| # taz.de -- Verschmutzter Strand: Mysteriöse Ölpest an Israels Küste | |
| > 170 Kilometer Strand sind verseucht, Behörden sprechen von einer der | |
| > schlimmsten Umweltkatastrophen seit Jahrzehnten. Die Ursache ist unklar. | |
| Bild: Aufräumen am Strand in der Nähe von Gaash | |
| Jerusalem taz | „Ich glaube nicht, dass ich im Sommer mit meinen Kindern an | |
| diesen Strand kommen kann.“ Michal Hasson schüttelt den Kopf und hebt einen | |
| kleinen schwarzen Klumpen vom Boden auf. Normalerweise geht sie [1][hier am | |
| Strand von Palmachim, eine halbe Stunde südlich von Tel Aviv, baden]. Doch | |
| heute hockt sie mit einer Mülltüte, einer Maske gegen toxische Gase und | |
| Plastikhandschuhen im Sand und sammelt auf, was in den letzten Tagen aus | |
| dem Meer angespült wurde: Ölreste. | |
| Die ersten Nachrichten über [2][die Verschmutzung an Israels Stränden] | |
| tröpfelten letzte Woche ein. Am vergangenen Donnerstag verendete ein | |
| Finnwal am Strand von Nitzanim. Bei der Autopsie wurde schwarze Flüssigkeit | |
| in dem Tier entdeckt. Kurz darauf spülten die Wellen an zahlreichen Stellen | |
| verklebte Schildkröten an die Strände; Ölreste lagerten sich auf einer | |
| Länge von 170 Kilometern Küstenlinie von Rosh Hanikra an der libanesischen | |
| Grenze bis hinunter zum Gazastreifen an. | |
| Israelische Behörden sprechen von einer der schlimmsten israelischen | |
| Umweltkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte. Die Natur- und Parkbehörde | |
| befürchtet, dass die Reinigung Jahre dauern könnte. Es sei damit zu | |
| rechnen, dass weiterhin Öl und verklebte Tiere angespült werden. | |
| Die Ursache der Verschmutzung ist indes noch nicht geklärt. Laut | |
| Umweltschutzministerium zeigen Satellitenbilder vom 11. Februar einen | |
| verdächtigen schwarzen Fleck auf der Meeresoberfläche etwa 50 Kilometer von | |
| Israels Küste entfernt. Zehn Schiffe seien um diese Zeit in der Gegend | |
| gewesen. Das Ministerium arbeite daran, den Vorgang aufzuklären. Ungeklärt | |
| ist bislang auch, ob die Quelle der Funde Rohöl oder schwerer | |
| Dieselkraftstoff war. | |
| ## Wegen giftiger Dämpfe ins Krankenhaus | |
| Am Wochenende kamen zahlreiche Freiwillige zum Säubern an die Strände. | |
| Einige von ihnen haben dabei wohl giftige Dämpfe eingeatmet und mussten ins | |
| Krankenhaus eingeliefert werden. Die israelische Natur- und Parkbehörde | |
| schloss daraufhin am Sonntag vorerst die Strände und rief die Freiwilligen | |
| dazu auf, nur nach Anweisung vorzugehen. | |
| Zahlreiche Umweltschutzorganisationen kritisierten die Krisenbewältigung | |
| der Regierung. „Allen ist klar, dass eine solche Verschmutzung eine Frage | |
| der Zeit war, dennoch ist die Regierung überrascht“, sagt etwa Leehee | |
| Goldenberg von der Umweltschutzorganisation Mensch, Umwelt, Recht: „Je mehr | |
| Öltanker im Mittelmeer unterwegs sind, desto höher ist das Risiko, dass es | |
| zu solch einer Katastrophe kommt.“ | |
| Goldenberg betont dies vor allem angesichts einer Vereinbarung, die Mitte | |
| Oktober 2020, kurz nach dem Normalisierungsabkommen zwischen Israel und den | |
| Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), getroffen wurde: der sogenannten | |
| Red-Med-Vereinbarung zwischen den Emiraten und der israelischen Eilat | |
| Ashkelon Pipeline Company. Darin geht es darum, Öl vom Golf über Israel | |
| nach Europa zu transportieren. | |
| ## Pannen mit der Pipeline | |
| Öl der Vereinigten Arabischen Emirate soll auf dem Seeweg mit Öltankern vom | |
| Persischen Golf nach Eilat am Roten Meer gebracht werden. | |
| Weitertransportiert werden soll es von dort mit einer Pipeline an das | |
| Mittelmeer, nämlich an den Hafen von Ashkelon. Von dort geht es mit | |
| Öltankern weiter nach Europa. | |
| Die Pipeline dafür existiert bereits, wird derzeit aber nur wenig genutzt. | |
| „Es gibt immer wieder Pannen mit dieser völlig veralteten Pipeline“, sagt | |
| Dov Khenin, ehemaliges Knessetmitglied für die arabisch-jüdische Partei | |
| Chadash und Umweltaktivist. Im Dezember 2014 sorgte beispielsweise ein | |
| Unfall an der Pipeline dafür, dass mehrere Millionen Liter Rohöl ausliefen | |
| und einen großen Teil des Evrona-Naturschutzgebiets verunreinigten. | |
| „Sollte Eilat in einen großen Ölhafen verwandelt werden, wäre die ganze | |
| Gegend bedroht“, so Khenin. Rund um die Hafenstadt Eilat am Roten Meer gibt | |
| es einzigartige Korallenriffe und Naturschutzgebiete unter Wasser, | |
| Ähnliches gilt für das angrenzende Sinai Ägyptens und die jordanische | |
| Küstenregion. | |
| ## Entsalzungsanlage mit Ölhafen? | |
| Dort, wo die Pipeline endet, in der Nähe von Ashkelon am Mittelmeer, liegt | |
| eine große Entsalzungsanlage, die Trinkwasser für Israelis bereitstellt. 75 | |
| Prozent des israelischen Trinkwassers wird aus Entsalzungsanlagen gewonnen. | |
| Im Fall eines Unfalls wären auch diese akut bedroht. | |
| Khenin macht internationale Interessen mit für die Pläne verantwortlich. | |
| Einige Israelis gehen gar davon aus, dass die Möglichkeit, Öl vom Golf über | |
| Israel nach Europa zu bringen, [3][zentraler ökonomischer Beweggrund für | |
| das von den USA vermittelte Normalisierungsabkommen] zwischen Israel und | |
| den Vereinigten Arabischen Emiraten gewesen sei. „Die EU redet viel von | |
| erneuerbarer Energie. Das hier ist der Test“, so Khenin: „Sie sollten | |
| dieses Öl auf keinen Fall kaufen.“ | |
| 22 Feb 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Israelin-ueber-juedisch-orthodoxe-Bademode/!5332739 | |
| [2] /Zweiter-Corona-Lockdown-in-Israel/!5711656 | |
| [3] /Palaestinensische-Autonomiegebiete/!5727268 | |
| ## AUTOREN | |
| Judith Poppe | |
| ## TAGS | |
| Israel | |
| Ölpest | |
| Tel Aviv | |
| Strand | |
| klimataz | |
| Ägypten | |
| Israel | |
| Libanon | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Israel und die Emirate: Visafreiheit und eine neue Pipeline | |
| Jerusalem und Abu Dhabi treiben ihre Annäherung voran. Neue Deals über | |
| Checkpoints und Öl verärgern die Palästinenser, aber auch Ägypten. | |
| Zweiter Corona-Lockdown in Israel: Mikwe ja, Schwimmbad nein | |
| Die Infektionszahlen sind drastisch gestiegen, Israel erlebt einen zweiten | |
| Lockdown – mit Schlupflöchern, vor allem für Ultraorthodoxe. | |
| Exil-Aktivistin über Krise im Libanon: „Das System nie infrage gestellt“ | |
| Obwohl Frankreich streng laizistisch ist, habe Paris das konfessionelle | |
| System im Libanon nie hinterfragt, kritisiert die Exillibanesin Rima | |
| Tarabay. |