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# taz.de -- Räumung in Berlin-Friedrichshain: Polizei steigt Anwohnern aufs Da…
> Die Polizei sichert Dächer rund um das räumungsbedrohte Projekt Liebig 34
> mit Stacheldraht. Laut Anwohnern wollen die Beamten über Nacht bleiben.
Bild: Polizisten mit Stacheldraht auf einem der Häuser an der Liebigstraße am…
Berlin taz | Die Berliner Polizei ist am frühen Donnerstagmorgen in mehrere
Häuser im Stadtteil Friedrichshain eingedrungen. Betroffen sind nahezu alle
Gebäude rund um das anarcha-queer-feministische Hausprojekt Liebig 34,
[1][das am Freitag geräumt werden soll]. Auf den Dächern rollten die
Beamten Stacheldraht aus. Unten auf der Straße wurden Polizeigitter
aufgestellt. Dazwischen brachten Eltern ihre Kinder in benachbarte Schulen
und Kitas, die trotz Sperrzone am Donnerstag noch geöffnet sind.
Die Beamten seien gegen 6.30 Uhr gekommen und gleich aufs Dach gestiegen,
berichten Bewohner*innen der Liebigstraße 15. Dieses Haus war, wie die
schräg gegenüberliegende Nummer 34 und viele weitere Gebäude in der Gegend,
1990 besetzt worden. Im Jahr 2002 wurde das Haus von der Genossenschaft
Bremer Höhe übernommen und von den BewohnerInnen saniert.
Die Polizei habe behauptet, vorab bei der Genossenschaft angefragt zu
haben, ob sie in das Gebäude dürfe. Dies sei aber definitiv eine Lüge,
sagte ein Bewohner der Hauses, der zugleich Mitarbeiter der Genossenschaft
ist.
Die Polizisten hätte angekündigt, bis zum nächsten Tag auf dem Dach und im
Dachboden zu bleiben, berichten die BewohnerInnen. Sie wollen nun
rechtliche Schritte gegen die „Dauerbesetzung“ ihres Hauses prüfen.
Die Aktion sei Teil [2][der angekündigten umfangreichen Sicherungsmaßnahmen
vor der Räumung], teilte eine Sprecherin der Polizei mit. Dabei würden
Schonsteine und Dächer kontrolliert, da die meisten Dächer in dem Bereich
miteinander verbunden sind. Ob die Beamten über Nacht in den Häusern
bleiben würden, wollte sie nicht bestätigen. Es sei aber sicher, dass sie
vor der Räumung nicht wieder aus dem Bereich abziehen werde.
Das räumungsbedrohte Hausprojekt Liebig 34 befindet sich in einem Eckhaus
an der Kreuzung zur Rigaer Straße. Laut Canan Bayram, grüne
Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg, haben sich
Beamte auf allen Eckhäusern an der Kreuzung, dem sogenannten „Dorfplatz“,
postiert. Dort sei „Natodraht der übelsten Sorte“ ausgerollt worden. So
solle verhindert werden, dass Leute über die Dächer bis zur Kreuzung
gelangen und die Polizei beim eigentlichen Einsatz bewerfen. Diese Sorge
der Polizei erschien ihr aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre „nicht
abwegig“.
Dennoch stelle sich die Frage, ob diese Sicherungsmaßnahmen schon am Tag
vor der Räumung verhältnismäßig seien, sagte Bayram. Beobachter argwöhnen,
dass die Polizei das Eintreffen des Gerichtsvollziehers erst gar nicht
abwarten könnte, sondern eine Eskalation im Vorfeld für die Räumung nutzen
könne.
## Ein Symbol für die linke Szene bundesweit
Das Hausprojekt Liebig 34 ist eines der linksradikalen Symbolprojekte der
Stadt. Das bunt bemalte Haus, das ausschließlich von Personen bewohnt wird,
die weder von Geburt an als Mann definiert wurden, noch sich selbst so
definieren, hatte im Juni seinen 30. Geburtstag gefeiert. Die
Bewohner*innen hatten über einen Verein einen zehnjährigen
Gewerbemietvertrag, der vor zwei Jahren endete. Ein Gericht bestätigte
letztlich die Übergabe des Hauses an den Eigentümer. Der Gerichtsvollzieher
hat sich für Freitagmorgen angekündigt.
Einen Antrag des Anwalts der Bewohner*innen, die Vollstreckung des
Räumungsurteils vorerst auszusetzen, hatte das Kammergericht bereits am
Dienstag zurückgewiesen, wie aktuell mitgeteilt wurde. Zur Begründung hieß
es vom Gericht, bei der Abwägung des Falls hätten die Interessen des
Eigentümers laut Gesetz Vorrang. Besondere Umstände, nach denen die
Interessen der Mieter ausnahmsweise überwiegen würden, „seien weder
vorgetragen noch sonst ersichtlich“.
Der Anwalt will am Freitag auch gegenüber dem Gerichtsvollzieher
argumentieren, dass der Verein längst nicht mehr im Besitz des Hauses ist –
und es damit gar nicht herausgeben könne.
8 Oct 2020
## LINKS
[1] /Hausprojekt-in-Berlin-Friedrichshain/!5716120
[2] https://www.berlin.de/polizei/polizeimeldungen/pressemitteilung.998981.php
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## TAGS
Liebig34
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Räumung
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