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# taz.de -- Rüstungshochburg: Dank Bremen gut gerüstet
> In Bremen hängen heute wieder 4.000 Arbeitsplätze von der
> Militärindustrie ab. Dass die Stadt einst Zentrum der Rüstungskonversion
> war, ist nur noch eine Erinnerung an längst vergangene Tage.
Bild: Fliegendes Auge: Die Rheinmetall Defence Electronics in Bremen übergibt …
Auf jeden Bremer und jede Bremerin kommen heute in der Stadt produzierte
Militärgüter im Wert von rund 2.000 Euro. Nur - sagen die KritikerInnen -
interessiert das hier und heute fast keinen mehr. Und das Thema
Rüstungskonversion, also die Umstellung industrieller Betriebe der
Rüstungsproduktion auf zivile Fertigung, sagt Andrea Kölling, "ist in
Bremen tot". In den 90er Jahren war das mal ein großes Thema in der Stadt.
Kölling ist die Vorsitzende der bremischen "Stiftung für Rüstungskonversion
und Friedensforschung", die gerade ihren 20. Geburtstag feiert. Soeben hat
sie - mit Bremer Friedensorganisationen - die Dokumentation über den
"Rüstungsstandort Bremen" neu aufgelegt, ",Erlebnisland' als Lieferant der
Zutaten für Kriege" ist der lakonische Untertitel.
Gleich fünf namhafte Rüstungsbetriebe haben in der Stadt ihren Sitz, davon
mindestens zwei von Weltrang, Atlas Elektronik, der sich vor allem im
weltweiten U-Boot-Bau engagiert, dazu Simulatoren für Kampfflugzeuge und
Panzer baut und die meist als Satellitenbauer bekannte OHB System AG. Ihr
Umsatz, der 2001 noch bei 15 Millionen Euro lag, beläuft sich heute auf 223
Millionen Euro. Hinzu kommt noch die Lürssen-Werft, wo Korvetten,
Schnellboote und Fregatten entstehen. Ferner EADS, unter anderem an
Eurofighter und Airbus A 400 beteiligt. Und Rheinmetall Defence, das sich
als "führendes Systemhaus für Landstreitkräfte" versteht.
Zusammen beschäftigen die fünf Firmen allein in Bremen wieder 4.000 der
bundesweit etwa 80.000 MitarbeiterInnen in der Rüstungsindustrie. Sie
erwirtschaften gemeinsam etwa einen Rüstungsproduktionswert von bundesweit
rund 15,5 Milliarden Euro im Jahr. Und während der Anteil der
Rüstungsproduktion am Bruttosozialprodukt in ganz Deutschland lediglich 0,7
Prozent beträgt, sind es im kleinen Bremen fast fünf Prozent. Die Stadt ist
eine "Rüstungshochburg", rechnet Lühr Henken, Vorstand des "Hamburger
Forums für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung" vor. Sie
profitierte damit vom Aufschwung der vergangenen Jahre: Deutschland hat
nach Henkens Worten von 2004 bis 2008 den Export von Großwaffen um 70
Prozent gesteigert, verglichen mit der Zeit zwischen 1999 und 2003.
Gleichwohl waren in Bremen früher viel mehr Jobs von der Rüstungsindustrie
abhängig, in den 90ern hatte sich die Zahl dann von 10.000 auf 3.000
vermindert. Das ist einem Konversionsprogramm geschuldet, für das 1990 bis
2000 öffentliche Gelder im Wert von 25,6 Millionen Euro zur Verfügung
standen. Sogar einen Konversionsbeauftragten gab es acht Jahre lang -
Wolfram Elsner, seit 1995 Wirtschafts-Professor an der Uni Bremen. 2001
wurde das Amt abgeschafft. "Die Konversion war nicht erfolgreich", hat
Bremens SPD-Bundestagsabgeordneter Volker Kröning einmal gesagt. Einst war
er wie Alt-Bürgermeister Henning Scherf (SPD) Geburtshelfer der Stiftung
Rüstungskonversion. Heute mag Kölling von der rot-grünen Landesregierung
schon fast nicht mehr fordern, sich für ein neues Konversionsprogramm
"stark zu machen" - so abwegig erscheint der Gedanke.
Inzwischen profiliert sich Bremen in seinem Selbstmarketing bundesweit als
"entscheidender Standort der Hochtechnologie im nordwestdeutschen Raum".
Oft ist dann von EADS die Rede, von OHB. Und von Projekten, die nicht nur,
aber eben auch dem Militär dienen. Das EU-Navigationssystem Galileo
beispielsweise, bei dem OHB und EADS für die Herstellung von 26 von
insgesamt 30 Satelliten ausgewählt wurden. Galileo tritt an, um Europa von
dem im Pentagon gesteuerten Navigationssystem GPS unabhängig zu machen.
Auch Henken sieht darin etwas "durchaus Positives". Und doch enthält
Galileo auch zwei verschlüsselte, nur Militär und Geheimdiensten
vorbehaltene Frequenzen.
17 May 2009
## AUTOREN
Jan Zier
Jan Zier
## TAGS
FDP Bremen
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