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# taz.de -- Demonstrationen in Thailand: „Nieder mit der Diktatur!“
> Thailands junge Generation demonstrierte am Samstag erneut gegen die
> Militärjunta und für eine Reform der Monarchie. Das Datum ist nicht
> zufällig.
Bild: Am Samstag protestierten in Bangkok Tausende gegen das Regime unter Gener…
Hamburg taz | Es nieselte leicht, als sich [1][Studierende und zumeist
junge AktivistInnen] innerhalb des Campus der Thammasat Universität
versammelten: Mit Parolen wie „Nieder mit der Diktatur!“ und „Lang lebe d…
Demokratie“ machten sie am Samstag ihrem Unmut Luft.
Sechs Jahre unter Prayuth seien sechs Jahre Elend, brachte es ein Sprecher
auf den Punkt. Seit dem vom damaligen Armeechef Prayuth Chan-o-cha
angeführten Putsch vom 22. Mai 2014 sind [2][Repressionen, Drohungen und
Gewalt gegen Oppositionelle und Dissidenten] nahezu an der Tagesordnung.
Zudem hat sich die wirtschaftliche Misere durch den Ausbruch der
Corona-Pandemie verschärft. Thailands Tourismusindustrie liegt am Boden,
und die, die in sozialer Verelendung leben, fühlen sich unbeachtet.
Wenig später zogen die Demonstrantinnen und Demonstranten vom
Thammasat-Campus zum gegenüberliegenden Platz „Sanam Luang“ (Königliches
Gelände) – obwohl beide Areale von den Behörden ursprünglich zu
„No-Go-Zonen“ erklärt worden waren.
Bis zum frühen Abend war die Zahl der Protestierenden laut offiziellen
Angaben auf etwa 20.000 angewachsen; allerdings hatten sich zuvor noch
weitere 10.000 Menschen angekündigt. Sie wiederholten ihre Forderung nach
einer Verfassung, die gleiches Recht für alle garantiert, und nicht dazu
dient, den Machtanspruch einer vergleichsweise kleinen feudalistischen und
konservativen Elite zu untermauern.
Damit gingen sie ein Thema an, das in dem buddhistischen Königreich als
Tabu gilt: die Rolle der Monarchie, deren Verwicklungen in die Politik und
die Verflechtungen mit Thailands mächtigem Militär. Nicht einmal sechs
Wochen ist es her, dass auf dem Campus der Thammasat Universität eine
Erklärung verlesen wurde, in der die Studierenden eine grundlegende
[3][Reform der Monarchie] unter König Maha Vajiralongkorn forderten,
[4][der bekanntlich lieber luxuriös in Bayern residiert], anstatt sich in
Bangkok um die Belange des Volkes zu kümmern.
[5][In jener Erklärung vom 10. August hatte die junge Generation vor allem
Transparenz und Rechenschaftspflicht verlangt]. Thailand müsse sich zu
einer echten Demokratie wandeln, in welcher der König wahrhaft über der
Politik stehe.
Zum Beispiel müsse es möglich sein, Fehlverhalten des Monarchen zu
untersuchen. Auch dürfe dieser künftig keine Militärputsche mehr absegnen.
„Wir sind nicht gegen die Monarchie als Institution“, machte ein Aktivist
am Samstag erneut deutlich. „Aber wir sind gegen jene Unbelehrbaren, die
sich auf die Seite der Monarchie stellen, um politischen Nutzen daraus zu
ziehen.“ Das zielt vor allem auf die Armee, die vergangene Putsche immer
wieder mit dem „Schutz“ des Königshauses rechtfertigte, aber als
selbsternannte „Wächterin der Monarchie“ in Wirklichkeit nur den eigenen
Machtanspruch festigen will.
## Auch „Rothemden“ unter den Protestierenden
In seiner komprimierten Form gilt der Inhalt des sogenannten
„Thammasat-Manifests“ als beispiellos. Jedoch sind die Initiatorinnen und
Initiatoren der aktuellen Proteste nicht die ersten, die den vom
reaktionären Establishment verteidigten Status Quo „Nation, Religion,
König“ herausfordern. Ähnliches hatten bereits die „Rothemden“ getan, d…
weitgehend Anhängerinnen und Anhänger von Ex-Premierminister Thaksin
Shinawatra sind.
Thaksin war am 19. September 2006 vom Militär gestürzt worden. Dieser
Putsch vor genau 14 Jahren war die Geburtsstunde des sogenannten
„Rot-Gelb-Konflikts“, in dessen Zuge sowohl die „roten“ UnterstützerIn…
Thaksins als auch dessen Erzfeinde, allgemein „Gelbhemden“ genannt, auf die
Straßen gegangen waren.
Seit dem von Prayuth angeführten Putsch 2014 gegen die Regierung unter
Thaksins Schwester [6][Yingluck Shinawatra] hatten sich die meisten
„Rothemden“ still verhalten. Nun aber mischten sich rote Gruppierungen
unter die protestierenden Jugendlichen, ebenso wie Aktivistinnen und
Aktivisten für die Rechte der Arbeiterschaft und der LGBTQ*-Community.
Dass die „Rothemden“ an diesem Tag Flagge zeigten, stärke die Anliegen der
jungen Generation, sagte eine Teilnehmerin. Es erfordert Mut, sich offen zu
einer nachhaltigen Reform der Monarchie zu bekennen. Nicht zuletzt wegen
des drakonischen „Gesetzes gegen Majestätsbeleidigung“, das jedem
Beschuldigten pro Anklagepunkt bis zu 15 Jahre Haft einbringen kann.
Führende Köpfe der aktuellen Protestbewegung waren zuvor wegen Aufwiegelung
verhaftet worden.
## Internationale Solidaritätsbekundungen
Die Thammasat-Universität und deren Umgebung sind traditionsreiche Orte,
von denen schon in der Vergangenheit prodemokratische Proteste ausgingen.
Im Spätsommer und Herbst 1976 hatte sich die progressive Studierendenschaft
gegen die Rückkehr des einstigen Militärmachthabers Thanom Kittikachorn aus
dem Exil aufgelehnt.
Thanom war drei Jahre vorher durch einen Volksaufstand aus dem Land gejagt
worden. Im Zuge zunehmender antikommunistischer Hetze 1976 hatten
ultrarechte Kreise den studentischen Widerstand zum Anlass genommen, brutal
gegen die damals Protestierenden vorzugehen, denen unterstellt worden war,
die Monarchie stürzen zu wollen. Das Massaker an der Thammasat Universität
und auf dem Sanam Luang vom 6. Oktober 1976 gilt als eines der dunkelsten
Kapitel in Thailands jüngerer Geschichte.
International waren am Samstag Solidaritätskundgebungen mit den jungen
Demonstrantinnen und Demonstranten in Thailand angekündigt, darunter in
Deutschland, Frankreich, Japan, Taiwan, den USA und Skandinavien. Für
Sonntag planen sie einen Marsch durch Bangkok – Route und Ziel waren
offiziell noch nicht bekannt.
19 Sep 2020
## LINKS
[1] /Proteste-in-Thailand/!5702410
[2] /Thailands-Juntachef-simuliert-Demokratie/!5598235
[3] /Demokratie-Proteste-in-Thailand/!5701320
[4] /Thailands-Monarch-in-Bayern/!5675208
[5] /Proteste-gegen-Thailands-Monarchie/!5707189
[6] /Thailands-fruehere-Premierministerin/!5442231
## AUTOREN
Nicola Glass
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Militärjunta
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