# taz.de -- Berlin verbietet Verschwörer-Demo: Kein „Fest der Freiheit“ | |
> Die Berliner Polizei untersagt eine Kundgebung von | |
> Verschwörungsideologen. Der Gesundheitsschutz gehe vor, argumentieren die | |
> Behörden. | |
Bild: Circa 250 Reichsbürger halten am 15.8. eine Kundgebung unter dem Motto �… | |
Die Berliner Polizei hat die für Samstag geplante große [1][Versammlung von | |
Corona-Skeptikern verboten]. Die Veranstaltung gefährde die Gesundheit der | |
Bevölkerung, hieß es in einer Erklärung. Berlins Innensenator Andreas | |
Geisel (SPD) sagte zudem, Berlin dürfe nicht „als Bühne für Corona-Leugner, | |
Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht“ werden. | |
Bereits am 1. August waren 30.000 Corona-Skeptiker zu einer Demonstration | |
unter dem Motto „Tag der Freiheit“ nach Berlin angereist, 17.000 davon | |
nahmen an einer Demonstration teil. Die Veranstalter um den Stuttgarter | |
Unternehmer Michael Ballweg und auch rechte Medien sprachen großspurig | |
sogar von über einer Million Teilnehmern. | |
Nachdem an jenem 1. August stundenlang die Abstandsregeln und die Auflage | |
zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung missachtet wurden, löste die Polizei | |
schließlich die Abschluss-Kundgebung auf. An der Versammlung nahm ein | |
buntes Spektrum von Verschwörungstheoretikern, Reichsbürgern, Hippies und | |
Rechtsextremen teil. | |
Für den 29. August, also den kommenden Samstag, hat Michael Ballweg mit | |
seiner Initiative Querdenken-711 erneut nach Berlin mobilisiert. Das Motto | |
lautete dieses Mal: „Berlin invites Europe – Fest für Freiheit und | |
Frieden.“ | |
## Mobilisierung von ganz rechts | |
Ab 15.30 Uhr sollten am Großen Stern, ein zentraler Platz im | |
Tiergarten-Park, drei Stunden lang Reden gehalten werden. Ballweg hatte | |
22.500 Teilnehmer angemeldet. Anschließend sollte zwei Wochen lang auf der | |
Straße des 17. Juni, die zum Großen Stern führt, eine Dauermahnwache mit | |
ebenfalls 22.500 (wechselnden) Teilnehmern stattfinden. Auch dieses Camp | |
hatte Ballweg bei den Berliner Behörden angemeldet. Zu einer Kundgebung und | |
einer Mahnwache hatten dieses Mal verstärkt [2][auch Rechtsextreme | |
mobilisiert, unter anderem der Thüringer AfD-Landesvorsitzende Björn | |
Höcke]. | |
Ballweg hatte den Behörden ein „Hygienekonzept“ vorgelegt, das vor allem | |
auf die Einhaltung von 1,5 Metern Mindestabstand abzielte. Diesen Abstand | |
wollte er durch eine ausreichend große Versammlungsfläche gewährleisten. | |
Ausdrücklich heißt es in Ballwegs Hygienekonzept: „Wir empfehlen den | |
Verzicht auf Mund-Nase-Bedeckungen“. Ballweg bezog sich dabei auf den | |
Kauferinger Apotheker Markus Veit, der vor allem selbstgenähte und | |
ungewaschene Gesichtsmasken für kontraproduktiv hält. | |
Die Berliner Polizei hat an diesem Mittwoch nun sowohl die Kundgebung am | |
Samstag als auch die anschließende 14-tägige Mahnwache sowie alle | |
„themengleichen Veranstaltungen“ verboten. | |
Die Verbotsverfügung liegt der taz vor. Die Versammlungen würden zu einer | |
„erheblichen Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung und damit für Leib | |
und Leben jedes Einzelnen“ führen. Angesichts der Mobilisierung sei mit | |
deutlich mehr Menschen als beim letzten Mal zu rechnen. Die Mindestabstände | |
vor allem in Bühnennähe würden vermutlich wieder nicht eingehalten. Da sich | |
vor allem Menschen versammeln wollen, die Corona-Einschränkungen ablehnen, | |
sei bei Ihnen auch mit erhöhtem Infektionsrisiko zu rechnen. Außerdem | |
werden Teilnehmer aus Ländern wie Spanien, Frankreich und Kroatien | |
erwartet, wo sich die Pandemielage wieder zugespitzt habe. | |
## Eilantrag an das Verwaltungsgericht | |
Ein Verbot der Veranstaltungen sei „alternativlos“, so die Polizei. | |
Auflagen – etwa eine Maskenpflicht – wären als milderes Mittel eher | |
ungeeignet. Wie sich schon am 1. August gezeigt habe, sei Michael Ballweg | |
als Veranstalter nicht in der Lage gewesen, ausreichend auf die Teilnehmer | |
einzuwirken. | |
Der politisch für die Entscheidung verantwortliche Innensenator Andreas | |
Geisel (SPD) verteidigte das Verbot in einer Presseerklärung: „Wir mussten | |
zwischen dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit und dem der Unversehrtheit | |
des Lebens abwägen. Wir haben uns für das Leben entschieden.“ Am 1. August | |
hätten die Veranstalter bewusst die mit der Polizei vereinbarten Regeln | |
gebrochen. Der Staat dürfe sich nicht, so Geisel, „an der Nase herumführen�… | |
lassen. | |
Sollten sich dennoch Corona-Gegner in Berlin versammeln, will der | |
SPD-Innensenator die Polizei einsetzen. „Ich bin nicht bereit, ein zweites | |
Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und | |
Rechtsextremisten missbraucht wird.“ Auch das Verbot des Camps begründete | |
Geisel inhaltlich: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Berlin zu einem großen | |
Campingplatz für vermeintliche Querdenker und Verschwörungsideologen | |
gemacht wird.“ Entsprechende Formulierungen fehlen im polizeilichen | |
Verbotsbescheid. | |
Der Veranstalter Michael Ballweg hat inzwischen einen Eilantrag an das | |
Verwaltungsgericht Berlin angekündigt. Beide Seiten wollen im Fall einer | |
Niederlage noch vor Samstag das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg | |
anrufen. Ballweg könnte gegen ein Verbot oder gegen Auflagen zudem noch das | |
Bundesverfassungsgericht einschalten. | |
26 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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