# taz.de -- Homophobie im Rugby: Denn er wusste, was er tat | |
> Auf dem Feld ist Israel Folau ein Held, außerhalb äußert er sich abfällig | |
> über Homosexuelle. Nun wurde der australische Rugby-Star suspendiert. | |
Bild: Trägt das Kreuz auf dem Schweißband: Israel Folau | |
Sie bräuchten ihn eigentlich dringend. Für die Rugby-Weltmeisterschaft in | |
Japan im Herbst war Israel Folau gesetzt: ein Hüne von Mann, 1,94 Meter | |
hoch und über zwei Zentner schwer, muskulös und schnell, vor allem aber | |
sprungstark. Wenn ein hoher Kick auf ihn kommt, heißt es, schnappt er sich | |
das Ei, und der Rest ist pure physische Überlegenheit. Kein Luftkampf, | |
schwärmen Beobachter, ist erinnerlich, den der heute 30-jährige Mann | |
verloren hätte. | |
Die Wallabies, wie die Spieler Australiens in ihrem Land genannt werden, | |
werden höchstwahrscheinlich und falls nicht doch ein Wunder passiert – wie | |
Freund*innen Folaus noch hoffen –, auf diesen wuchtigen, einschüchternden | |
Spieler im Backyard verzichten müssen: Denn der Mann ist nach seinen | |
Äußerungen in den sozialen Medien aus der Nationalmannschaft suspendiert | |
worden. | |
Auf [1][Instagram] hatte der gläubige Christ ein Bild gepostet, auf dem zu | |
lesen steht, dass auf Betrunkene, Atheisten, Lügner, Diebe und Homosexuelle | |
nach ihrem Ableben die Hölle warte – nur Jesus könne noch helfen, dieses | |
Schicksal abzuwenden. | |
Es war nicht die erste Äußerung Folaus, in der er sich extrem abfällig, | |
manche sagen, hasserfüllt über Homosexuelle äußert. Er, Sohn aus dem | |
pazifischen Tonga stammender Eltern, hatte sich mehrfach öffentlich über | |
den Sport hinaus mitgeteilt – stets zulasten von Schwächeren. Jetzt ist der | |
mit einer Fülle von Auszeichnungen versehene Rugbystar aus dem | |
Wallabies-Team geworfen worden. | |
## Befehl von ganz oben | |
Trainer Michael Cheika hatte keine Wahl: Rugby sei für alle Australier da | |
und verdiene, von allen unterstützt zu werden. Der Verband äußerte nur | |
lapidar: „Israel hat zwar ein Recht auf seine religiösen Überzeugungen, | |
aber die Art und Weise, wie er diese Überzeugungen zum Ausdruck gebracht | |
hat, widerspricht den Werten des Sports.“ | |
Mehrere Mitspieler Folaus sagten, er könne privat so gläubig sein, wie er | |
will – habe aber natürlich niemanden öffentlich herabzusetzen. Doch der | |
suspendierte und um alle Aussichten gebrachte Mann – er wird nicht mehr im | |
Nationalteam auftreten, auf Basis einer schriftlichen Verabredung im | |
jüngsten Sponsorenvertrag auch diesen verlieren, weil sie Kommentare in den | |
sozialen Medien untersagt – bleibt bei seinen Auffassungen: Wenn sein | |
Glaube, ja wenn Gott es ihm auftrage, die Dinge so zu sehen, wie er sie | |
sieht und mitteilt, dann müsse das so sein. | |
Da stand er also und konnte wohl nicht anders: Gut finden durfte er, was er | |
gut findet – das ist in Australien durch die Meinungsfreiheit geschützt. | |
Aber alle Sponsoren kultivieren auf das Korrekteste und für den inneren | |
Frieden des Landes das Beste, die Inklusion aller – und Homosexuelle zu | |
entwerten ist zumal für Repräsentanten Australiens verboten. | |
## Diversitätsethik im deutschen Fußball undenkbar | |
Folau war schon mehrfach wegen antihomosexueller Äußerungen ermahnt worden, | |
sich lieber zurückzuhalten – und seinen Glauben im Privaten nachzugehen, | |
ihn nicht öffentlich auszustellen. Doch er ließ sich keinen Maulkorb | |
verpassen – er glaubt an seine Sache, er trägt die Folgen seines | |
Bekennermuts offenbar im vollen Bewusstsein. Dabei verwundert nur, dass er | |
noch vor fünf Jahren offizieller Unterstützer des Bingham Cup war, eines | |
Turniers zur Inklusion in jeder Hinsicht, auch schwuler Rugbyspieler. | |
Von dieser karitativen Geste australischen Landessinns ist nun nichts mehr | |
übrig – Folau, Kind mormonischer Eltern, nimmt in Kauf, was down under in | |
Kauf zu nehmen ist: das Ende der ohnehin mit 30 Jahren nur noch limitierten | |
Karriereaussichten. | |
In Deutschland muss diese Geschichte erstaunen, weil hierzulande (noch) | |
undenkbar ist, dass etwa der Fußball ein ausdrücklich und fast | |
staatstragender Sport der Diversitätsethik wäre. Fußball ist nach wie vor | |
strikt heteronormativ; Homosexualität ist, abgesehen vom erst nach der | |
sportlichen Karriere geouteten [2][Ex-Profi Thomas Hitzlsberger], ein | |
totes, ein, so das Fachwort: heteronormativ eingehegtes Thema. Rugby ist in | |
Australien männliche Kerndisziplin des Teamsports, wichtiger als Fußball. | |
Die Weigerung des australischen Rugbyverbands, die miesen Anwürfe eines | |
wenn auch so wichtigen Spielers diesem nicht durchgehen zu lassen, wäre in | |
Deutschland im Fußball nicht denkbar. [3][Ein Fall wie der Mesut Özils], | |
dessen Deutschsein fundamental negiert wurde, wäre umgekehrt in Australien | |
schwer vorstellbar. Israel Folau aber hat es in puncto Diversität an | |
Respekt fehlen lassen – er trägt nun die Folgen. Denn er wusste, was er | |
tat. | |
16 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/p/BwEWt2uHcLI/ | |
[2] /Hitzlsperger-ueber-Homosexualitaet-im-Sport/!5039494 | |
[3] /Der-Fall-Mesut-Oezil/!5526301 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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