# taz.de -- Bremer FDP sorgt sich um Waffenbauer: Ein Herz für Rüstung | |
> Die FDP macht sich Sorgen um die Zukunft von Bremens | |
> „Verteidigungsindustrie“ und beklagt mangelnde Rechtssicherheit bei | |
> Rüstungsexporten. | |
Bild: Auch für Rheinmetall, Hersteller dieses Maschinengewehrs, macht sich die… | |
BREMEN taz | Die FDP-Fraktion macht sich in einer [1][Bürgerschaftsanfrage] | |
Sorgen über „die Zukunft der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in | |
Bremen“, genauer gesagt: um die Zukunft des [2][Rüstungsstandorts] Bremen. | |
Der erhöhte Verteidigungshaushalt senke, so die FDP, „die Notwendigkeit von | |
Unternehmen aus dem Bereich der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, | |
Rüstungsgüter zu exportieren“. Vor diesem Hintergrund seien Exporterfolge | |
„von zentraler Bedeutung für die Grundauslastung und den Erhalt einer | |
leistungsfähigen deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“. | |
In der Vergangenheit sei es aber häufig zu Kritik an den Exporten gekommen | |
– und damit meint die FDP keineswegs die Kritik an Rüstungsexporten in | |
Kriegs- und Krisenländer oder in Staaten mit Menschenrechtsverletzungen und | |
auch nicht, dass Deutschland seit 30 Jahren die selbst gesetzten | |
Rüstungs-Exportrichtlinien [3][missachtet] –, „weil die Regeln hierfür | |
nicht klar waren und für die Unternehmen häufig auch keine abschließende | |
Rechtssicherheit bestand.“ | |
## FDP verteidigt „Verteidigungsprodukte“ | |
Tausende Arbeitsplätze seien in Bremen von dieser Industrie abhängig: „Mit | |
Unternehmen wie Atlas Elektronik GmbH, Rheinmetall Electronics GmbH, Fr. | |
Lürssen Werft GmbH & Co. KG oder Airbus Defence and Space (Geschäftsbereich | |
von Airbus SE) sind große Player in Bremen vertreten. | |
Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Kraft ist die Sicherheits- und | |
Verteidigungsindustrie für den Standort Bremen von großer Bedeutung.“ Mit | |
ihren „Verteidigungsprodukten“ trüge sie zur nachhaltigen Sicherheit | |
Deutschlands und Europas bei, so die FDP. | |
Sie wollte vom Senat deswegen unter anderem wissen, wie viel Umsatz diese | |
Branche in Bremen direkt und indirekt erwirtschafte und welcher Anteil am | |
deutschen Gesamtumsatz dieser Industrie das sei. Sie wollte außerdem | |
wissen, inwieweit Bremen die Rüstungsindustrie vor Ort fördere und mit wie | |
viel Geld und inwieweit sich der Senat „für klarere Regeln und mehr | |
Rechtssicherheit bei dem Export von Gütern der Verteidigungs- und | |
Sicherheitsindustrie“ einsetze. | |
## Friedensforum ist empört | |
Das Bremer Friedensforum ist über die FDP-Anfrage empört und weist auf die | |
Präambel des rot-grün-roten Koalitionsvertrags hin, in der es heißt: „Unser | |
Handeln orientiert sich an Humanität. Wir setzen uns mit unseren | |
Möglichkeiten für Völkerverständigung und für die friedliche Entwicklung | |
der Welt ein. Dazu gehört auch ein Verbot von Rüstungsexporten in | |
Krisengebiete.“ | |
Nicht nur zu diesem Bekenntnis, so das Friedensforum, „stehen die | |
Forderungen der FDP im absoluten Widerspruch“, sondern auch zu einer | |
weiteren Aussage aus dem Koalitionsvertrag: „Das Klimaschutzabkommen von | |
Paris und dessen Ziele, die Erderwärmung deutlich unter zwei Prozent zu | |
begrenzen, ist Grundlage des Handelns dieser Koalition in allen | |
Produktionsbereichen.“ | |
Das Friedensforum weist auf das sozial-ökologische Institut für | |
Wirtschaftsforschung hin, „das Krieg und Militär für den Klimakiller Nr. 1 | |
hält“ und auf die Ausbeutung und Verschwendung natürlicher Rohstoffe und | |
den gewaltigen Einsatz von Energie für die Produktion des Kriegsmaterials. | |
Auch die AktivistInnen von Fridays for Future hätten dies bereits erkannt | |
und im August in Bremen eine Demo mit dem Ziel Rheinmetall durchgeführt. | |
Die [4][Senatsantwort] auf die FDP-Anfrage ist knapp: „Der Senat | |
konzentriert sich in seiner Wirtschafts- und Industriepolitik auf | |
Aktivitäten und Maßnahmen für Unternehmen im Bereich der zivilen | |
Sicherheitsindustrie“ und setze seinen Fokus „auf Fördermaßnahmen, die die | |
zivilen Produktionsbereiche der Unternehmen stärken“. Außerdem schließe er | |
„seit längerem die landesseitige Förderung von wehrtechnischen Aktivitäten | |
bremischer Unternehmen aus“. | |
Unternehmensspezifische Auskünfte könne er nicht erteilen, da ihm „keine | |
gesonderte Branchenerhebung zu dem Wirtschaftsbereich der Sicherheits- und | |
Verteidigungsindustrie in Bremen und Deutschland“ vorliege. Und Themen und | |
Projekte, die die Sicherheit Deutschlands beträfen, würden vom Bund | |
beauftragt und gesteuert, weswegen auch hierüber keine gesonderten | |
Informationen vorlägen. | |
## Widerspruch zwischen Koalitionsvertrag und Realität | |
Letzteres kritisiert das Friedensforum ebenfalls. Es sei zwar erfreulich, | |
dass der Senat der finanziellen Förderung militärischer Forschung und | |
Produktion eine klare Absage erteile, dennoch drücke er sich um eine klare | |
Stellungnahme zum Widerspruch zwischen Koalitionsvertrag und Realität | |
herum, die so aussehe: „In Bremen entwickeln und produzieren Firmen Waffen | |
und Kriegsgeräte.“ Die FriedensaktivistInnen fordern deswegen, „den | |
unterstützenswerten Worten in der Präambel der Regierungskoalition auch | |
reale Taten folgen zu lassen“. | |
Und die FDP hat zumindest erkannt, dass es zurzeit Branchen mit größeren | |
Problemen gibt: Ihre Anfrage wurde in der Bürgerschaft am Donnerstag nicht, | |
wie geplant, diskutiert – unter anderem zugunsten eines Eilantrags von CDU | |
und FDP zum Thema „Überbrückungsmaßnahmen und Förderprogramme für die | |
Veranstaltungswirtschaft“. | |
9 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp20/land/drucksache/D20L0… | |
[2] /Unterschriften-gegen-Ruestungsindustrie/!5455744/ | |
[3] /Greenpeace-kritisiert-Ruestungsexporte/!5701345/ | |
[4] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp20/land/drucksache/D20L0… | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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