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# taz.de -- Shinichi Sawada im Georg Kolbe Museum: Bekrallte Gefährten
> Ausdrucksvolle Keramik: Als erstes europäisches Museum zeigt das Georg
> Kolbe Museum Skulpturen des japanischen Künstlers Shinichi Sawada.
Bild: Shinichi Sawada, Ohne Titel (16), 2012, Keramik, Social Welfare Organisat…
Zähne haben sie, Stoßzähne sogar, wache Augen und zackige Stacheln – und
dabei kleine Ärmchen, wie ein Dinosaurier etwa, wobei es doch eher in
Richtung Drachen oder Lindwürmer geht, so wie die Tonfiguren [1][Shinichi
Sawadas] sich rund biegen, emporstrecken oder ihren Körper am Boden
langziehen. Über und über bedeckt sind sie mit eingeritzten Furchen und
Mustern, die zwischen den Schuppen hervorlugen und gemeinsam mit ihnen eine
prickelnde Haut ergeben. Manche der Wesen zeigen sich einzeln, andere
finden sich mit ihren Begleitern in Gruppen zusammen, wobei sie sich mit
ihren Schutzpanzern wohl in jeder Konstellation selbst behaupten könnten.
2013 war Sawada auf der 55. Venedig Biennale zu sehen. Nun zeigt das
[2][Georg Kolbe Museum] als erstes europäisches Museum 20 Arbeiten des
Künstlers. Im vordersten Raum sind sie aufgestellt, da, wo viel Licht auf
sie fällt und sich die Oberflächenstruktur besonders gut beobachten lässt.
Ein Film zeigt Sawadas Arbeitsprozess. Nachdem er ein hohles Volumen
geformt hat, ummantelt er den Korpus von unten nach oben mit Rollen aus Ton
und fügt rundherum unzählige Spitzen und Krallen an. Ohne Vorzeichnung und
wie aus einem Guss formieren sich die Wesen unter seiner Hand. Mit der Zeit
scheinen diese keramischen Gefährten immer größer zu werden, hier im Museum
sind mittelgroße Exemplare aus den frühen 2010er Jahren zu sehen, dafür
aber verschiedenste Varianten, sogar Wandreliefs sind dabei.
## Ansatz der Selbstbehauptung
Da Sawada sowohl Auto-Didakt als auch Autist ist und in einer
Künstlerwerkstatt des sozialen Zentrums Nakayoshi Fukushikai in der
Präfektur Shiga in der Nähe von Kyoto seine Arbeiten erstellt, werden diese
häufig im Kontext der “Outsider Art“ ausgestellt, wie auch letztes Jahr auf
der Frieze Art Fair in New York. Dies schafft Bekanntheit, gleichzeitig
fragt man sich, ob es dieses zwiespältige Bezeichnung überhaupt braucht.
Die Verklärungen, die leider oft mit dem Label einhergehen, braucht es
sicherlich nicht. Denn da ist dann häufig davon die Rede, dass die innere
Motivation, ja, die Intention, des Künstlers obskur bliebe. Ganz so als
würden im Gegensatz dazu “Insider Artists“ etwa nicht intuitiv arbeiten –
und sich stets zielgeleitet und am besten nahtlos und ihrer Selbst gewahr
in die Kunstgeschichte einschreiben. Dem ist nicht so und auch das Georg
Kolbe Museum möchte solche Grenzziehungen zumindest hinterfragen und
plädiert für einen inklusiven Ausstellungsansatz außerhalb der genannten
Kategorie. Mehr Selbstbehauptung klingt hier durch, genau wie sie die
Skulpturen ohnehin ausstrahlen.
11 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.jenniferlaurengallery.com/shinichi-sawada
[2] https://www.georg-kolbe-museum.de/ausstellungen/aktuell/
## AUTOREN
Noemi Molitor
## TAGS
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