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# taz.de -- Diskriminierung an Berliner Schulen: Das Dunkelfeld wird langsam he…
> Es werden mehr Diskriminierungen gemeldet, und das Gros von ihnen ist
> rassistisch motiviert. Insbesondere bei Lehrkräften steigt die
> Sensibilisierung.
Bild: Lernort, manchmal auch Tatort: Ein Klassenzimmer
Berlin taz | Die Zahl der gemeldeten Diskriminierungsvorfälle an Schulen
steigt weiter an. Das geht aus einer Antwort der Bildungsverwaltung auf
eine Anfrage der SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasić hervor, die der taz
vorliegt. Demnach ist insbesondere die Zahl der gemeldeten Vorfälle
gestiegen, wo SchülerInnen sich wegen einer Diskriminierung durch
Schulpersonal an die Antidiskriminierungsstelle der Bildungsverwaltung
gewandt haben: Die Zahl stieg um 47 Fälle auf 143 Meldungen im vergangenen
Schuljahr, eine Erhöhung um fast 50 Prozent im Vergleich zu 2018/19.
Insgesamt stieg die Zahl aller gemeldeten Fälle durch SchülerInnen leicht
von 258 auf 272 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Die Zahl der gemeldeten Diskriminierungsvorfälle an Schulen wurde überhaupt
erst im November 2018 erstmals von der Bildungsverwaltung öffentlich
gemacht – obwohl es die Stelle einer Antidiskriminierungsbeauftragten für
die Schulen bereits seit 2016 gibt. Die [1][damalige
Antidiskriminierungsbeauftragte Saraya Gomis] hatte stets darauf
hingewiesen, dass die Zahlen nicht das wahre Ausmaß der
Diskriminierungsvorfälle spiegelten – weil die Hürde, sich überhaupt zu
trauen, einen Vorfall zur Anzeige zu bringen, gerade bei SchülerInnen hoch
sei.
Dass die Zahlen nun seit Jahren weiter ansteigen, ist für die Abgeordnete
Lasić denn auch eher ein Zeichen dafür, „dass die geschaffenen
Beschwerdestrukturen erfolgreich dazu beitragen, dass Diskriminierungen ans
Tageslicht kommen“, sagte sie der taz am Wochenende. Die „Hemmschwelle für
die Betroffenen die Vorfälle zu melden“ sei offenbar weiter gesunken, „und
das ist gut so.“ ExpertInnen, die seit Jahren in diesem Bereich arbieten,
sehen auch die verbesserten Ressourcen gerade in der Projektarbeit zu
Antidiskriminierung an Schulen als Grund, warum das Dunkelfeld sich
womöglich langsam ein wenig erhellt.
Tatsächlich wirft die Anfrage einige interessante Schlaglichter darauf, wer
in [2][Schulen zunehmend sensibilisiert auf Diskriminierungen] reagiert –
und das sind neben den Kindern und Jugendlichen vor allem die LehrerInnen
und ErzieherInnen. Die gemeldeten Vorfälle von Diskriminierungen innerhalb
des Kollegiums haben sich von 7 im Schuljahr 2018/19 auf 21 in 2019/20
verdreifacht. Insgesamt hat sich die Zahl der durch Schulpersonal
gemeldeten Vorfälle von 18 auf 41 in denselbem Zeitraum mehr als
verdoppelt.
## Leichter Anstieg bei Antisemitismus
Das Gros der Fälle, die in der Beratung der Antidiskriminierungsstelle
landeten, waren laut der Anfrage rassistische Diskriminierungen: 203
Vorfälle wiesen Merkmale von Rassismen in Bezug auf Herkunft, Nationalität
oder Sprache auf. Fälle von Antisemitismus wurden 2019/20 25 gezählt
(Vorjahr: 19).
Ebenfalls bemerkenswert: Nur bei 15 von insgesamt 313 Meldungen in 2019/20
erwies sich in der anschließenden Beratung und Begleitung des Falls kein
Hinweis auf eine tatsächliche Diskriminierung. Das heißt: Die allermeisten
Menschen, die sich an die Antidiskriminierungsstelle wenden, haben allen
Grund dazu.
Disziplinarmaßnahmen gegenüber Lehrkräften, auch das macht die Antwort der
Bildungsverwaltung deutlich, werden hingegen kaum erlassen: Seit dem 1.
Januar 2015 habe man – allerdings nur auf die verbeamteten KollegInnen
bezogen – 29 Disziplinarmaßnahmen eingeleitet. In 14 Fällen konnte man dann
„kein diskriminierendes Verhalten“ feststellen. In zehn Fällen steht die
Entscheidung allerdings noch aus.
Derzeit ist die Stelle des Antidiskriminierungsbeauftragten vakant. Der
[3][bisherige Amtsinhaber, Derviş Hızarcı], hatte erst Anfang September
nach nur einem Jahr wieder hingeschmissen – offiziell soll der Job bei
einer Stiftung schlicht zu reizvoll gewesen sein. Hizarcis Vorgängerin
Gomis hingegen hatte bei ihrem Abgang kritisiert, es fehle der Stelle an
Handlungsspielraum: Die Antidiskriminierungsbeauftragte ist nicht Teil des
Krisenteams einer Schule. Im Konfliktfall ist ihre Hilfe also nicht
verbindlich – die Schulen können einen Besuch schlicht ablehnen.
20 Sep 2020
## LINKS
[1] /Saraya-Gomis-hoert-auf/!5600172
[2] /Diskriminierung-an-Berliner-Schulen/!5566754
[3] /Antidiskriminierungsbeauftragter-geht/!5708061
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Antidiskriminierung
Antisemitismus
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