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# taz.de -- Filmtipps für Berlin: Lebenslügen und Langeweile
> Der iranische Film „The Salesman“ erzählt von einem Künstler-Paar in der
> Krise, „Nocturama“ dagegen vom Terror in einer sinnentleerten
> Gesellschaft.
Bild: Taraneh Alidoosti und Shahad Hosseini in Asghar Farhadis „The Salesman�…
Der iranische Regisseur Asghar Farhadi ist bekannt für seine vielfach
preisgekrönten Familien- und Beziehungsdramen. Auch in „The Salesman“
(2016) erzählt er von einem Künstler-Paar, dessen Beziehung durch einen
schwerwiegenden Zwischenfall ungewohnten Belastungen ausgesetzt wird.
Denn als Rana (Taraneh Alidoosti) eines Tages in Erwartung ihres Mannes
Emad (Shahad Hosseini) die Haustür offen lässt und derweil eine Dusche
nimmt, dringt ein Fremder in die Wohnung ein und bedrängt sie im Bad. Das
Ausmaß des Übergriffs bleibt offen, doch er verändert die Beziehung des
Paares: Unsicherheit, Hilf-und Sprachlosigkeit machen sich breit.
Noch komplizierter wird es, als Emad den ältlichen Missetäter ausfindig
macht: Soll er ihn vor dessen Familie bloßstellen oder nicht?
Sprachlosigkeit, Lebenslügen und Fragen des Selbstwertgefühl kommentieren
sich dabei in den Geschichten des jungen und des alten Paares gegenseitig,
während sie ihrerseits noch einmal in Arthur Millers Bühnenstück „Tod eines
Handlungsreisenden“ gespiegelt werden, das zwischenzeitlich immer wieder
geprobt wird (10. 10., 17 Uhr, 11. 10., 17.45 Uhr, 12. 10., 17 Uhr, 13.
10., 21.30 Uhr, 14. 10., 21.15 Uhr, Babylon Mitte).
Bombenexplosionen, Terror und Revolte in Paris. Dazu haben wir mittlerweile
alle recht ähnliche Bilder im Kopf. Von denen sich der französische
Regisseur Bertrand Bonello in seinem Film „Nocturama“ (2016) völlig
befreit: Seine „Terroristen“ sind Anfang Zwanzig, verschiedener sozialer
und ethnischer Herkunft, ihre Motivation ist vage. In „Nocturama“ ist der
Terror aus einem politischen oder sozialen Kontext gelöst, eher schon dient
er als Auslöser eines filmischen Experiments um Dynamik, Stillstand und das
Aufbrechen von Genrekonventionen.
In einem ersten Teil geht es vor allem um Bewegung: die Gänge und
Metrofahrten der Protagonisten durch den realen Lebensraum Stadt. Ein
zweiter Teil spielt in einem nächtlichen Luxuskaufhaus, dem Rückzugsort der
Gruppe nach den Anschlägen. Nun gibt es nichts mehr zu tun, es herrscht
Langeweile, die künstliche Konsumwelt lockt. Schließlich schaltet der Staat
die „Terroristen“ aus, gnadenlos und präzise. Sinnentleerter Terror in
einer sinnentleerten Gesellschaft (9. 10., 20 Uhr, Arsenal 1).
Das Animationsstudio Laika gehört zu den führenden Produzenten von im
Stop-Motion-Verfahren hergestellten Puppentrickfilmen. Dazu gehört auch
„Mister Link“ (2019), ein sehr vergnügliches, vage an Jules Vernes „In 80
Tagen um die Welt“ angelehntes Abenteuer im viktorianischen England, in dem
der unternehmenslustige Sir Lionel Frost mit dem letzten lebenden Exemplar
eines menschlichen Vorfahren eine Reise zu den entfernt verwandten Yetis
nach Asien unternimmt. Attraktiv und witzig (10. 10., 11. 10., 16 Uhr, Bali
Kino).
7 Oct 2020
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
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