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# taz.de -- Historischer Deal für Netanjahu: Kostenloser Friede
> Die Annäherung zwischen Israel und den Emiraten zeigt: Der Frieden kostet
> Jerusalem keine Zugeständnisse.
Bild: Das Rathaus in Tel Aviv leuchtet in den Farben der Vereinten Arabischen E…
[1][Die „vollständige Normalisierung der Beziehungen“] zwischen Israel und
den Vereinigten Arabischen Emiraten, die in einer gemeinsamen
Absichtserklärung mit der US-Regierung am Donnerstag verkündet wurde, ist
eine elegante Win-win-Situation für alle Beteiligten: Der israelische
Regierungschef Netanjahu kann sich innenpolitisch mit einem historischen
Abkommen rühmen, die US-Regierung tritt stolz als Vermittler für Frieden im
Nahen Osten auf, und der Kronprinz von Abu Dhabi, Scheich Mohammed bin
Zayed, erntet Glückwünsche: Er konnte die geplante israelische Annexion von
Teilen der palästinensischen Gebiete stoppen.
Obwohl die Absichtserklärung noch kein Friedensabkommen ist, steht bereits
fest: Netanjahu hat das geschafft, was seine Vorgänger sich erträumt
hatten. Er hat einen Weg zur Normalisierung der Beziehungen mit einem
weiteren Teil der arabischen Welt gefunden, der von Israel keine echten
politischen Zugeständnisse fordert. Die bisherige Prämisse, die
Friedensgespräche mit den Palästinensern als kompromisslose Bedingung für
die Normalisierung zwischen Israel und der arabischen Welt voraussetzte,
gilt somit nicht mehr.
Anders als 1979 beim Abkommen mit Ägypten, als Israel das Territorium der
Sinai-Halbinsel aufgeben musste und im Gegenzug Frieden erhielt, ist die
Logik heute eine andere: Die USA und die Vereinigten Arabischen Emirate
belohnen Israel für das Versprechen, die Annexion aufzuschieben. Der für
Palästinenser*innen unerträgliche Status quo der israelischen
Besatzungspolitik und die Blockade des Gazastreifens werden aber weiterhin
schweigend gebilligt.
Der palästinensischen Führung unter Mahmud Abbas, der die Vereinbarung als
„Verrat an der palästinensischen Sache“ und „Aggression“ seitens der
Vereinigten Arabischen Emirate verurteilte, wird einmal mehr ihre
Machtlosigkeit auf der nahostpolitischen Bühne vorgeführt.
## Formalisierte Neuverpackung
Was international als beispielloser diplomatischer Durchbruch gelobt wird,
gibt sich bei näherer Betrachtung aber eher als formalisierte Neuverpackung
der geopolitischen Realität zu erkennen, die bereits seit Jahren zwischen
Israel und den Golfstaaten besteht. Lange Zeit galten diplomatische
Beziehungen mit Israel als Tabubruch in der arabischen Welt.
Dies hat sich im vergangenen Jahrzehnt schleichend geändert. Mit dem
schiitischen Iran als gemeinsamen Feind im Hintergrund näherten sich Israel
und die Golfstaaten, darunter auch die Vereinigten Arabischen Emirate, in
der wirtschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit immer weiter an –
nur wurden diese Beziehungen bis jetzt als offenes Geheimnis gehandhabt.
Der Wirbel um die umstrittenen Annexionspläne der israelischen Regierung
schuf nun das richtige Momentum für einen kreativen Kompromiss zwischen
Israel, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten: Ein von den USA
manövrierter Deal, bei dem die Normalisierung mit den Vereinigten
Arabischen Emiraten den [2][israelischen Annexionsplänen] vorgezogen wird.
Ob und wie Netanjahu seine schwammig formulierten Annexionspläne
tatsächlich realisiert hätte, ist zweifelhaft.
## Neuverhandlung der traditionellen politischen Kräfte
Die Ironie: Durch ihre Politik der Normalisierung der Beziehungen mit
Netanjahus rechter Regierung haben die Golfstaaten de facto einen
Grundstein für die Annexionspläne der israelischen Regierung gelegt. Man
signalisierte Israel jahrelang, dass tatsächlich alles kompromisslos zu
haben ist: Es kann weiterhin seine Militärherrschaft über die
palästinensischen Gebiete aufrechterhalten, schleichend mehr Land
annektieren und trotzdem Akzeptanz und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit
seinen arabischen Nachbarländern fortführen.
Mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel heimsen die
Vereinigten Arabischen Emirate nun den Ruhm dafür ein, die Annexion
zumindest vorerst vom Tisch geräumt zu haben – dabei sind sie es, die durch
ihre Normalisierungspolitik den Treibstoff für Israels Annexionspläne
lieferten.
Einer echten Lösung des Konflikts ist Israel mit diesem historischen
Abkommen nicht nähergekommen – denn die würde ein Ende der Besatzung
erfordern. Man hat es aber geschafft, die palästinensische Frage aus der
geopolitischen Gleichung herauszunehmen. Für den Nahen Osten könnte dieser
Schritt eine totale Neuverhandlung der traditionellen politischen Kräfte
bedeuten. Wie diese aussehen wird, ist noch unklar. Laut Jared Kushner,
Berater von US-Präsident Trump, sollen sich in den kommenden Tagen aber
weitere arabische Staaten wie Oman und Bahrain den Vereinigten Arabischen
Emiraten anschließen.
14 Aug 2020
## LINKS
[1] /Israel-und-die-Emirate-naehern-sich-an/!5707271
[2] /Zipi-Livni-ueber-Israels-Annexionsplaene/!5695256
## AUTOREN
Marina Klimchuk
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