# taz.de -- Trump erwägt Verschiebung der US-Wahl: Spiel mit dem Feuer | |
> Der US-Präsident weiß, dass er die Wahl nicht verschieben kann, und | |
> stiftet Chaos. Viele haben Angst vor einem Bürgerkrieg. | |
Bild: Er hat gemerkt, dass er verlieren könnte | |
Es war zu befürchten. Zum ersten Mal hat US-Präsident Donald Trump am | |
Donnerstag ernsthaft eine [1][Verschiebung der für den 3. November | |
geplanten US-Wahl] ins Gespräch gebracht. Mit demonstrativen drei | |
Fragezeichen zwar, aber doch eindeutig in der Intention. Und die zielt | |
nicht darauf, tatsächlich die Wahl zu verschieben. | |
Trump wird selbst wissen, dass das kaum möglich ist, denn eine Verschiebung | |
müsste vom Kongress beschlossen werden, und das Zeitfenster dafür wäre | |
denkbar knapp, weil sowohl der Ablauf der Legislaturperiode des Kongresses | |
am 3. Januar als auch das Ende der Präsidentschaft am 20. Januar seit 1845 | |
in der Verfassung festgeschrieben sind. Verschieben könnte man also | |
bestenfalls um wenige Wochen, was keines der durch die Coronapandemie | |
bestehenden Probleme lösen würde. | |
Trump will etwas vollkommen anderes: Er hat gemerkt, [2][dass er verlieren | |
könnte]. Und in dem Weltbild, dass er selbst zeichnet, kann das nicht mit | |
rechten Dingen zugehen, sondern muss dunklen Machenschaften geschuldet | |
sein. Selbst 2016, als er die Wahl gewonnen hatte, aber landesweit 3,5 | |
Millionen Stimmen weniger bekommen hatte als Hillary Clinton, sprach er von | |
Wahlbetrug durch „Millionen Illegale“. | |
Jetzt baut er den gleichen Popanz wieder auf. Sollten die Wahlen | |
größtenteils als Briefwahl stattfinden, schreibt er, wären das die | |
„ungenauesten und betrügerischsten“ Wahlen aller Zeiten. Ergo: Wenn ich | |
verliere, dann kann das nur Wahlbetrug sein. Das ist neu: Selbst bei | |
wirklich umstrittenen Wahlen wie im Jahr 2000 erkannte schließlich einer – | |
damals der Demokrat Al Gore – seine Niederlage an und garantierte einen | |
zivilen Übergang. | |
Die Leier, die Trump anschlägt, kennt man aus sehr vielen fragilen | |
Demokratien, vornehmlich, aber nicht nur in Ländern des globalen Südens und | |
von rechten wie linken Despoten. In Westeuropa und den USA wäre so eine | |
Haltung bislang eher ein Fall für den Therapeuten gewesen. | |
Aber dreieinhalb Jahre Trump-Präsidentschaft mit einer ständigen | |
Propagandabeschallung gegen die Opposition im Kongress, die Medien, die | |
Gewaltenteilung und den „Deep State“ haben unter Trump-Anhänger*innen eine | |
zivile Armee bewaffneter Militanter herausgebildet, auf die die jüngsten | |
Tweets des Präsidenten wie ein Ruf zu den Waffen wirken dürfte. Es klingt | |
vollkommen überzogen – aber noch nie seit den 1960er Jahren haben so viele | |
Menschen in den USA Angst vor einem neuen Bürgerkrieg gehabt. | |
Trump spielt mit dem Feuer. Und man sollte nicht glauben, dass er einfach | |
zu dumm ist, das zu begreifen. | |
30 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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