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# taz.de -- Israel und die Emirate nähern sich an: Ein Knall und ein Aber
> Israel und die Emirate wollen Beziehungen aufnehmen, die Annexionen im
> Westjordanland werden aufgeschoben. Sie sind aber nicht vom Tisch, sagt
> Netanjahu.
Bild: Rudert gleich wieder ein Stück zurück: Israels Ministerpräsident Benja…
Berlin taz | Man hatte sich schon mehrfach die Augen gerieben in den
vergangenen Monaten: Da wandte sich ein Top-Diplomat der Vereinigten
Arabischen Emirate im Juni in einem langen Gastbeitrag [1][auf Seite 1
einer israelischen Tageszeitung] direkt an die BürgerInnen des jüdischen
Staats – ein historischer Vorgang. Zwar warnte er in klaren Worten vor
Israels Plänen, Teile des Westjordanlands zu annektieren, aber er bot auch
eine Normalisierung der Beziehungen an.
Ebenjener Yousef al-Otaiba, der emiratische Botschafter in den USA, war
auch einer von drei golfarabischen Botschaftern, die im Januar anwesend
waren, als US-Präsident Donald Trump und Israels Premier Benjamin Netanjahu
[2][im Weißen Haus den umstrittenen US-Plan für den Nahen Osten
vorstellten], der ganz im Sinne der israelischen Rechten ist, während die
Palästinenser noch nicht einmal einbezogen worden waren in die
Konsultationen.
Trotzdem schlug [3][die Nachricht am Donnerstagnachmittag ein wie eine
Bombe]: Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate nehmen diplomatische
Beziehungen auf. Beide Staaten streben eine „vollständige Normalisierung
ihrer Beziehungen“ an, wie sie in einer [4][gemeinsamen Erklärung] mit der
US-Regierung verkündeten. Trump preschte als Erster vor, [5][sprach auf
Twitter von einem „riesigen Durchbruch“] und „einer historischen
Friedensvereinbarung“.
Im Gegenzug will Israels Regierung Abstand nehmen von ihrem seit Monaten
diskutierten und [6][international kritisierten Plan], bis zu 30 Prozent
des palästinensischen, von Israel seit 1967 besetzten Westjordanlands zu
annektieren – zumindest vorerst: Israel werde die Pläne „aussetzen“ hei�…
es, von einem endgültigen Verzicht ist nicht die Rede. Im Gegenteil: Noch
am Donnerstagabend betonte Netanjahu vor Journalisten in Jerusalem: „Es
gibt keinerlei Änderung meines Plans, die israelische Souveränität
auszuweiten.“ Trump habe jedoch darum gebeten, dass er die Pläne
aufschiebe.
Zunächst wolle sich Israel darauf konzentrieren, die Beziehungen zu anderen
Staaten in der „arabischen und muslimischen Welt“ zu stärken, heißt es in
der Erklärung. In den kommenden Wochen werden sich demnach Delegationen
beider Länder treffen, um bilaterale Abkommen zu erzielen, etwa in den
Bereichen Tourismus, Sicherheit, Technologie, Energie und Gesundheit.
„Dieser historische diplomatische Durchbruch wird den Frieden in der Region
des Nahen Ostens voranbringen“, [7][heißt es in der Erklärung]. Im Weißen
Haus fügte Trump hinzu, das Abkommen solle nach dem im Juden- und
Christentum sowie im Islam anerkannten Propheten Abraham benannt werden,
der für die Verbindung der Weltreligionen stehe.
Eine Absichtserklärung – kein Vertrag
Der am Donnerstag veröffentlichte Text ist kein Vertrag, sondern eine
Absichtserklärung der drei Staaten. Sollte es tatsächlich zu einer
Normalisierung der Beziehungen kommen, wäre dies jedoch historisch. Die
Emirate wären der erste Golfstaat und der dritte beziehungsweise vierte
arabische Staat überhaupt, der volle diplomatische Beziehungen zu Israel
aufnimmt. Mauretanien hatte Israel zwischenzeitlich anerkannt, die
Beziehungen 2009 aber wieder abgebrochen.
Momentan unterhalten allein Ägypten und Jordanien seit ihren
Friedensverträgen 1979 und 1994 diplomatische Beziehungen mit Israel.
Allerdings blieben diese stets angespannt und beschränken sich weitgehend
auf Wirtschafts- und Sicherheitszusammenarbeit. Ein Austausch der
BürgerInnen der jeweiligen Länder untereinander blieb fast vollständig aus.
Erste Reaktionen auf die Erklärung der drei Staaten fielen am Donnerstag
unterschiedlich aus: Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi, der offenbar
eingeweiht war, begrüßte die Ankündigung. Er habe die Mitteilung über den
Stopp der Annexion der palästinensischen Gebiete durch Israel mit „großem
Interesse und Anerkennung“ verfolgt, [8][twitterte] er. Er schätze die
Bemühungen der Beteiligten, die für Frieden sorgen und „Wohlstand und
Stabilität“ in die Region bringen wollten.
Dagegen kritisierte die palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi die
Einigung. Die Emirate hätten ihre bislang geheimen Beziehungen zu Israel
jetzt bloß öffentlich gemacht. „Bitte tut uns keine Gefallen – wir werden
niemandem als Feigenblatt dienen!“ Präsident Mahmud Abbas äußerte sich bis
Donnerstagabend nicht. Die Hamas, die im Gazastreifen regiert, kritisierte
die Einigung. Sie diene nicht den Rechten der Palästinenser und ermutige
die israelische Besatzungsmacht.
## Punktet Trump mit einem Durchbruch?
Für Donald Trump könnte Bewegung in Nahost so kurz vor der US-Wahl
WählerInnenstimmen bringen. Er hatte seinen im Januar vorgestellten
Nahostplan, der eine Annexion von Teilen der besetzten Gebiete vorsieht,
als „Deal des Jahrhunderts“ verkauft. Auch wenn eine Annexion mit den
jüngsten Entwicklungen zunächst in die Ferne rückt, dürfte er
argumentieren, dass es ohne seinen Plan nicht zu der Annäherung zwischen
Israel und den Emiraten gekommen wäre.
Auch Benjamin Netanjahu kann die Annäherung innenpolitisch für sich
verbuchen – auch wenn er damit sein Wahlversprechen der Annexion bricht.
Den Schulterschluss mit den Emiraten wird er als Teil einer Annäherung an
die sunnitischen, dem Iran feindlich gesinnten Golfstaaten verkaufen.
Netanjahu, der innenpolitisch stark unter Druck steht, [9][hatte zuletzt
gezögert, die angekündigte Annexion wirklich einzuleiten,] was ihm
besonders im rechten Lager sowie in der Siedlerbewegung Kritik einbrachte.
13 Aug 2020
## LINKS
[1] https://www.ynetnews.com/article/H1Gu1ceTL
[2] /Trumps-Plan-fuer-den-Nahen-Osten/!5660756
[3] /Friedensprozess-im-Nahen-Osten/!5707269
[4] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1293922803419353088
[5] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1293922936609546240
[6] /Gruenen-Politikerin-ueber-Nahostkonflikt/!5697664
[7] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1293922803419353088
[8] https://twitter.com/AlsisiOfficial/status/1293935489569914882?s=20
[9] /Annexionsplaene-in-Nahost/!5697789
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
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