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# taz.de -- Verlogenheit beim Flüchtlingsthema: Würdeloses Gefeilsche
> Deutschlands Flüchtlingspolitik ist beschämend: Man nennt eine Zahl, gibt
> sich mitfühlend – und weiß, dass Innenminister Seehofer sowieso Nein
> sagen wird.
Bild: Bleibt bei seiner harten Haltung: Innenminister Horst Seehofer
Deutschland und die EU hängen in Sachen Flüchtlinge und Asyl in einem nie
endenden Murmeltiertag fest. Weil eine gemeinsame, die Probleme wirklich
angehende Politik aufgrund nationaler Egoismen nicht zustande kommt, geht
das Gefeilsche um die Aufnahme von Menschen in Not immer wieder von vorne
los. [1][So war es nach dem Flüchtlingssommer 2015], als Horst Seehofer,
damals noch CSU-Chef, unbedingt eine „Obergrenze“ von 200.000 Flüchtlingen
für Deutschland wollte. Als ob sich die Zubilligung von (Menschen-)Rechten
zahlenmäßig beziffern ließe.
So ist es nach jeder geglückten Seenotrettung im Mittelmeer: In der Regel
vergehen Tage und Wochen, bis die Menschen an Land dürfen, weil sich erst
ein paar Länder gnädig bereit erklären müssen, sie aufzunehmen.
Jetzt hat der Basar wieder geöffnet: 100 bis 150 Geflüchtete meint
Bundesinnenminister Seehofer nach der Zerstörung des Flüchtlingslagers
Moria aufnehmen zu können – natürlich nur, wenn andere EU-Länder mitziehen.
„Beschämend“, kommentierte Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) die
Zahl ganz richtig – allerdings bietet auch Berlin mit seinem geplanten
Landesaufnahmeprogramm, dem Seehofer weiter die Zustimmung verweigert,
bislang nur bis zu 300 Plätze an. Dabei stehen in der Hauptstadt seit
Monaten rund 2.000 Plätze in Flüchtlingsheimen leer, weil die europäische
Abschottung so gut funktioniert.
Deutlich beeindruckender ist da schon [2][das Gebot vom Bewerber um den
CDU-Vorsitz Norbert Röttgen], der 5.000 Geflüchtete aus Moria nehmen würde.
„Es ist unser christlich-demokratischer Anspruch an Politik, dass wir jetzt
helfen“, erklärte er am Wochenende. Was an 5.000 „christlich-demokratisch�…
ist, wenn es akut um mehr als 13.000 obdachlose Menschen geht, bleibt sein
Geheimnis.
Ist aber auch egal – Hauptsache, man nennt eine Zahl und gibt sich
mitfühlend. Da man weiß, dass Seehofer sowieso Nein sagt, kann man auf
diese Art billig Beifall einheimsen bei allen WählerInnen, denen die Lage
an den EU-Außengrenzen schon lange und zunehmend Magenschmerzen verursacht.
Dasselbe gilt für die verlogenen Krokodilstränen, die sich manche
PolitikerInnen gerade aus den Augen pressen. Etwa SPD-Chefin Saskia Esken,
die per Twitter verkündete: „Die #Verzweiflung der Geflüchteten verträgt
kein Warten mehr. Wir wollen jetzt handeln.“ Das sah dann so aus, dass am
selben Tag, am Freitag, ihre Fraktion im Bundestag gegen den Antrag der
Linksfraktion stimmte, die 13.000 Geflüchteten aus Moria in Deutschland
aufzunehmen. So viel zum Thema Menschlichkeit.
13 Sep 2020
## LINKS
[1] /Fuenf-Jahre-deutsche-Willkommenskultur/!5706916
[2] /Nach-dem-Brand-im-Lager-Moria/!5713663
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Moria
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Schwerpunkt Flucht
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