | |
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