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# taz.de -- Linken-Politiker Michel Brandt über Moria: „Deutschland muss jet…
> Der Brand in Moria sei absehbar gewesen, sagt Linken-Politiker Michel
> Brandt. Er fordert, alle Flüchtlinge aus dem Lager aufzunehmen.
Bild: Moria brennt: das Lager am 9. September
taz: Herr Brandt, das Lager in Moria war seit Jahren hoffnungslos
überfüllt. Sind die [1][Brände vom Mittwoch] eine Katastrophe mit Ansage?
Das war nicht nur eine Katastrophe mit Ansage, ich würde sogar sagen, sie
war politisch gewollt. Alle wussten von den Zuständen in Moria, kein
EU-Land ist dagegen eingeschritten.
Wollen Sie wirklich sagen, der Brand in Moria sei absehbar gewesen?
Zumindest die Zustände auf Moria waren politisch gewollt, um Menschen davon
abzuhalten, nach Europa zu kommen. Man hat die Katastrophe sehenden Auges
hingenommen.
Sie waren vor einem Jahr in Moria, wie haben Sie die Verhältnisse im Lager
erlebt?
Katastrophal. Schon damals lebten 13.500 Menschen dort, genauso viele wie
heute. Das Lager ist aber nur für 3.000 Menschen ausgelegt. Die Menschen
leben also zusammengepfercht auf engstem Raum. Es gibt kaum medizinische
Versorgung. Um die 13.500 Bewohner kümmerte sich damals genau ein Arzt.
Die Schutzzonen, die eigentlich für besonders Schutzbedürftige wie Frauen
und Kinder eingerichtet sind, sind viel zu klein. Die Zäune waren
aufgeschnitten. Es gab kaum Duschen, kaum Toiletten, kein fließendes
Wasser. Die hygienische Situation ist indiskutabel. Auch die Zäune um das
Lager herum sind aufgeschnitten, im Wald dahinter campierten die Menschen
wild.
Moria stand seit einer Wochen unter Quarantäne, weil [2][Corona im Lager
ausgebrochen war]. Was heißt das für die Menschen?
Die Menschen, die sowieso schon auf engstem Raum lebten, hatten nun gar
keine Möglichkeit mehr, sich außerhalb des Lagers zu bewegen. Sie konnten
sich auf eigene Faust keine Lebensmittel beschaffen oder Kontakt zu den
NGOs aufzunehmen, die um das Lager herum aktiv sind. Die Menschen standen
stundenlang für etwas zu essen an. Hinzu kam die Unsicherheit seit dem
Ausbruch von Corona und die fehlende medizinische Versorgung.
Könnten die Bewohner das Feuer selbst gelegt haben, um auf ihre Lage
aufmerksam zu machen?
Das weiß ich nicht und will es auch nicht beurteilen. Aber das ist auch
nicht entscheidend. Was in Moria seit Jahren passiert, verstößt gegen jedes
Menschenrecht. Dieses Lager und alle anderen Hotspots müssen sofort
aufgelöst werden.
Wo sollen die Menschen denn hin? Nach Deutschland?
13.500 Menschen nach Deutschland zu evakuieren, ist überhaupt kein Problem.
Es gibt mittlerweile 160 Kommunen, die aufnahmebereit sind, und dazu drei
Bundesländer, die bereit sind, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge
aufzunehmen. Diesen Menschen muss jetzt geholfen werden.
Aber Deutschland ist schon Vorreiter. Insgesamt hat Deutschland 1.000 von
insgesamt 2.000 EU-Plätzen für die Umsiedlung von Geflüchteten
bereitgestellt und zwei Drittel der Zusage bereits eingelöst. Ist es
wirklich das richtige Signal, wenn Deutschland allein vorprescht, statt
eine europäische Lösung zu suchen?
Es ist kein falsches Signal, wenn man Menschen in einer Notlage hilft. Eine
europäische Lösung wäre mir auch lieber. Aber es hat nun monatelang
Gespräche auf EU-Ebene gegeben, die ohne Ergebnis blieben. Wenn es keine
europäischen Lösung gibt, muss Deutschland jetzt vorangehen.
9 Sep 2020
## LINKS
[1] /Fluechtlingslager-Moria-in-Flammen/!5713341
[2] /Gefluechtete-auf-Lesbos/!5712046
## AUTOREN
Anna Lehmann
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Schwerpunkt Flucht
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