| # taz.de -- Streit um Erbe der Hohenzollern: Leistung, Hoheit | |
| > Brandenburg geht auf die Hohenzollern zu. Wenn sich jene im Gegenzug auf | |
| > die Regeln des bürgerlichen Anstands besännen – wäre das nicht nobel? | |
| Bild: Georg Friedrich Prinz von Preußen auf irgendeiner königlichen Hochzeit … | |
| Dass die Hohenzollern immer gute Geschäftemacher gewesen seien, stellte | |
| Kurt Tucholsky 1921 fest. Da ging es um einen Prozess gegen Prinz | |
| Eitel-Friedrich von Hohenzollern, den zweiten Sohn des deutschen Kaisers | |
| Wilhelm II., wegen Geldverschiebereien. Der journalistische Beobachter war | |
| mit dem Prinzen ungnädig, wie überhaupt mit dessen Familie. | |
| Das mag mit dem drei Jahre vorher beendeten, von den Hohenzollern | |
| wesentlich betriebenen Blutbad des Weltkrieges zusammengehangen haben. Dass | |
| Eitel Fritz, wie der Adelsspross gemeinhin genannt wurde, die Verbringung | |
| von 300.000 Reichsmark ins Ausland 5.000 Mark Strafe kostete, mochte man | |
| damals als billige Angelegenheit gesehen haben, aber da war der sehr viel | |
| teurere Enteignungskonflikt auch noch nicht ausgefochten. | |
| Denn fünf Jahre später sorgten Reichspräsident Hindenburg, vormals | |
| Generalfeldmarschall von Wilhelms Gnaden, und das Land Preußen trickreich | |
| für eine Entschädigungsregelung, die den Hohenzollern bis heute als | |
| Grundlage für Forderungen gegen den deutschen Staat dient. | |
| ## Gerichtliche Klärung | |
| In dieser Woche nun sickerte durch, dass in dem schier endlos währenden | |
| Streit das Land Brandenburg sich gerne mit Georg Friedrich Prinz von | |
| Preußen, dem derzeitigen Familienoberhaupt der Hohenzollern, vergleichen | |
| möchte. Die gerichtliche Klärung der Ansprüche wird zunächst ausgesetzt, | |
| nicht zum ersten Male, um auch der Familie Zeit zu geben, mit dem Land zu | |
| einer außergerichtlichen Einigung zu kommen. Dort begrüßte man den | |
| Einigungswillen der brandenburgischen Landesregierung denn auch huldvoll. | |
| Die Ansprüche der Hohenzollern sind, dank Hindenburg, zunächst unstrittig. | |
| Zur Debatte steht weiterhin die Frage, ob das Entschädigungsbegehr trotzdem | |
| abzuweisen sei, [1][weil die Hohenzollern dem Nationalsozialismus „in | |
| erheblichen Maße Vorschub geleistet“ hätten]. Ob nun dies, oder ob sich die | |
| Vertreter der Familie lediglich gewöhnliches Mitläufertum vorzuwerfen hat, | |
| kann an andere Stelle geklärt werden, hier deshalb nur so viel: Die | |
| Meinungen zum Sachverhalt sind durchaus divers. | |
| Und dass diese Meinungen auf die öffentliche Debatte nicht verzerrend und | |
| unzulässig schmähend einwirken, [2][darauf achtet man von Seiten der | |
| Familie sehr genau,] inklusive kundiger anwaltlicher Unterstützung. Dass | |
| man sich nun mit niederen Subjekten zu vergleichen bereit ist, hätte | |
| Tucholsky vielleicht mit der Frage kommentiert: „Wo ist das vielberufene | |
| Ehrgefühl der kaiserlichen Familie?“ Nur, wer einen Entschädigungstitel | |
| bürgerlichen Rechts zu vollstrecken sucht, ist ohnehin schon ganz unten | |
| angekommen und in der Not sind dem Reichsadler eben auch Fliegen eine | |
| willkommene Mahlzeit. | |
| ## Rein bolschewistische Propaganda | |
| Nehmen wir also an, dass der damals den faschistischen Aufsteigern | |
| geleistete Vorschub unerheblichen Maßes gewesen ist. Nehmen wir außerdem | |
| an, dass der Vorwurf brutaler, gnadenloser und über Jahrhunderte dauernder | |
| Auspressung des beherrschten Landes und der darauf lebenden Menschen rein | |
| bolschewistische Propaganda war, die revolutionäre Enteignung also ohnehin | |
| jeder moralischen Rechtfertigung entbehrte. | |
| Setzen wir stattdessen voraus, dass die Titel und Schlösser, das Mobiliar, | |
| der Schmuck, das Personal, die Güter und Ländereien nur die gerechte | |
| Entlohnung für das schwere Los waren, ein Reich qua Person | |
| zusammenzuhalten, Preußen und später ganz Deutschland zu führen und zu | |
| repräsentieren. Wenn all das stimmt, sei doch ein ganz bürgerlicher Hinweis | |
| gestattet. Im Arbeitsrecht kann der Arbeitnehmer bestimmte Ansprüche nur | |
| dann geltend machen, wenn er ein zusammenhängendes, also ununterbrochenes | |
| Beschäftigungsverhältnis nachzuweisen in der Lage ist. Unterbrechung von | |
| wenigen Tagen sind okay, werden daraus Wochen, ist die Lage schon | |
| schwieriger, Nachforderungen von Erben dritten oder vierten Ranges können | |
| getrost vergessen werden. Nun ist nach allen öffentlich verfügbaren | |
| Informationen zuletzt ein Hohenzollern an seinem Arbeitsplatz als König von | |
| Preußen und deutscher Kaiser im November 1918 erschienen. | |
| Wenn sein Ururenkel nun unbedingt wieder den Cecilienhof in Potsdam | |
| bewohnen möchte, kann er doch die Wiedereinsetzung der Monarchie zur | |
| Diskussion stellen. Lohnen soll sich schließlich die eigene Leistung, nicht | |
| die der Vorfahren. Wer nicht einmal bereit ist, wenn schon keinen | |
| Weltkrieg, dann doch wenigstens einen mittleren Regionalkonflikt vom Zaune | |
| zu brechen, sollte von der brandenburgischen Landesregierung auch kein | |
| Schloss bekommen. Die leistet sonst einer prinzipienlosen Geschäftemacherei | |
| Vorschub, und zwar in erheblichem Maße. Und so was fällt einem ja | |
| bekanntermaßen irgendwann einmal mächtig auf die Füße. | |
| 26 Aug 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Daniél Kretschmar | |
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