# taz.de -- Die Wahrheit: Zwischen gebrochenen Herzen | |
> Die merkwürdigsten Museen der Welt (6). Heute: Das der vergangenen Liebe | |
> gewidmete Museum der zerbrochenen Beziehungen in Zagreb, Kroatien. | |
Bild: Klare Aus- und Ansage dieses Exponats im Zagreber Museum | |
Das Museum of Broken Relationships hat sich selbst den zärtlichen Kosenamen | |
„Brokenships“ verpasst, vermutlich weil das Museum der zerbrochenen | |
Beziehungen bei der letzten Trennung gelernt hat, dass wahre Liebe aus ihm | |
selbst kommen muss. Laut Eigenwerbung erlebt man beim Besuch eine „unique | |
emotional journey around the world through hundreds of break-ups“. Und wer | |
möchte seinen Urlaubstag denn nicht mit „Hunderten von Trennungen“ | |
bereichern? So wird eine Reise doch erst emotional! Von der in diesem | |
Urlaub herrschenden Harmonie gelangweilt, betrete ich neugierig das | |
Gebäude. | |
In dem Museum, das in Kroatiens Hauptstadt Zagreb liegt – es gibt | |
allerdings auch eine Filiale in Los Angeles – werden Exponate ausgestellt, | |
die die Einsender an ihre verflossenen Beziehungen erinnern. Das Museum | |
besteht aus mehreren Räumen voller alter und emotional aufgeladener | |
Kleidungsstücke, Dekogegenstände und Sexspielzeuge aus aller Welt. Dazu | |
werden kurze, häufig arg kryptische Texte über die jeweilige Partnerschaft | |
und Trennung präsentiert, Seitenhiebe gegen den oder die Ex sind da | |
natürlich inklusive. Vermerkt wird gern auch die Länge der Beziehung, | |
leider aber weniger zu der meiner Meinung nach sehr viel relevanteren | |
Information, ob die Beteiligten mittlerweile ihr Glück gefunden haben, in | |
einer neuen Beziehung oder für sich. | |
Die Hälfte aller Männer gesteht in diesen Beschreibungen ein: „Sie ist | |
gegangen, weil ich ein Idiot war“ oder in leicht abgeschwächter Form „Ich | |
hab sie verloren, weil ich mich wie ein Idiot verhalten habe“. Welcher Code | |
ist das denn nun, fragt sich da die aufmerksame Besucherin, wofür steht | |
„Idiot“? Die Partnerin mit der besten Freundin betrogen? Zu selten im | |
eigenen Haushalt „geholfen“? Den gemeinsamen Goldhamster nicht gefüttert? | |
Das Museum wirft hier mehr Fragen auf, als es sie beantwortet. Leider sind | |
auch die Einsender der Exponate natürlich nicht anwesend, damit ich bei | |
ihnen unauffällig nachhaken kann („Entschuldigen Sie bitte, warum sind Sie | |
denn so ein Idiot?“). | |
## Ekelexponate unglücklich Verliebter | |
Das eigentliche (gebrochene) Herzstück sind jedoch selbstverständlich die | |
Exponate. Hier gibt es alles, was die unglücklich Verliebten und später | |
auch die Besucher versuchen zu verdrängen: Ekelexponate wie getrocknete | |
Olivenkerne, vom Angebeteten einst abgelutscht, von der unglücklich | |
Verliebten aufbewahrt. Woran sollten die bloß noch mal erinnern? An den | |
Urlaub am Mittelmeer? Das Gebot, den Teller bloß leer zu essen? Oder an den | |
Dreck, den der andere immer und immer wieder produzierte? | |
Neben Speiseresten finden sich auch zwei Fälle von alten, abgeschnittenen | |
Dreadlocks im Museum. Auch ihre Geschichte würde mich interessieren: Gab es | |
eine obligatorische Typveränderung nach der Trennung? Oder eine Wutattacke | |
gegen den schlafenden Partner? | |
Generell wundere ich mich über die vielen Exponate aus alten Haut- und | |
Hornschuppen. Neben Haaren wurden dem Museum zum Beispiel auch | |
Bauchnabelfussel und alter Wundschorf gestiftet. | |
Nach einiger Zeit in der Ausstellung glaube ich zu verstehen, woran die | |
Beziehungen gescheitert sind und warum die beteiligten Personen diesen | |
Krimskrams nicht mehr haben wollten. Vielleicht entstand das Museum nur, | |
weil die Menschen sich nicht trauen, ihre schrägen Erinnerungsstücke | |
wegzuwerfen, aus Angst, vom Müllmann in Zukunft misstrauisch beäugt zu | |
werden. Deshalb freuen sie sich über die Möglichkeit, ihre menschlichen | |
Überreste diskret zu entsorgen in dieser kunstreichen Sonderlagerstätte für | |
Sammlerobjekte. | |
## Trennungen nach blinder Liebe | |
Die viel interessantere Frage ist aber häufig, warum bestimmte Gegenstände | |
überhaupt aufgehoben wurden. Macht Liebe so blind, dass man über Jahre ein | |
Stück Wundschorf behält? Wie ist die Person an den Wundschorf eines anderen | |
Menschen gekommen? War es ein Geschenk? Oder wurde er heimtückisch | |
abgezogen? Fragen, die ich nicht beantwortet haben möchte, aber stellen | |
will ich sie schon, um dann mit ihnen abschließen zu können. Wie es sich | |
für eine gute Trennung gehört. | |
Die gruseligsten Ausstellungsstücke in diesem Museum sind aber nicht | |
aufgehobene Hautfetzen, sondern Puppen. Viele Puppen starren mich von ihren | |
Sockeln aus an und bereiten sich darauf vor, mich nachts zu ermorden. | |
Vermutlich sind auch so einige Beziehungen auseinandergegangen. | |
Wirklich verstörend sind allerdings nicht die gruseligen, sondern die | |
richtig langweiligen Exponate: abgelegte Ringe zum Beispiel. O, ein Ring, | |
sehr originell. Damit habe ich nicht gerechnet, was dahinter wohl die | |
Geschichte ist? Eine Hochzeit, sag bloß? Und dann Scheidung? | |
Im Museum und auf der Webseite wird betont, dass man Exponate einschicken | |
könne, um Verletzungen und negative Erinnerungen loszulassen oder zumindest | |
zu vergessen. Deshalb gibt es hier nicht nur Erinnerungsstücke an | |
romantische Beziehungen, sondern auch an gescheiterte Freundschaften und | |
familiäre Bindungen. Das Museum of Broken Relationships erinnert also alle | |
Besucher daran, dass jede Beziehung zerbrechen kann und nichts von Dauer | |
sein muss. Und wer möchte sich diese Erkenntnis im Urlaub mit den Lieben | |
nicht manchmal vor Augen führen? | |
26 Aug 2020 | |
## AUTOREN | |
Laura Brinkmann | |
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