| # taz.de -- Israel und die Emirate: Visafreiheit und eine neue Pipeline | |
| > Jerusalem und Abu Dhabi treiben ihre Annäherung voran. Neue Deals über | |
| > Checkpoints und Öl verärgern die Palästinenser, aber auch Ägypten. | |
| Bild: Treffen am Flughafen von Tel Aviv mit den USA, Israel und den Vereinigten… | |
| Kairo taz | Die neue Kooperation von Israel und den Vereinigten Arabischen | |
| Emiraten trägt erste Früchte. Beim Besuch einer emiratischen Delegation in | |
| Israel, begleitet von US-Regierungsbeamten, wurden jetzt Schritte | |
| beschlossen, um den [1][Mitte September besiegelten Normalisierungsdeal] zu | |
| konkretisieren. Dabei wurden Abkommen unterzeichnet, unter anderem in den | |
| Bereichen Investitionen, Wissenschaftskooperation und Flugverkehr. | |
| Letzteres bereitet den Weg für direkte Flüge zwischen Israel und den | |
| Emiraten. | |
| Umstritten ist ein weiteres am Dienstag unterzeichnetes Abkommen über | |
| Reisefreiheit und visafreies Reisen. Anders als die Ägypter und Jordanier, | |
| die schon seit Jahrzehnten aufgrund eines Friedensvertrages nach Israel | |
| reisen können, dafür aber ein Visum benötigen, können Emiratis nun frei | |
| nach Israel einreisen. | |
| Die Regelung verärgert vor allem die Palästinenser. Während sich Emiratis | |
| nun ohne Visum frei in Israel bewegen und Jerusalem besuchen können, sind | |
| palästinensische Einwohner des Westjordanlands zu einem oft unüberwindbaren | |
| Genehmigungsprozess gezwungen, um Zugang nach Jerusalem sowie zur | |
| Al-Aksa-Moschee in der Jerusalemer Altstadt zu bekommen. | |
| „Ich brauche eine Genehmigung des israelischen Militärs, um Jerusalem zu | |
| besuchen“, [2][twitterte] etwa Salem Barahmeh vom Palästinensischen | |
| Institut für Öffentliche Diplomatie und fügte lakonisch hinzu: „für die | |
| Stadt, in der ich geboren bin“. | |
| ## „Stempel der Zustimmung“ | |
| Noch kontroverser ist, dass die Emirate nun de facto bei der Modernisierung | |
| der israelischen Besatzung des Westjordanlands helfen sollen. Das soll über | |
| den sogenannten Abraham-Fonds geschehen, einen Investmentfonds, der von den | |
| Emiraten, Israel und der US-Regierung mit 3 Milliarden US-Dollar bestückt | |
| werden soll. | |
| Dabei gehe es um eine „Modernisierung der israelischen Straßensperren“, | |
| [3][erklärte] Adam Boehler, Chef der US-Regierungsagentur International | |
| Development Finance Corporation gegenüber der New York Times. Für Israels | |
| Regierungschef Benjamin Netanjahu sei dies die wichtigste Aufgabe des neuen | |
| Fonds, wie dieser ihm kürzlich erklärt habe. Es gehe darum, die | |
| Straßensperren mit biometrischen Scannern und anderen | |
| Überwachungstechnologien auszurüsten. | |
| Ob die 2,7 Millionen Palästinenser unter israelischer Besatzung im | |
| Westjordanland dies aufgrund schnellerer Abfertigung ebenfalls als | |
| Vereinfachung ihres Lebens ansehen, wie diese Maßnahmen vermarktet werden, | |
| sei dahingestellt. Ahmad Madschdalani, Minister für Soziale Entwicklung der | |
| Palästinensischen Autonomiebehörde, bezeichnete die Zusammenarbeit als | |
| einen „Stempel der Zustimmung für die weitere israelische Besatzung“. | |
| ## Neue Pipeline: Ägypten wäre der Verlierer | |
| Ein weiteres Projekt, das mit dem Abraham-Fonds verwirklicht werden soll, | |
| stößt vor allem den Ägyptern auf. Dabei geht es um die sogenannte | |
| Med-Red-Pipeline, eine alte ungenutzte Ölleitung, die vom israelischen | |
| Eilat am Roten Meer nach Aschkelon ans Mittelmeer führt. Sie soll nun | |
| wiederbelebt und bis in die Emirate fortgesetzt werden. | |
| Ein entsprechendes Abkommen wurde zwischen dem israelischen | |
| Staatsunternehmen Europe Asia Pipeline Co (EAPC) und der emiratischen Firma | |
| Med-Red Land Bridge unterzeichnet. Während die genauen finanziellen | |
| Arrangements nicht veröffentlicht sind, wird davon ausgegangen, dass die | |
| ursprüngliche Pipeline bereits Anfang 2021 funktionsfähig sein könnte. | |
| Die Pipeline soll [4][laut Bloomberg] eine Kapazität von 600.000 Barrel Öl | |
| am Tag haben. Das würde Öltankern die Möglichkeit geben, die Gebühren für | |
| den Suezkanal zu sparen, indem sie ihre Fracht in Eilat löschen, damit sie | |
| dann von einem anderen Tanker in Aschkelon wieder aufgenommen werden kann. | |
| Transportpreise könnten damit verringert und die Transportzeit verkürzt | |
| werden, erklärte Boehler gegenüber der New York Times – ohne zu erwähnen, | |
| dass Ägypten dabei der große Verlierer wäre. | |
| Die Suezkanalgebühren zählen zu den wichtigsten Einnahmequellen für | |
| Ägypten. Fast 66 Prozent des vom Golf in Richtung Westen transportierten | |
| Öls geht bisher durch den Suezkanal oder durch die Sumed-Pipeline, die das | |
| Rote Meer mit dem ägyptischen Mittelmeerhafen Alexandria verbindet. | |
| „Diese neuen regionalen Arrangements würden die nationale Sicherheit | |
| Ägyptens gefährden“, hatte der Chef der ägyptischen Suezkanal-Behörde Osa… | |
| Rabei bereits vor einem Monat gewarnt. Dass das Projekt nun tatsächlich | |
| offen zwischen Israel, den Emiraten und den USA diskutiert wird und bereits | |
| ein erstes Abkommen dafür unterzeichnet wurde, zeugt auch vom schwindenden | |
| Einfluss der Regionalmacht Ägypten. | |
| 22 Oct 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Golfstaaten-und-Israel/!5714540 | |
| [2] https://twitter.com/Barahmeh/status/1318523079669260289?s=20 | |
| [3] https://www.nytimes.com/2020/10/20/world/middleeast/israel-uae-travel-check… | |
| [4] https://www.bloombergquint.com/business/israel-and-uae-open-talks-over-top-… | |
| ## AUTOREN | |
| Karim El-Gawhary | |
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