# taz.de -- Frauenfußballförderung beim DFB: Botschaft der Balkendiagramme | |
> Vor dem Start der Frauenfußball-Bundesliga hebt man beim DFB | |
> Wachstumsraten hervor. Doch zugleich vergrößert sich der Abstand zur | |
> englischen Liga. | |
Bild: Top-Spielerin, nicht top bezahlt: Wolfsburgs Kapitänin Alexandra Popp | |
Die Frauenfußball-Bundesliga ist famos. Sie wächst und wächst. Alljährlich | |
wird dies durch eigene Erhebungen der Liga belegt. Bei der jüngsten | |
Präsentation bezeugten steil anwachsende Balkendiagramme, dass im Vergleich | |
zur Vorsaison pro Spieltag fast dreimal so viele TV-Minuten aus der ersten | |
Bundesliga gesendet wurden. Und im Frühjahr, hob Siegfried Dietrich, | |
Vorsitzender des DFB-Ausschusses Frauen-Bundesligen, auf der | |
Auftaktpessekonferenz zur neuen Saison hervor, habe man trotz Corona als | |
einzige Liga in Europa die Saison zu Ende gespielt. „Die Welt hat auf uns | |
geguckt.“ Glückwünsche überbrachte er bei dieser Gelegenheit auch an den | |
VfL Wolfsburg, der die Liga im Champions-League-Finale so toll vertreten | |
habe. | |
Am Freitag wird die Saison mit der Partie des Meisters VfL Wolfsburg gegen | |
die SGS Essen eröffnet (19.15, Eurosport). Etwa 500 Zuschauer dürfen im | |
Stadion sein. Und es ist vor solchen Ereignissen nicht unüblich, dass die | |
Liga ihre eigene Arbeit auf Hochglanz poliert und präsentiert. | |
Das Timing war nur denkbar ungünstig. Anfang der Woche musste Wolfsburg den | |
Abgang von Stürmerin Pernille Harder nach England bestätigen. Die Schwedin, | |
die zuletzt für den meisten Glanz in der Liga gesorgt hat, wird künftig das | |
Publikum des FC Chelsea verzaubern. Dem Klub war sie die Rekordablösesumme | |
von 350.000 Euro wert. Ralf Kellermann, der sportliche Leiter des VfL, | |
sagte: „Das ist ein weiterer Beleg, wo die Reise hingeht.“ | |
Die deutsche Bundesliga mag wachsen, zugleich wächst aber offenbar auch die | |
Kluft zur englischen Women’s Soccer League, die ebenfalls am Wochenende | |
startet. Kellermann staunte, welche Transfers die vier englischen | |
Spitzenvereine zuletzt realisiert haben. Weil in den USA der Ligabetrieb | |
wegen der Coronapandemie ruht, konnte Manchester City etwa die zwei | |
US-Weltmeisterinnen Rose Lavelle und Sam Mewis verpflichten. Ebenfalls aus | |
dem Weltmeisterteam sollen gerade Tobin Heath und Christen Press mit | |
Manchester United verhandeln. | |
## Gebremstes Tempo | |
Auf die Dynamik in England angesprochen, hebt DFB-Abteilungsleiter Manuel | |
Hartmann eigene Initiativen hervor. Eine hochrangig besetzte | |
Steuerungsgruppe habe man im DFB implementiert, die sich mit weiteren | |
Entwicklungsmöglichkeiten der Liga befasst. Mit strengeren | |
Lizenzierungsvorgaben (hauptamtliche Beschäftigung, Rasenheizung, | |
Flutlicht) wolle man künftig die Professionalisierung vorantreiben. | |
Konzepte, wie man die Attraktivität der Spiele für die Zuschauer vor Ort | |
erhöhen könne, seien „bereits in der Pipeline“ und nur coronabedingt | |
ausgebremst worden. | |
Dass diese Vorhaben schleppender und langwieriger erscheinen, hat mit der | |
Grundsatzentscheidung des DFB zu tun, anders als der englische Verband die | |
Männerprofivereine nicht zum Engagement für den Frauenfußball zu | |
verpflichten und seine heterogenen Strukturen zu bewahren. Das Tempo, das | |
Spitzenklubs wie der VfL Wolfsburg und Bayern München vorlegen, können | |
reine Frauenfußballvereine mit schlechterer Infrastruktur nur bedingt | |
mitgehen. Diese Vereine werden trotz DFB-Hilfen in der Bundesliga immer | |
mehr an den Rand gedrängt. Nur Turbine Potsdam dürfte im Kampf um den | |
künftig zusätzlichen dritten Champions-League-Platz eine Chance haben. | |
Ansonsten rechnen sich die Klubs mit Männerprofiabteilungen wie die TSG | |
Hoffenheim und Eintracht Frankfurt, unter deren Dach der 1. FFC Frankfurt | |
geschlüpft ist, große Chancen auf das internationale Geschäft aus. | |
Wenn die heterogenen Strukturen im deutschen Frauenfußball sowieso am | |
Bröckeln sind, stellt sich natürlich die Frage, ob der DFB nicht einen | |
anderen Kurs einschlagen muss, wenn man den Rückstand zur englischen | |
Women’s Super League verringern will. | |
Doch beim Verband reagiert man auf die Vergleiche mit anderen Ligen | |
stoisch: „Klar ist, dass wir weiterhin überzeugt sind, dass wir eine sehr, | |
sehr starke Liga haben“, verkündete DFB-Funktionär Hartmann. Guten Ideen | |
aus anderen Ligen gegenüber sei man aufgeschlossen, man werde aber auch | |
eigene Konzepte entwickeln, „die auf unsere Situation passen“. | |
Auf anderer Ebene scheint der DFB, der sich lange als Avantgarde im | |
Frauenfußball wähnte, ebenfalls von Entwicklungen überrollt zu werden. Der | |
brasilianische Fußballverband teilte gerade mit, künftig die Fußballerinnen | |
des Nationalteams [1][genauso zu bezahlen] wie die Männer. Nach Australien, | |
Norwegen und Neuseeland ist Brasilien die erste große Fußballnation, die | |
sich zu Equal Pay bekennt. Das dürfte den Druck auf den DFB immens erhöhen, | |
über solch einen Schritt nachzudenken. | |
3 Sep 2020 | |
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[1] https://www.sport1.de/internationaler-fussball/2020/09/brasilien-frauen-um-… | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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