# taz.de -- Offizielle Zahlen zu Nazi-Konzerten: Bloß ein statistischer Fehler? | |
> In den letzten Verfassungschutzberichten sind nicht alle rechtsextremen | |
> Konzerte aufgelistet, die stattfanden. Das Innenministerium weist den | |
> Vorwurf der Lüge zurück. | |
Bild: Wat ne traurige Veranstaltung: „Rock gegen Überfremdung“ im thüring… | |
BERLIN epd | Im Verfassungsschutzbericht tauchen nicht alle als | |
rechtsextremistisch eingestuften Konzerte auf. „Die Verfassungsschutzämter | |
belügen in ihren Berichten die Öffentlichkeit“, erklärte die | |
Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst | |
(epd) in Berlin. „Der Inlandsgeheimdienst verharmlost das tatsächliche | |
Ausmaß der Nazi-Umtriebe in Deutschland.“ In den Verfassungsschutzberichten | |
für 2018 und 2019 seien deutlich weniger Veranstaltungen aufgezählt worden, | |
als die Bundesregierung den Bundestagsabgeordneten auf Anfragen hin | |
mitgeteilt habe. | |
Das Bundesinnenministerium wies den Vorwurf der Lüge entschieden zurück. Es | |
bestehe eine „statistische Diskrepanz“ zwischen den Angaben zu | |
rechtsextremistischen Musikveranstaltungen im parlamentarischen Fragewesen | |
im Vergleich zum jährlichen Verfassungsschutzbericht, erklärte das | |
Ministerium in Berlin. | |
Diese Diskrepanz sei auf eine unterschiedliche Veröffentlichungs- und | |
Berichtspraxis, auch in der Abstimmung zwischen Bund und Ländern, | |
zurückzuführen. Eine solche statistische Diskrepanz sollte es möglichst | |
nicht geben, räumte das Ministerium ein. Die derzeitige Berichtspraxis | |
werde geprüft. | |
Nach Darstellung von Jelpke wurden den Abgeordneten für 2018 insgesamt 320 | |
[1][Konzerte der rechtsextremen Szene] genannt, im Bericht des | |
Bundesverfassungsschutzes aber nur 270 Konzerte. Für 2019 waren laut | |
Regierungsantworten 372 rechtsextreme Musikveranstaltungen registriert | |
worden, aber nur 311 laut Verfassungsschutzbericht. Die Zeitungen der | |
Essener Funke Mediengruppe hatten zuerst über dieses Thema berichtet. | |
## Innenministerium streitet Fehler ab | |
Die nachträgliche Streichung eines Teils der Konzerte sei bei der | |
jährlichen Abstimmung mit den Landesämtern für Verfassungsschutz erfolgt, | |
heißt es in einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine | |
parlamentarische Anfrage der Linken-Fraktion, die dem epd vorliegt. Grund | |
dafür sei, dass die Landesämter „nur solche Musikveranstaltungen für den | |
eigenen Jahresbericht statistisch erfassen, über deren Durchführung offene | |
bzw. maximal als ‚Verschlusssache (VS)-Nur für den Dienstgebrauch‘ | |
eingestufte Erkenntnisse vorliegen“, heißt es laut Bericht. Konzerte, über | |
die geheime „höher eingestufte Erkenntnisse“ vorlagen, seien nicht gezählt | |
worden. | |
In seiner Stellungnahme vom Mittwoch, 2. September, erläuterte das | |
Bundesinnenministerium, dass insbesondere dann von einzelnen Landesämtern | |
für Verfassungsschutz Musikveranstaltungen für den Jahresbericht nicht | |
berücksichtigt würden, wenn die Zahl der Musikveranstaltungen mit „höher | |
eingestuften Erkenntnissen“ gering sei. Denn dann seien unter Umständen | |
Rückschlüsse auf einzelne Veranstaltungen möglich und operative Maßnahmen | |
gefährdet. | |
Für die Beantwortung der quartalsweisen parlamentarischen Anfragen zähle | |
das [2][Bundesamt für Verfassungsschutz] hingegen der Vollständigkeit | |
halber alle bis zum Beantwortungszeitpunkt bekannten Musikveranstaltungen, | |
betonte das Ministerium. Dies geschehe unabhängig von der jeweiligen | |
Einstufung. Wegen der größeren Gesamtzahl und der bundesweiten Angabe ohne | |
Länderzuordnung bestehe keine Gefährdung der operativen Maßnahmen. | |
2 Sep 2020 | |
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