# taz.de -- Großdemo in Zeiten der Pandemie: Todmüde, aber voller Wagemut | |
> Videoleinwände, eine Bühne, mehrere Demozüge, die sich nicht begegnen | |
> sollen: Seit Wochen organisieren Aktivist*innen die heutige Hamburger | |
> Großdemo. | |
Bild: Unüberhörbar: Der Lautsprecherwagen ist auch bei der Demo heute | |
HAMBURG taz | Es ist Samstagabend, in den Räumen des Asta der Uni Hamburg | |
sitzen 15 Aktivist*innen von Fridays for Future. Drei Stunden geht das | |
Treffen schon, es wird bis in die Nacht gehen. Die „Klimabewegung“ | |
[1][plant ihre Großdemonstration], für die Aktivist*innen bedeutet das | |
wochenlang Ausnahmezustand. | |
Die „Klimabewegung“, damit sind wir gemeint. Schüler*innen, Studierende und | |
Azubis aus Hamburg und Umgebung, alle zwischen 13 und 28 Jahren alt. Wir | |
haben in den vergangenen Wochen viel Zeit und Mut investiert, um den | |
sechsten globalen Klimastreik möglich zu machen. Schon eine normale | |
Großdemonstration ist in der Organisation eine Herausforderung, die | |
Coronabedingungen und die Diskursverschiebung der letzten Monate machen die | |
Planungen jetzt für uns alle noch einmal schwieriger. | |
Klima ist so 2019, jetzt dominiert überall die Pandemie. Nur die eine, | |
medial omnipräsente Krise hat es mit an den Küchentisch geschafft. Die | |
andere läuft wie die Sturmfluten, die sie mit sich bringt, in unsere | |
Kellergeschosse hinein. Konkrete Maßnahmen wurden auf unbestimmte Zeit | |
verschoben. Das müssen und wollen wir ändern. | |
Zu den Aktivist*innen in den Räumen des Asta gehört auch Matthes. Er ist 23 | |
Jahre alt und der Versammlungsleiter der Großdemo. Konzentriert blickt er | |
auf seinen Laptop: „Am Dienstag machen wir die Ortsbegehung. Wer ist | |
dabei?“ Bei den anderen Anwesenden gehen vereinzelt die Hände nach oben. | |
„Leute, das ist wichtig“, sagt Matthes. Dann werden es deutlich mehr | |
Meldungen. | |
## Diesmal kein Festival-Charakter | |
In der Vergangenheit hatten die [2][Großdemonstrationen von Fridays for | |
Future] oft Festival-Charakter. Ernst in der Sache, aber bunt und laut in | |
der Durchführung. Zehntausende Menschen, dicht an dicht. Durch Corona wird | |
dieses Mal alles anders, was auch die Ortsbegehungen noch wichtiger macht. | |
Es gibt drei Zubringerdemos, die die Teilnehmenden ab 14 Uhr aus der ganzen | |
Stadt auf die Ludwig-Erhard- und die Willy-Brandt-Straße bringen. | |
Auf einer Länge von 1,5 Kilometern erstreckt sich dort der | |
Endkundgebungsort. Neben einer Bühne werden mehrere Videoleinwände, alles | |
durch Spenden finanziert, auf der Versammlungsfläche stehen, damit alle | |
Teilnehmenden genug Abstand halten können. „Für diese Demo müssen wir noch | |
einmal in ganz anderen Dimensionen denken, das macht alles aufwendiger“, | |
sagt Matthes. Zum Vergleich: Im Februar, bei der Großdemonstration vor der | |
Bürgerschaftswahl, war die Kundgebungsfläche nur 500 Meter lang. | |
Ortswechsel, ein paar Tage später: Das [3][Klimacamp von Fridays for | |
Future] am Speersort. Mitte August sind wir anderen Ortsgruppen gefolgt und | |
haben ein Protestcamp aufgebaut, weil der Senat die Klimakrise weiter | |
missachtet. Sechs Wochen steht es jetzt und ist Dreh- und Angelpunkt | |
unserer Mobilisierungsarbeit für den globalen Streiktag. „So, das muss | |
jetzt trocknen. Sieht doch aber sehr gut aus“, sagt Henrike und blickt auf | |
ein zwischen Europaletten liegendes Transparent. „Kein Grad weiter!“ steht | |
drauf, das ist das Motto für den 25. September. | |
Zur Organisation einer FFF-Großdemo braucht es immer eine Menge Personal, | |
die Aufgabenverteilung ist vielfältig. Logistik, Sicherheit, Programm, | |
Pressearbeit oder dieses Mal auch Infektionsschutz. Jede*r kann wichtige | |
Aufgaben übernehmen, rund 30 Menschen arbeiten derzeit rund um die Uhr und | |
ehrenamtlich, damit die Demo reibungslos abläuft. „Wir waren erst | |
skeptisch, weil die Pandemie auch unserer Motivation zugesetzt hatte. Aber | |
jetzt ist der Schwung wieder da“, sagt Henrike. | |
Wie zuletzt im Februar oder vor einem Jahr im September ist uns | |
Aktivist*innen klar: Auch diese Demo ist ein einziges Wagnis. Ob wirklich | |
viele Menschen kommen, weiß niemand. Zu Hause war zuletzt kaum eine*r mehr, | |
jeden Tag gab es stundenlange Treffen. Der in der Ortsgruppe sonst sehr | |
beliebte Telegram-Sticker mit dem Spruch „Nur ausgeschlafene | |
Klimaaktivistis sind gute Klimaaktivistis“ wurde kurzerhand verdrängt. Sein | |
Nachfolger ist aber ebenso deutlich. „Das ist ja der absolute Oberhammer!“ | |
wird sich jetzt Orga-intern als Motivationsbotschaft auf die Handys | |
geschickt. | |
24 Sep 2020 | |
## LINKS | |
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[3] /Fridays-for-Future-campt-in-Hamburg/!5704400 | |
## AUTOREN | |
Philipp Wenzel | |
Philipp | |
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