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# taz.de -- Doku über Designer: Das Enigma Martin Margiela
> Regisseur Reiner Holzemer hat den Designer für sein Filmporträt „Martin
> Margiela – Mythos der Mode“ vor die Kamera bekommen – teilweise.
Bild: Martin Margiela – Mythos der Mode
Bis zum Ende, und da nervt es dann doch, kommt Reiner Holzemer in seinem
Dokumentarfilm „Martin Margiela. Mythos des Mode“ immer wieder darauf
zurück, dass der porträtierte Modemacher sich als Person nie zu erkennen
gegeben hat, bis heute nicht, obwohl er sich aus dem Modegeschäft längst
zurückgezogen hat und nun bildhauerisch arbeitet.
Wo andere Designer mit ihrem Gesicht für ihre Marke standen oder sich mit
ihrem Auftreten als deren eigentlicher Star zelebrierten, blieb Martin
Margiela der große Unbekannte, der öffentlich nicht in Erscheinung trat.
Entsprechend existieren von ihm keine Fotos oder Filmaufzeichnungen. [1][So
ungewöhnlich Margielas Anstrengung war], sich einer Imagebildung zu
verweigern, zumal in den 80er Jahren als der Celebrity-Kult erste hohe
Wogen schlug, er entkam ihr trotzdem nicht.
Es war dann eben das Enigma Margiela, an dem Modewelt und Gesellschaft
seine Identität festmachte. Ihm huldigt auch Reiner Holzemer in seinem
Film, interessanterweise umso mehr, als er die Abwesenheit Margielas
penetrant betont, wo doch der Modedesigner selbst bereit war, in seinem
Film mit eigener Stimme zu sprechen und mit eigener Hand wichtige Dinge zu
bedeuten, Entwürfe aus dem Archiv zu bergen und die Idee dahinter zu
erklären.
## Mode aus Plastiktüten und alten Armeesocken
Das Enigma wird also nicht dekonstruiert, so wie Margiela in den späten
1980er Jahren die Mode auseinandernahm und ihre Tricks sichtbar machte,
indem er das Innerste nach außen kehrte, die Polster, die Versteifungen,
die Abnäher, die Nähte, die er nicht versäuberte und die Fäden, die er lose
baumeln ließ, um dann doch an anderer Stelle perfekte Verarbeitung zu
zeigen. Das scheinbar Unfertige dieser Kleider deutete auch schon den
Zustand an, in dem sie fertig sein würden, abgewetzt und zerschlissen.
Auch diesen Zustand war Margielas Betrachtung wert, wie die im Film
gezeigten Kollektionen belegen, wo Röcke aus Vintage-Foulards
zusammengenäht sind und Pullover aus alten Armeesocken. Im Frühjahr/Sommer
1998 waren Kleider aus Plastikeinkaufstüten zu sehen. Entwürfe kamen im
XXXXL-Format daher, schwer zu tragen, vielleicht mit der Idee, wie schwer
zu ertragen die Mode doch ist.
Er experimentierte auch mit den Vergrößerungen von Puppenkleidern aus
seinen ersten Anfängen als Kind, wie er sie bei seiner Großmutter, die
Schneiderin war, für seine Barbiepuppen schneiderte – nachdem er im
Fernsehen eine Dokumentation über André Courrèges und Pierre Cardin gesehen
hatte, ein Erlebnis, mit dem ein für allemal sein Berufswunsch Modedesigner
feststand.
Nach dem Studium an der königlichen Akademie der Schönen Künste in
Antwerpen – zur selben Zeit wie die [2][Antwerp Six], mit denen er lose
verbunden war – gründete er 1988 [3][zusammen mit Jenny Meirens] sein
Maison Martin Margiela. Die berühmten weißen Etiketten in der Kleidung, von
außen durch vier diagonale Heftfäden erkennbar, gehen auf sie zurück. Was
im Film aber nicht der Rede wert ist, da Meirens hier nur eine Randnotiz
ist.
Die Farbe Weiß, das wissen wir, war da schon die Farbe von Maison Martin
Margiela, ebenso wie die Leerzeichen, mit denen der Designer arbeitete, das
Blankoetikett Markenzeichen, die Models ohne Gesicht, sei es, weil ihr Afro
ganz um sie herumwuchs [4][wie einst bei Rebecca Horn], sei es, weil ein
Tuch ihren Kopf verhüllte. Dazu kamen die am großen Zeh geteilten Schuhe,
die wie Kamelhufe wirkten.
Die Aufnahmen seiner ersten Fashionshow zeigen dann auch eine bestürzend
schöne Situation: Wie ein Außerirdischer landete Martin Margiela mit seiner
so ganz anders aufgetakelten Entourage irgendwo in einem Pariser Vorort und
danach war tatsächlich nichts mehr wie zuvor in der Mode.
8 Oct 2020
## LINKS
[1] /Schauen-zu-Modemacher-Martin-Margiela/!5514560
[2] /Archiv-Suche/!318168&s=Antwerpen+Six&SuchRahmen=Print/
[3] https://www.welt.de/icon/mode/article166614522/Abschied-von-der-grossen-Unb…
[4] /Kunstfeminismus-in-New-York/!5181870
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
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