# taz.de -- Trump knebelt United States Postal Service: Der neue Feind des Post… | |
> Das Weiße Haus zimmert schon kräftig am Mythos des Wahlbetrugs im | |
> November. Ein Umbau des Zustellbetriebs soll die Briefwahl erschweren. | |
Bild: Ohne Staatshilfen fehlen die Kapazitäten für ein bundesweites Briefwahl… | |
WASHINGTON taz | US-Präsident [1][Donald Trump] findet scheinbar Gefallen | |
daran, sich ständig neue Feinde zu machen. Insbesondere seit dem Ausbruch | |
der [2][Corona-Pandemie] hat die ohnehin schon lange Liste von | |
Trump-Gegnern weiteren Zuwachs erhalten. Und nun hat es der Präsident | |
geschafft, gleich einen Großteil der mehr als 600.000 Angestellten des | |
staatlichen Postunternehmens (United States Postal Service, USPS) gegen | |
sich aufzubringen. | |
Von der Regierung beschlossene Regelungen, um effizienter zu arbeiten und | |
Kosten zu reduzieren, haben in den vergangenen Wochen für einen Aufschrei | |
innerhalb der Belegschaft gesorgt. Laut US-Medienberichten sind seit deren | |
Einführung Zustellungsverzögerungen von einigen Tagen bis hin zu Wochen | |
keine Seltenheit mehr. Lori Cash, die seit 22 Jahren für USPS tätig ist, | |
bezeichnet die aktuelle Stimmung innerhalb der Belegschaft als | |
„entmutigend“. | |
„Es ist die mit Abstand schlechteste Zeit, solche drastischen Veränderungen | |
vorzunehmen“, sagt Cash im Gespräch mit der taz. „Das Paket- und | |
Postvolumen ist aufgrund der Corona-Situation noch immer sehr hoch. Und in | |
weniger als drei Monaten steht uns auch noch [3][eine Präsidentschaftswahl | |
bevor]“. | |
Doch es sind nicht nur die neuen Regelungen, weshalb sich der staatliche | |
Betrieb von der Regierung im Stich gelassen fühlt. Wegen der anhaltenden | |
Corona-Pandemie wird mit einem massiven Anstieg an Briefwählern gerechnet. | |
Trump traut es dem Staatsunternehmen schlicht nicht zu, die Unterlagen zur | |
Briefwahl pannenfrei zu verteilen. Er befürchtet, dass es bei der | |
bevorstehenden Präsidentschaftswahl im November zu einem großangelegten | |
Wahlbetrug kommen könnte. | |
## Betrugsfälle durch Briefwahl sind lächerlich gering | |
Einen Beweis für diese These blieb der Präsident allerdings schuldig. | |
Studien besagen, dass zwischen Briefwahl und Wahlbetrug kein signifikanter | |
Zusammenhang bestünde. [4][Wie die New York Times berichtete], kam es in | |
US-Bundesstaaten, die im großen Stil auf Briefwahl setzen, zu nahezu keinen | |
Betrugsfällen. Oregon hat in den letzten 20 Jahren mehr als 100 Millionen | |
Stimmzettel versendet. Die Zahl der Fälle über diesen Zeitraum beträgt | |
knapp ein Dutzend, ist also vernachlässigbar gering. | |
Doch anstatt das staatliche Postunternehmen mit zusätzlichen Mitteln zu | |
unterstützen, um eine reibungslose Briefwahl zu gewährleisten, bezeichnet | |
der Präsident das Verfahren als unbrauchbar und demokratiegefährdend. | |
Anfang August unterstellte der Präsident den Demokraten, dass sie mithilfe | |
des Briefwahlverfahrens versuchen würden, den bevorstehenden Urnengang zu | |
gewinnen. Wie so oft bei Trumps Aussagen gibt es auch für diese | |
Unterstellung keine stichhaltigen Beweise. Experten zufolge geht es Trump | |
in seiner Kritik weniger um das Briefwahlverfahren selbst. Vielmehr will er | |
Zweifel schüren, die ihm letztlich die Gründe liefern, eine eventuelle | |
Wahlniederlage nicht zu akzeptieren. | |
## Grundstein, um das Wahlergebnis anzufechten | |
„Er legt damit den potenziellen Grundstein, dass Wahlergebnis anzufechten“, | |
erklärte Wahlrechtsexperte Richard Hasen in einem Interview mit der | |
Associated Press. Die Demokraten verteidigen ihre Forderung nach einer | |
Ausweitung des Briefwahlverfahrens damit, dass es dem Schutz der | |
Bevölkerung diene. „Die Menschen sollten nicht dazu gezwungen werden, | |
zwischen dem Wählen und der eigenen Gesundheit oder der ihrer Familie | |
entscheiden zu müssen“, sagte die Sprecherin des US-amerikanischen | |
Abgeordnetenhauses Nancy Pelosi. | |
Um sicherzustellen, dass es in diesem Jahr trotz der erschwerten | |
Bedingungen in der Wahlnacht zu keinen Verzögerungen kommt, fordern die | |
Demokraten mehr als 28 Milliarden US-Dollar an zusätzlichen staatlichen | |
Mitteln. Etwa 25 Milliarden US-Dollar sollen davon an die Post gehen. | |
Diese zusätzlichen Finanzmittel wollen die Demokraten als Teil eines neuen | |
Corona-Hilfspakets durch den US-Kongress bringen. Die Verhandlungen | |
zwischen Demokraten und Republikanern erweisen sich zuletzt als zäh. | |
Einigen Abgeordneten zufolge liegen die beiden Parteien in ihren | |
Vorstellungen zur Höhe des nächsten Hilfspakets noch immer rund eine | |
Billion US-Dollar auseinander. | |
Ohne eine zusätzliche Finanzspritze könnte es bei der Bearbeitung und | |
Zustellungen von Stimmzetteln zu Problemen kommen, sagt Cash vom | |
staatlichen Postunternehmen, die selbst seit Jahren das Briefwahlverfahren | |
nutzt. „Wir müssen die Stimmzettel frühzeitig versenden und die Leute | |
müssen alles rasch zurückschicken, damit es zu keinen Verzögerungen kommt | |
und wir sicherstellen können, dass jede Stimme gezählt wird.“ | |
Trump bestätigte am Donnerstag, dass er nicht beabsichtige, zusätzliche | |
Staatsmittel für die Ausweitung des Briefwahlverfahrens zur Verfügung zu | |
stellen. „Wenn wir ihnen (den Demokraten, Anm. d. Red.) die zusätzlichen | |
Gelder nicht genehmigen, dann gibt es kein Briefwahlverfahren für | |
jedermann“, so Trump. Seine Strategie ist offensichtlich: Ohne Staatshilfen | |
haben weder die Post noch die einzelnen Bundesstaaten die Kapazität für ein | |
universales Briefwahlverfahren. | |
Nur einen Tag später erklärte er jedoch, dass er mit sich verhandeln ließe, | |
solange die Demokraten seinen Soforthilfen grünes Licht erteilen würden. | |
Diese Kehrtwende zeigt, dass der Vorwand des Wahlbetrugs auch nur genau das | |
ist: ein Vorwand. | |
15 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Hansjürgen Mai | |
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