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# taz.de -- Homophobie im US-Fußball: Alternativloser Protest
> In der zweiten US-Fußballliga verlässt das Team der San Diego Loyal wegen
> einer homophoben Beleidigung den Platz. Der Verband reagiert ebenfalls.
Bild: Kampf gegen Homophobie im Fußball: In Dortmund sind die Ecken mit Regenb…
Der US-amerikanische Männerfußball, meinen viele, sei generell
zweitklassig. In der United Soccer League (USL) ist er es auf jeden Fall.
Die Liga mit ihren 35 Klubs ist unter der Major League Soccer (MLS), dem
höchsten Niveau des US-Profifußballs, angesiedelt. Am kommenden Samstag
beginnen die Playoffs in der USL, aber Schlagzeilen macht gerade ein
Verein, der sich nicht einmal für die K.-o.-Runde qualifizieren konnte.
Denn vergangenen Mittwoch verließ die Mannschaft von San Diego Loyal nach
dem Wiederanpfiff zur zweiten Halbzeit gegen die Phonex Rising geschlossen
das Spielfeld. Der Grund: Loyal-Profi Collin Martin war vor der Pause von
Gegenspieler Junior Flemmings homophob beleidigt worden. [1][„Batty boy“]
soll der jamaikanische Nationalspieler gerufen haben, eine auf der
Karibikinsel verwendete, abwertende Bezeichnung für Homosexuelle.
„Ich hatte den Begriff schon einmal gehört und wusste genau, was er
bedeutete“, berichtete Martin, der seit 2018 offen mit seiner
Homosexualität umgeht, aber, so sagt er, bislang im Fußball noch nie
deswegen diskriminiert wurde. Aber als er dem Schiedsrichter, der nichts
gehört hatte, die Beleidigung erklären wollte, dachte der, Martin hätte ihn
„schwul“ genannt, und stellte ihn vom Platz.
In der Pause beschlossen das Team und sein Coach, der ehemalige
Nationalspieler Landon Donovan, trotz einer 3:1-Führung einen Spielboykott
anzudrohen, falls kein Platzverweis für Flemming oder zumindest seine
Auswechslung erfolge. Doch Phoenix-Coach Rick Schantz sagte zu Donovan,
[2][so was sei im Fußball doch üblich]: „Er hat es nicht so gemeint. Wir
lang hast du denn Fußball gespielt?“
## Rassistische Beleidigung
Bekanntlich sehr lang, aber trotzdem empfahl Donovan, der einst für
Leverkusen und Bayern spielte, seinem Team, das Spiel abzubrechen. Seine
Mannschaft war schon in der Woche zuvor in einen ähnlichen Vorfall
verwickelt. Loyal-Profi Elijah Martin war in der 71. Minute des Spiels
gegen das Reserveteam des MLS-Klubs L.A. Galaxy von Gegenspieler Omar
Ontiveros mit dem N-Wort beleidigt worden.
„Danach fühlten sich unsere Spieler schuldig, weil sie nichts gesagt
hatten“, erklärte Donovan. Deshalb wollte das Team wenigstens später
Solidarität zeigen und hatte mit den Gegnern aus Phoenix ausgemacht, dass
das Spiel in der 71. Minute unterbrochen werden sollte, damit die
Mannschaften ein Banner mit der Aufschrift „I will act, I will speak“
präsentieren können.
Dazu kam es nicht mehr, dafür geht es aber in den Medien, nicht nur den
sozialen, hoch her. Die einen loben den Protest der Loyal-Profis und
fordern für solche Vorfälle härtere Strafen. Die anderen dagegen meinen,
die Reaktion sei übertrieben. „Lasst euch ein paar Eier wachsen“,
kommentierte jemand auf Twitter. Manche unterstellen gar, dass Donovan, der
nicht nur Trainer, sondern auch Mitbesitzer des Klubs ist, die mediale
Aufmerksamkeit auf San Diego Loyal lenken wollte.
Der Verband hat mittlerweile reagiert und Ontiveros für sechs Spiele
gesperrt, L. A. Galaxy hat ihn entlassen. Flemmings, der die Beleidigung
bestreitet, und sein Trainer Schantz sind vorläufig suspendiert. Die USL
untersucht die Fälle, und die Schiedsrichtervereinigung will die Referees,
die falsch reagiert haben, in eine Fortbildung stecken. „Leider zeigt die
Erfahrung, dass eine Beschwerde per E-Mail keine Reaktion hervorruft“,
bilanziert Landon Donovan. „Ich wünschte, es wäre nicht nötig gewesen. Aber
ich unterstütze alles, was dazu führt, dass so ein Verhalten auf dem Platz
nicht mehr vorkommt.“
7 Oct 2020
## LINKS
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Batty_boy
[2] /Anleitung-Reden-ueber-schwule-Fussballer/!5050825
## AUTOREN
Thomas Winkler
## TAGS
American Pie
Fußball
Homophobie
Schwerpunkt LGBTQIA
Kolumne Frühsport
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Homosexualität im Profisport
Rugby
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