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# taz.de -- TV-Debatte zwischen Trump und Biden: Der Profiboxer
> Trump hat geschafft, was ihm schon zur Präsidentschaft verhalf: Er ist
> unflätig, er ist laut, er lügt – und alle reden über ihn. Bidens Ruhe
> hilft da nicht.
Bild: US-Präsident Trump während der TV-Debatte am Dienstag
Die Ausgangslage vor dem [1][ersten TV-Duell der zwei
US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump und Joe Biden] war klar: Biden
führt seit Monaten konstant in den Umfragen, auch in den umkämpften Swing
States. Er war es also, der in der Debatte etwas zu verlieren hatte, wenn
er grobe Fehler gemacht hätte. Und das hat er nicht.
Trump setzte alles daran, Biden aus dem Konzept zu bringen, ihn so sehr zu
nerven, dass aus dem demokratischen Präsidentschaftsanwärter jener
stotternde, sich verhaspelnde und verunsicherte alte Mann würde, als den
die Republikaner*innen ihn stets charakterisieren. Aber das hat nicht
funktioniert, Biden blieb erstaunlich ruhig. Und als er dann sagte, Trump
möge doch einfach mal den Mund halten, sprach er vermutlich sogar vielen
Zuschauer*innen aus der Seele, die von Trumps ständigem Dazwischenreden zu
diesem Zeitpunkt schon reichlich genervt waren.
Die Debatte war kein „Game Changer“, kein Ereignis, das die [2][Dynamik des
Wahlkampfs] und der politischen Auseinandersetzung in den USA grundlegend
verändern dürfte.
Trump führte alles vor, was seine Gegner*innen an ihm besonders
verabscheuunswürdig finden: bullyhaftes Verhalten, Verachtung für
Spielregeln, Selbstbeweihräucherung, glatte Lügen. Oder, übersetzt in das
Vokabular seiner Anhänger*innen: Stärke und Authentizität, Verachtung für
den traditionellen Politbetrieb, Selbstbewusstsein und den Mut, als
Einziger die Wahrheit zu sagen.
## Von Bidens Alternativvorschlägen bleibt nicht viel hängen
Und so hat Trump geschafft, was ihm schon 2016 zunächst die unerwartete
republikanische Nominierung eintrug und schließlich zur Präsidentschaft
verhalf: Alle reden über ihn. Er ist es, der Anhänger*innen und
Gegner*innen an die Wahlurnen mobilisiert. Trump versteht das
Aufmerksamkeitsgeschäft wie kein Zweiter. Es ist wie beim Profiboxen: Der
unflätige Champ, der seine Gegner beleidigt, füllt die Hallen – die einen
lieben ihn, die anderen wollen ihn endlich k.o. sehen, aber alle kommen und
zahlen.
Von Joe Bidens Alternativvorschlägen bleibt nach dieser einer Demokratie
unwürdigen Debatte außer vielleicht der Forderung nach Rückkehr zum Pariser
Klimaabkommen und der Rückgängigmachung von Trumps Steuergeschenken an die
Reichen wenig hängen.
Allenfalls die Linke dürfte enttäuscht sein, weil sich Biden vom Green New
Deal genauso distanzierte wie von Bernie Sanders' Vorschlägen zur
Gesundheitsreform oder den Forderungen nach einer Mittelumschichtung von
der Polizei zu Sozialeinrichtungen, wie sie aus der
Black-Lives-Matter-Bewegung kommen.
Aber diese Debatte war nicht nur anders, weil sie so chaotisch ablief und
Trump dem Moderator Chris Wallace kaum eine Chance ließ, die vereinbarten
Regeln durchzusetzen.
Vor allem präsentierte sie einen Amtsinhaber, der nun auch in der auf allen
Kanälen übertragenen TV-Debatte die Legitimität der Wahl anzweifelt, der
seine Anhänger aufruft, die Vorgänge in den Wahllokalen „zu überwachen“ …
was von den meisten als Aufruf zur Einschüchterung demokratischer
Wähler*innen verstanden wird –, und der sich von den
militant-rechtsextremistischen „Proud Boys“ nicht distanziert, sondern sie
vielmehr aufruft, sich bereitzuhalten.
Nichts davon ist nach über vier Jahren Beschäftigung mit Trumps Politik
überraschend. Aber wer vergessen haben sollte, welch riesige Gefahr Trump
für den gesellschaftlichen Frieden, den Rechtsstaat und die demokratische
Verfasstheit der USA darstellt, hat das in den 90 Minuten Debatte noch
einmal in Erinnerung gerufen bekommen.
Bleibt zu hoffen, dass das reicht, um ihn aus dem Amt zu wählen. Sicher ist
es nicht.
30 Sep 2020
## LINKS
[1] /TV-Debatte-Trump-gegen-Biden/!5717885
[2] /Wahlkampf-in-den-USA/!5712934
## AUTOREN
Bernd Pickert
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