| # taz.de -- Berliner Grüne zu Brand in Moria: „Berlin wird Druck machen“ | |
| > Rot-Rot-Grün werde das „Nein“ des Bundes zu einem eigenen | |
| > Landesaufnahmeprogramm nicht mehr akzeptieren, sagt Grünen-Politikerin | |
| > Jarasch. | |
| Bild: Bettina Jarasch ist flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im Berl… | |
| taz: Frau Jarasch, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie die | |
| [1][brennenden Flüchtlingscamps in Moria] sehen? | |
| Bettina Jarasch: Es macht mich wütend, weil es so absehbar war, dass so | |
| etwas passieren kann. Spätestens seit Coronafälle im Lager bekannt geworden | |
| sind und die Camps einfach abgeriegelt wurden, als es also weitere | |
| Zwangsmaßnahmen gab statt Hilfsangebote, musste man davon ausgehen, dass es | |
| weiter eskaliert. | |
| Apropos Hilfsangebote: Im Mai wurde beschlossen, dass Berlin über das | |
| Bundesprogramm von Innenminister Horst Seehofer (CSU) rund 150 Geflüchtete | |
| aus Moria aufnehmen soll. Ende Juli sollten die ersten kommen. Wie viele | |
| sind jetzt da? | |
| Meines Wissens sind bisher gerade mal knapp 60 Menschen in Berlin | |
| angekommen – und die 8 unbegleiteten Minderjährigen aus dem Frühjahr. | |
| Wo hakt es? | |
| Die Umsetzung ist aufwendig. Da braucht es für jeden einzelnen Asylfall ein | |
| Dossier mit Stellungnahmen von UNHCR und anderen Organisationen. Und weil | |
| es ein Bundesprogramm ist, können wir da als Land auch nichts | |
| beschleunigen. Aber es ist klar: Das muss jetzt schneller gehen. | |
| Was ist mit dem Berliner Landesaufnahmeprogramm, das bisher an der | |
| Zustimmung Seehofers scheiterte: Lässt die Koalition das Scheitern so | |
| stehen? | |
| Nein, mit den Bildern aus Moria dieser Tage ist endgültig Schluss. Berlin | |
| kann und wird da noch mal Druck machen. An dieser Stelle steht Rot-Rot-Grün | |
| geschlossen. | |
| Wie wollen Sie denn Druck machen – das Nein von Seehofer ist bisher ja | |
| eindeutig. | |
| Am 18. September tagt der Bundesrat, da muss das Thema auf die Agenda – und | |
| dann braucht es einen gemeinsamen Beschluss der Länder, dass wir mehr | |
| Geflüchtete aufnehmen können als die 928 Menschen, die bisher kommen | |
| dürfen. Die Länder hatten ja in einer Abfrage durch das | |
| Bundesinnenministerium selbst auch viel mehr Plätze gemeldet, nämlich | |
| 2.100. Und ich bin sicher, dass eine nochmalige Abfrage höhere Zahlen | |
| bringen würde, auch für Berlin. | |
| Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) hatte im Frühjahr gesagt, Berlin | |
| könne 2.000 Geflüchtete aufnehmen. | |
| Die Abfrage durch das Innenministerium bezog sich nur auf Familien mit | |
| kranken Kindern. Da hieß es, Berlin kann kurzfristig 300 dieser Menschen | |
| aufnehmen. Aber ja, Berlin kann in jedem Fall mehr als die 150 Geflüchteten | |
| unterbringen, die vom Bund zugewiesen wurden. Und natürlich kann es jetzt | |
| nicht mehr nur um besonders schutzbedürftige Menschen gehen, das ist jetzt | |
| einfach eine Notlage für alle dort in den Camps. Und da muss sich jetzt, | |
| apropos Druck machen, auch die Europäische Ratspräsidentschaft bemühen, da | |
| kann man Griechenland nicht alleinlassen. | |
| Hätte Berlin ein eigenes Aufnahmeprogramm, könnte man jetzt handeln und | |
| müsste nicht auf Seehofer oder Europa warten. | |
| Wir prüfen als Koalition gerade intensiv, ob wir Rechtsmittel einlegen und | |
| gegen die Ablehnung des Landesprogramms klagen. Wir wollen erreichen, dass | |
| das Aufenthaltsgesetz so geändert wird, dass die Einvernehmensregelung mit | |
| dem Bund gekippt wird. Wir Grüne sind fest überzeugt, dass der Paragraf 23 | |
| den Ländern Spielraum für humanitäre Aktivitäten lässt, dazu liegen | |
| inzwischen auch viele rechtliche Expertisen vor, insofern ist die Position | |
| von Seehofer juristisch mindestens angreifbar. Aber so eine Klage dauert, | |
| das bringt die Menschen jetzt nicht hierher. Und sie brauchen jetzt Hilfe. | |
| Seehofer kann sich weder als Christ noch als guter Europäer mehr blicken | |
| lassen, wenn er das jetzt nicht zur Chefsache macht. | |
| 9 Sep 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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