# taz.de -- Israel und Emirate in Berlin: Symbolik mit der Brechstange | |
> Bin Sajid stellt die Annäherung der Emirate an Israel in den Kontext des | |
> Holocausts. Ein Versuch, die Europäer wieder ins Boot zu holen. | |
Bild: Die drei Außenminister geben nach ihrem Treffen eine Pressekonferenz vor… | |
Alles andere als subtil war die Symbolik, die vom ersten | |
[1][Außenministertreffen Israels und der Emirate] am Dienstag ausging: | |
Nicht nur trafen sich die beiden Chefdiplomaten ausgerechnet in der | |
deutschen Hauptstadt; sie begrüßten sich sogar an den Betonstelen des | |
Holocaust-Mahnmals und posierten zu dritt für die Kameras: der Israeli, der | |
Araber und der Deutsche. Die Ortswahl ist in ihrer Bedeutung kaum zu | |
überschätzen. | |
Denn keinesfalls lag Deutschland für das Treffen der bislang verfeindeten | |
Länder nahe. Im Gegenteil: Für ihre passive, ja kaum existente Rolle in der | |
von der Trump-Administration aggressiv vorangetriebenen [2][Annäherung | |
zwischen Israelis und Arabern] wurde die Bundesregierung – und mit ihr die | |
EU – scharf kritisiert, in Jerusalem, in Washington, aber auch von vielen | |
weltweit, die die israelisch-arabische Normalisierung willkommen hießen. | |
Mit seinem Berlin-Besuch hat der emiratische Außenminister Abdullah bin | |
Sajid die Anerkennung des jüdischen Staats durch seine Regierung nun | |
unmissverständlich in den Kontext des Holocausts gestellt. Was für deutsche | |
Ohren wenig überraschend klingen mag, ist im regionalen Zusammenhang | |
bemerkenswert. Bis heute leugnet Abu Dhabis ärgster Gegner, das iranische | |
Regime, den Massenmord an den Juden. | |
Und auch in den Bevölkerungen arabischer Staaten fehlt nicht selten die | |
Bereitschaft, nicht nur die kolonialen Aspekte der Staatsgründung Israels, | |
sondern den Staat auch als Folge von Antisemitismus und Holocaust | |
wahrzunehmen. Auffällig ist derweil, dass Deutschland in der Frage der | |
israelisch-arabischen Annäherung nur noch aufgrund seiner Nazivergangenheit | |
mitreden kann. | |
Gemeinsam mit ihren europäischen Kolleg*innen waren die deutschen | |
Diplomat*innen in den letzten vier Jahren der Zaungast, der mit entsetzter | |
Verblüffung beobachtete, was Trump in Nahost alles in Bewegung setzte. | |
Selbst die von der Netanjahu-Regierung angekündigte [3][Annexion von Teilen | |
des Westjordanlands] haben am Ende nicht die Europäer verhindert, sondern | |
die Amerikaner beziehungsweise die Emiratis mit ihrer Bereitschaft, Israel | |
anzuerkennen. | |
Bleibt zu hoffen, dass die EU ihre Ohnmacht überwindet. Die Emiratis wollen | |
die Europäer in Sachen Nahost offenbar wieder ins Boot holen, waren doch | |
sie es, die für das Treffen am Dienstag Berlin vorschlugen. Gemeinsam – und | |
bestenfalls in Abstimmung mit einer Biden-Regierung in Washington – gilt es | |
nun den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern | |
wiederzubeleben, um die von Trump und Netanjahu einseitig vorangetriebene | |
Einstaatenlösung zu verhindern. | |
Denn auch wenn die [4][Zweistaatenlösung immer unrealistischer] wird: Eine | |
konsensuale und die Menschenrechte wahrende Einstaatenlösung liegt in noch | |
viel weiterer Ferne. Ziel der Europäer kann nur sein, an einer gerechten | |
und vor allem ausgehandelten Lösung des Nahostkonflikts festzuhalten. | |
7 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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