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# taz.de -- Griechische Reaktion auf Brand in Moria: „Ein geplantes politisch…
> Nach dem Brand im Lager Moria kritisiert die griechische Opposition die
> Regierung scharf. Sie fordert den Rücktritt des Migrationsministers.
Bild: Ort der Zerstörung: das Flüchtlingslager Moria nach der Brandkatastrophe
Der Brand im Flüchtlingslager Moria hat in Griechenland zu heftiger Kritik
an die Regierung seitens der Opposition geführt. Die linke Syriza, bis zum
Juli 2019 selbst Regierungspartei und nun größte griechische
Oppositionspartei, beschuldigt die konservative aktuelle Regierung Nea
Dimokratia, für den Brand in Moria politisch verantwortlich zu sein.
Im Syriza-nahen Radiosender Sto Kokkino sprach der aus Lesbos stammende
linke Parlamentsabgeordnete Giannis Bornous von einem „geplanten
politischen Verbrechen“ seitens der Regierung Mitsotakis, die es zugelassen
habe, dass die Zahl der Geflüchteten im Camp von knapp 6.000 Menschen kurz
vor den Wahlen letzten Jahres auf über 21.000 im Februar 2020 angewachsen
sei. Außerdem beklagte er, dass die Regierung sehr spät damit angefangen
habe, Menschen aus Moria aufs Festland zu bringen. Giannis Bornous forderte
den Rücktritt des konservativen Migrationsministers Notis Mitarakis.
„Wenn das Auffanglager von Moria 5.000 bis 6.000 Bewohner gehabt hätte,
wären sowohl die festgestellten Coronafälle als auch die Quarantäne zu
managen gewesen. Stattdessen hatte die Regierung vor wenigen Tagen
offiziell entschieden, das Camp Moria zu einem großen geschlossenen Camp zu
machen“, so der linke Politiker.
Als letzte Woche der erste positive Coronafall im Camp Moria bekannt wurde,
sah sich die konservative Regierung Mitsotakis in ihrem Vorhaben bestätigt,
alle offenen Camps auf den fünf betroffenen Ägäisinseln Lesbos, Chios,
Leros, Samos, Kos in geschlossene Lager zu verwandeln. Schließlich, so die
Begründung, hatte es sich beim ersten bekannten Coronafall um einen
anerkannten Flüchtling gehandelt, der Moria verlassen hatte und
anschließend eine Aufenthaltserlaubnis von der Asylbehörde in Athen bekam.
Trotzdem war der 40-jährige Mann Ende August nach Moria zurückkehrt,
nachdem er in Athen keine Arbeit und keine Wohnung fand. Zurück in Moria,
lebte er in einem Zelt außerhalb des offiziellen Camps, wo er auch die
ersten Coronasymptome aufwies. Dies wäre nicht passiert, so auch der
griechische Migrationsminister Mitarakis, wenn Moria schon längst ein
geschlossenes Lager gewesen wäre. Gerade diese Instrumentalisierung des
ersten Coronafalls in Moria, um eine noch strengere Flüchtlings- und
Asylpolitik voranzutreiben, hatten auch Nichtregierungsorganisationen
kritisiert, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind, zum Beispiel Oxfam und
der Griechische Rat für Flüchtlinge.
Während auch die anderen griechischen Oppositionsparteien Kritik an der
konservativen griechischen Regierung üben, die die Geflüchteten in einem
überfüllten Camp unter Quarantäne gestellt hat, geht die Kritik der rechten
Partei Griechische Lösung, die seit den letzten Wahlen im griechischen
Parlament sitzt und für ihre Rhetorik gegen Migranten und Flüchtlinge
bekannt ist, in eine komplett andere Richtung.
Die Brandstiftung in Moria sei eine Kriegshandlung, so die rechtsextreme
Partei, die „ein letztes Mal daran appelliert, illegale Migranten sofort
abzuschieben oder sie auf unbewohnte Inseln zu transportieren“. Damit zeigt
sie ein weiteres Mal, dass sie in ihrer Hetze gegen Migrantinnen und
Migranten die nicht mehr im Parlament sitzende griechische Neonazi-Partei
Goldene Morgenröte abgelöst hat.
Wie der griechische Vize-Migrationsminister Giorgos Koumountsakos am
Mittwochnachmittag bekannt gab, sollen die obdachlosen Migranten vorerst in
Zelten unterkommen. Koumountsakos charakterisierte die Situation auf Lesbos
nach dem Brand als „eine humanitäre Krise“. Ohne die genauen Brandumstände
zu erwähnen, da diese offiziell noch untersucht werden, sprach er von
dramatischen Ereignissen, die zu einem großen Brand geführt hätten. „Das
Lager ist zerstört. Das Ergebnis: Einige tausend Menschen sind obdachlos.
Die Kombination von Migration und Pandemie führt zu einer sehr
herausfordernden Situation“, so der Vize-Migrationsminister. Priorität
hätten nun diejenigen, die besonderen Schutz brauchen: „Alle unbegleitete
Minderjährigen wurden an sichere Orte oder in Hotels gebracht. Andere
schutzbedürftige Migranten werden auch an sichere Orte gebracht.“
Um sich selbst ein Bild von der Brandkatastrophe zu machen, waren am
Mittwoch Regierungsmitglieder, darunter auch der griechische
Migrationsminister Notis Mitarakis, nach Lesbos gereist. Dass jedoch der
Traum vieler Migranten wahr wird und die Menschen aus Moria aufs Festland
und dort in gute Unterkünfte gebracht werden, ist nicht wahrscheinlich. Die
Regierung bevorzugt eine Lösung auf der Insel Lesbos und argumentiert
damit, dass die Ausbreitung des Coronavirus vermieden werden muss. Deshalb
sollen auch die Geflüchteten die Insel nicht verlassen.
9 Sep 2020
## AUTOREN
Rodothea Seralidou
## TAGS
Moria
Lesbos
Feuer
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Schwerpunkt Coronavirus
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Schwerpunkt Flucht
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