# taz.de -- Abkommen mit Israel: Keine Hürde für Frieden | |
> Die Emirate und Bahrain wollen eine Botschaft in Tel Aviv eröffnen. Der | |
> Nahe Osten unternimmt damit kleine Schritte in die richtige Richtung. | |
Bild: Ein bisschen Frieden in Nahost? | |
Innerhalb von kaum vier Wochen verdoppelt Israel die Zahl der Staaten, mit | |
denen es ein Friedensabkommen verbindet, von bislang zwei auf vier. Mitte | |
August kam die Nachricht von der Annäherung an die Vereinigten Arabischen | |
Emirate, und wenig später wehten die weißen Fahnen auch über dem Königreich | |
Bahrain. Weitere Abkommen sollen folgen, verspricht US-Präsident Donald | |
Trump, der sich zu Recht als Vermittler inszeniert, seinem Freund Benjamin | |
Netanjahu. Ein schöner Grund, die Gläser klirren zu lassen. | |
In Israel wirft das Spektakel vor dem Weißen Haus jedoch so recht niemanden | |
vom Hocker. Die Stimmung im heimischen Lockdown ist Welten entfernt von der | |
einstigen Euphorie, die herrschte, als der ägyptische Präsident Anwar | |
al-Sadat 1977 nach Jerusalem kam und auch als 20 Jahre später erst der Chef | |
der PLO (Palästinensische Befreiungsbewegung), Jassir Arafat, und | |
schließlich König Hussein von Jordanien dem damaligen israelischen | |
Ministerpräsidenten Itzhak Rabin die Hand reichten. | |
Doch weder mit den Emiraten noch mit Bahrain, die beide rund 2.000 | |
Kilometer von Israel entfernt liegen, gab es je Krieg. Was nützt dem | |
David-Normal-Israeli schon ein Abkommen mit Bahrain, außer vielleicht der | |
günstigeren Flugverbindung auf dem Weg nach Indien? Und Shopping in Dubai | |
wird sich bei der aktuellen Wirtschaftsmisere allenfalls die Hautevolee | |
der IT-Branche leisten können. | |
Die großen Probleme des Judenstaats löst die neue Annäherung schon gar | |
nicht, weder die Besatzung in den Palästinensergebieten, noch die Raketen | |
aus dem Gazastreifen, die Aufrüstung der Hisbollah im Libanon, die | |
iranischen Revolutionsgarden in Syrien und schließlich Iran. Wobei sich der | |
Erzfeind letzthin auch als ganz nützlich erweist. Schließlich wäre es ohne | |
die drohende Atommacht der Ajatollahs wohl kaum zu der wunderbaren | |
Freundschaft zwischen Jerusalem und den zwei kleinen Golfstaaten gekommen. | |
Die Geister scheiden sich darüber, ob die neuen Abkommen die Perspektiven | |
für einen gesamtnahöstlichen Frieden verbessern oder nicht. SkeptikerInnen | |
sagen, dass Netanjahu nun noch weniger zu Kompromissen in der | |
Palästinenserfrage bereit sein werde. [1][SkeptikerInnen sagen auch, dass | |
die Chancen durch den Alleingang Bahrains und der Emirate schwinden], weil | |
eine Normalisierung der Beziehungen zur arabischen Welt der Preis für die | |
Beendigung der Besatzung in den besetzten Palästinensergebieten sein | |
sollte. Die aber dauert bekanntermaßen unverändert an. | |
Entsprechend zornig reagieren die PalästinenserInnen. Man mag es ihnen | |
nicht verübeln. | |
Machtlos müssen sie zusehen, wie sich die, die sie als ihre Verbündeten | |
ansahen, in die Arme der Besatzungsmacht werfen. Die Rechnung von | |
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, die Eigenstaatlichkeit früher oder | |
später per Mobilmachung der internationalen Bühne zu erzwingen, ging | |
definitiv nicht auf. Deshalb ist es ganz richtig, wenn Bettina Marx von der | |
Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah den PalästinenserInnen rät, so langsam | |
Bilanz zu ziehen. | |
Letztendlich geht es bei den beiden Abkommen um bilaterale Beziehungen | |
Israels, und die gehen die PalästinenserInnen genauso wenig an, wie Israel | |
umgekehrt keinen Einfluss haben sollte, wenn Frankreich oder Schweden den | |
Staat Palästina anerkennen. Jassir Arafat machte schon vor 40 Jahren das | |
wütende Rumpelstilzchen, als Anwar al-Sadat als erster Staatschef Frieden | |
mit Israel zustimmte, und der Handschlag des Königs gefiel ihm genauso | |
wenig. | |
Na und? Dass [2][die PalästinenserInnen bis heute keinen Staat haben], | |
liegt weder an Ägypten noch an Jordanien, sondern am Terror, etwa durch die | |
Hamas, und an Israels Siedlungspolitik. | |
Wenn Israel und die PLO an den Verhandlungstisch zurückkehren, werden | |
künftig auch die Emirate und Bahrain ein Wörtchen mitzureden haben. Die | |
neuen Abkommen sind eine gute Nachricht – auch für die PalästinenserInnen. | |
20 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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