| # taz.de -- Vaatz bei Einheitsfeier in Sachsen: Festredner sorgt für Uneinigke… | |
| > Auf der sächsischen Einheitsfeier soll der Ex-DDR-Bürgerrechtler Arnold | |
| > Vaatz sprechen. Linke, SPD und Grüne bleiben dem Festakt fern. | |
| Bild: Spaltet den Landtag: der DDR-Bürgerechtler Arnold Vaatz soll bei der Ein… | |
| Dresden taz | Von Einheit wird bei der Einheitsfeier des Sächsischen | |
| Landtages am 3. Oktober nicht viel zu spüren sein. Viel eher vom Riss, den | |
| die neurechte Bewegung durch Deutschland gezogen hat. Der von | |
| Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) persönlich eingeladene Festredner | |
| Arnold Vaatz (ebenfalls CDU) spaltet den Landtag. Denn der ehemalige | |
| DDR-Bürgerrechtler und Unions-Fraktionsvize fiel zuletzt wiederholt mit | |
| neurechten Thesen auf. | |
| Neben der Linksfraktion wollen auch SPD und Grüne als | |
| Koalitionspartnerinnen der CDU der Festveranstaltung fernbleiben, insgesamt | |
| ein knappes Drittel der 119 Abgeordneten. Wegen der hygienebedingten | |
| Platzreduzierung werde der Plenarsaal am Sonnabend trotzdem gut gefüllt | |
| sein, beschwichtigt die Pressestelle des Landtags. | |
| „Arnold Vaatz irrlichtert seit Jahren durch die politische Landschaft“, | |
| kommentierte schon Anfang September der Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt. | |
| Er könne nicht erkennen, was Vaatz für diese Festrede qualifiziere. Eine | |
| Woche später legte die Linke mit einer Pressemitteilung nach. „Vaatz | |
| versöhnt nicht, er spaltet“, war sie überschrieben. „Wir sind nicht scharf | |
| darauf, uns in einem Nebel der Selbstbeweihräucherung weitere krude Thesen | |
| eines Festredners anzuhören, der sich längst ins politische Abseits | |
| manövriert hat“, heißt es weiter. | |
| Landtagspräsident Rößler bescheinigt seinem Freund aus der Wendezeit | |
| hingegen „ungewöhnliche Courage und eine zutiefst antitotalitäre wie | |
| demokratische Einstellung“ und lobt seine Verdienste bei der Wiedergründung | |
| des Freistaates Sachsen im Jahr 1990. | |
| ## Nach der Wende die CDU-Karriere | |
| In der Tat hatte sich Vaatz in der DDR renitent gezeigt und dafür mit einem | |
| halben Jahr Haft bezahlt. Seit der Herbstrevolution 1989 galt der studierte | |
| Mathematiker als politisches Talent mit schneller Auffassungsgabe. | |
| Nach seinem CDU-Eintritt im Februar 1990 bereitete er nicht nur die | |
| Wiedergründung des Landes Sachsen maßgeblich vor, sondern stellte auch die | |
| Weichen für die bis 2004 andauernde CDU-Alleinherrschaft im Freistaat. | |
| Unter Kurt Biedenkopf war er Staatskanzleichef und Umweltminister, bevor er | |
| 1998 in den Bundestag gewählt wurde. Dort brachte er es immerhin zu einem | |
| der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Union. | |
| In Sachsen aber ist man auch in der Union überwiegend froh, dass er nicht | |
| mehr im Lande agiert. Die Nennung seines Namens ruft in der Regel ein | |
| mitleidiges Lächeln oder ein Abwinken hervor. Denn Vaatz gehört zu den | |
| ehemaligen DDR-Bürgerrechtler*innen, die 1989 in ihrer Opferrolle stehen | |
| geblieben sind. [1][Sie wittern nach wie vor eine Gesinnungsdiktatur] und | |
| eine Staatsverschwörung gegen Andersdenkende. Auf dem ultrakonservativen | |
| Blog „Achgut.com“ unterstellt Vaatz beispielsweise, „dass in diesem Staat | |
| die Wahrheit nicht unbedingt politisch korrekt ist“. | |
| [2][Jüngste Äußerungen als Kolumnist bei „Tichys Einblick“] lassen ihn n… | |
| weiter nach rechts rücken. Die Einschätzung der Berliner Demonstration | |
| gegen Corona-Schutzmaßnahmen Anfang August verglich er mit der | |
| SED-Denunziation von Demonstranten als Agenten von CIA und BND. Noch weiter | |
| ging er, als er die „Kollektivhaft“ von heute mit der Sippenhaft der Nazis | |
| gleichsetzte. | |
| ## Ausflüge nach rechts | |
| Wegen solcher gestörten Wahrnehmung wird Vaatz eigentlich von niemandem | |
| mehr ernst genommen. Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert sieht in | |
| solchen Vergleichen eine „Verachtung für unsere demokratischen | |
| Institutionen“. Vaatzens Gönner Matthias Rößler wiederum hatte im | |
| Landtagswahlkampf den ehemaligen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans Georg | |
| Maaßen eingeladen, dessen Auftritt sich zu einer reinen AfD-Veranstaltung | |
| entwickelte. | |
| Die SPD-Landtagsfraktion verteidigt nach mehreren Fehlversuchen, Rößler zu | |
| einer anderen Rednerwahl zu bewegen, zwar ihr Fernbleiben. Zugleich geben | |
| sich die Sozis aber in einem offenen Brief an den Landtagspräsidenten | |
| diplomatisch. „Die Schärfe der Debatte erscheint uns jedoch übertrieben“, | |
| erklärt die Parlamentarische Geschäftsführerin Sabine Friedel. Denn Vaatz | |
| habe auch seine Verdienste um die friedliche Revolution. Man habe „Besseres | |
| zu tun, als Herrn Vaatz zu lauschen“, bleibt die Linke indessen hart. | |
| 2 Oct 2020 | |
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| Michael Bartsch | |
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