# taz.de -- Streit um Besitztümer der Hohenzollern: Adel versus Wissenschaft | |
> Die Adelsfamilie Hohenzollern fordert Besitztümer aus dem Zweiten | |
> Weltkrieg zurück. Wegen ihrer Nähe zu den Nazis sind die Ansprüche | |
> umstritten. | |
Bild: Aus dem Hause Hohenzollern: Kaiser Wilhelm II., Aufnahme von 1911 | |
Der Adel ist in Deutschland bekanntlich abgeschafft. Zumindest, was seine | |
Privilegien und eingebaute Vorfahrt betrifft. Für Medien dagegen ist der | |
Adel unverzichtbar. Was täten Gala, Bunte und die anderen Goldenen | |
Blättchen mit Herz ohne den deutschen Restadel? | |
Vor allem wenn der noch amtierende europäische Hochadel im Urlaub ist, | |
müssen auch wieder die von Hohenlebsens oder die von Droste-Schattenburgs | |
ran. Und natürlich knatscht es dann hin und wieder im Gebälk zwischen den | |
Nachfahren von Edward dem Bluter und der bürgerlichen deutschen Presse. Man | |
sieht sich vor Gericht. Das gehört zum Spiel und hält einen Haufen | |
Promi-Anwält*innen bei Laune, Lohn und Brot. | |
Anders verhält es sich mit den Verfahren, mit denen die Nachfahren der | |
letzten deutschen Kaiserfamilie Wissenschaftler*innen und | |
Journalist*innen überziehen. Die [1][Hohenzollern pochen aus ihrer] Sicht | |
auf ihr gutes Recht. Sie wollen bestimmte Besitztümer zurück, die nach Ende | |
des Zweiten Weltkriegs in der sowjetisch besetzten Zone, der späteren DDR, | |
enteignet wurden. | |
Deshalb laufen seit Jahren Verhandlungen mit der Bundesregierung. „Das Haus | |
Hohenzollern hat nach der deutschen Wiedervereinigung Ansprüche nach dem | |
sog. Ausgleichsleistungsgesetz geltend gemacht“. Dieses sehe „staatliche | |
Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher Grundlage | |
vor“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine | |
parlamentarische Anfrage zum Thema. | |
## Fragwürdiger Beitrag für die Öffentlichkeit | |
Nun hatte der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. sein ganz eigenes | |
Verhältnis zum Parlamentarismus. Interessanter ist in der aktuellen | |
Auseinandersetzung aber sein Verhältnis und vor allem das seiner Nachkommen | |
[2][zum Nationalsozialismus.] Laut Ausgleichs-Gesetz kriegen Enteignete, | |
die der Herrschaft der Nationalsozialisten „erheblichen Vorschub“ geleistet | |
haben, nix zurück. Genau um die Frage, was „erheblich“ ist, dreht sich | |
alles beim aktuellen Zwist und in der Berichterstattung. | |
Und die Hohenzollern? Wollen natürlich keinesfalls die Debatte abwürgen, | |
sondern gehen „ausschließlich gegen Falschmeldungen“ vor. Damit leiste man | |
„einen Beitrag für die Öffentlichkeit“, heißt es allen Ernstes auf | |
allerhöchstderselben [3][Familienwebsite preussen.de]. | |
Das Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam sieht das anders: | |
Das „Vorgehen des Hauses Hohenzollern (…) greift die [4][Freiheit der | |
Wissenschaft] an, und es ist geeignet, das Fach Zeitgeschichte einer | |
Unkultur der Einschüchterung auszusetzen.“ | |
Es drohe, „Kolleginnen und Kollegen meines Faches mundtot zu machen“, | |
schrieb klipp und klar Martin Sabrow, Direktor des Leibniz-Zentrums, schon | |
im Dezember 2019 in einem offenen Brief. Für die Berichterstattung darüber | |
gilt das ganz genauso. Der Universalgelehrte Leibniz wurde übrigens nie in | |
den Adelsstand erhoben. | |
15 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Rechtsstreit-um-Burg-Rheinfels/!5678891 | |
[2] /Forscherin-ueber-NS-Polizeirecht/!5697663 | |
[3] http://www.preussen.de | |
[4] /Milliarden-fuer-die-Wissenschaft/!5592371 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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